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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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den­ken­de Mann, je­de den­ken­de Frau weiß das. So­gar die Blö­den und Hirn­ver­brann­ten er­ken­nen es un­ter­be­wußt. Doch ein Ba­by, so ein herr­li­ches We­sen, ein un­be­su­del­tes, sau­be­res Ta­blett, ein un­ge­form­ter En­gel, re­prä­sen­tiert ein Stück neue Hoff­nung. Viel­leicht wird es ja nicht ver­saut. Viel­leicht wächst es zu ei­nem ge­sun­den, selbst­be­wuß­ten, ver­stän­di­gen, hu­mor­vol­len Mann oder zu ei­ner eben­sol­chen Frau her­an. ‚Es wird je­den­falls nicht wie wir oder un­se­re Nach­barn wer­den’, schwö­ren sich die stol­zen, aber vor­ein­ge­nom­me­nen El­tern.
    Chib denkt das auch und schwört, daß sein Ba­by an­ders sein wird. Aber er hält sich selbst zum Nar­ren, wie al­le an­de­ren auch. Ein Kind hat einen Va­ter und ei­ne Mut­ter, aber es hat Tril­lio­nen Tan­ten und On­kel. Nicht nur un­ter den Le­ben­den, auch un­ter den To­ten. Selbst wenn Chib in die Wild­nis flie­hen und das Kind selbst auf­zie­hen wür­de, wür­de er ihm sei­ne ei­ge­nen un­ter­be­wuß­ten An­nah­men ge­ben. Das Kind wür­de mit Ver­hal­tens­nor­men und Glau­ben auf­wach­sen, von de­nen sein Va­ter nicht das ge­rings­te wis­sen wür­de. Mehr noch, als in der Ein­sam­keit er­zo­ge­nes We­sen wür­de das Kind wirk­lich ein merk­wür­di­ger Pa­tron wer­den.
    Und wenn Chib das Kind in die­ser Ge­sell­schaft er­zieht, so wird es we­nigs­tens teil­wei­se die Ver­hal­tens­mus­ter sei­ner Spiel­ka­me­ra­den, Leh­rer und so wei­ter an­neh­men, ad nau­se­am.
    Ver­giß al­so, aus dei­nem wun­der­ba­ren un­ge­bo­re­nen Kind einen neu­en Adam ma­chen zu wol­len, Chib. Wenn es auf­wächst und nur ein biß­chen geis­tig ge­sund wird, dann liegt das dar­an, daß du ihm Lie­be und Dis­zi­plin gibst, daß es mit sei­nen ge­sell­schaft­li­chen Kon­tak­ten Glück hat und daß es dar­über hin­aus bei der Ge­burt mit der rich­ti­gen Gen­kom­bi­na­ti­on ge­seg­net ist. Und das be­deu­tet, dein Sohn oder dei­ne Toch­ter ist Kämp­fer und Lieb­ha­ber gleich­zei­tig.
     
    WAS DEM EINEN SEIN ALP­TRAUM
    IST DEM AN­DE­REN SEIN FEUCH­TER
    TRAUM
    sagt Groß­pa­pa.
    „Ich ha­be mich erst ges­tern mit Dan­te Alig­hieri un­ter­hal­ten, und er hat mir ge­sagt, was für ein In­fer­no an Dumm­heit, Grau­sam­keit, Per­ver­si­on, Gott­lo­sig­keit und bru­ta­ler Ge­walt­tä­tig­keit das sech­zehn­te Jahr­hun­dert ge­we­sen ist. Über das neun­zehn­te al­ler­dings zit­ter­te er und such­te ver­geb­lich nach an­ge­mes­se­nen Schmäh- und Schimpf­wor­ten.
    Und was sein ei­ge­nes Zeit­al­ter an­be­langt, so ver­ur­sach­te ihm das einen der­art ho­hen Blut­druck, daß ich ihm ein Be­ru­hi­gungs­mit­tel ge­ben und ihn mit Hil­fe ei­ner Kran­ken­schwes­ter via Zeit­ma­schi­ne her­aus­ho­len muß­te. Sie sah aus wie Bea­tri­ce und war wahr­schein­lich ge­nau die Me­di­zin, die er brauch­te – viel­leicht.“
    Groß­pa­pa dach­te ki­chernd dar­an, daß Chib als Kind die­se Zeit­rei­se­ge­schich­ten al­le ernst ge­nom­men hat­te, die er ihm be­schrieb, und zu sei­nen Be­su­chern ge­hör­ten un­ter an­de­rem: Ne­bu­kad­ne­zar, der Kö­nig der Gras­fres­ser, Sam­son, der Rät­sel­meis­ter der Bron­ze­zeit, und Quell, der Phi­lis­ter, Mo­ses, der sei­nem ke­ni­ti­schen Schwie­ger­va­ter einen Gott stahl und dann sein gan­zes Le­ben lang ge­gen die Be­schnei­dung kämpf­te, Bud­dha, der ori­gi­na­le Beat­nik, Si­sy­phus, der sich aus­nahms­wei­se mal vom Stei­ne­rol­len er­hol­te, An­dro­kles und sein Kum­pel, der fei­ge Lö­we aus Oz, Ba­ron von Richt­ho­fen, der Ro­te Ba­ron aus Deutsch­land, Be­o­wulf, AI Ca­po­ne, Hia­wa­tha, Iwan der Schreck­li­che und hun­dert an­de­re.
    Doch es kam der Zeit­punkt, da stell­te Groß­pa­pa zu sei­nem Schre­cken fest, daß der Jun­ge Er­fun­de­nes und Tat­säch­li­ches ver­misch­te. Er er­zähl­te dem Jun­gen un­gern, daß er all die schö­nen Ge­schich­ten nur er­fun­den hat­te, um ihm ein we­nig Ge­schichts­un­ter­richt zu ver­pas­sen. Es war, als wür­de man ei­nem Kind er­zäh­len, daß es kei­nen Ni­ko­laus gibt.
    Und dann, wäh­rend er sei­nem Ur­en­kel wi­der­wil­lig die Wahr­heit

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