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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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schlech­te Ge­wohn­heit, die sie ih­res re­gel­mä­ßi­gen Ein­kom­mens be­raubt. Ich bin ja of­fi­zi­ell tot, al­so be­kom­me ich die Pur­pur­ne So­zi­al­hil­fe auch nicht. Chib muß al­so für al­les ge­ra­de­ste­hen, in­dem er sei­ne Bil­der ver­mark­tet und ver­kauft. Lus­cus hat ihm ge­hol­fen, in­dem er ihn be­kannt­ge­macht hat, aber Lus­cus kann sich auch je­den Au­gen­blick wie­der ge­gen ihn wen­den. Doch der Er­lös der Bil­der reicht im­mer noch nicht aus. Geld ist kei­ne Grund­la­ge un­se­rer Öko­no­mie, es ist le­dig­lich ein sel­te­nes Hilfs­mit­tel. Chib braucht die Un­ter­stüt­zung durch den Zu­schuß, den wird er aber nur be­kom­men, wenn er sich von Lus­cus lie­ben läßt.
    Es ist nicht so, daß Chib ho­mo­se­xu­el­len Be­zie­hun­gen ab­leh­nend ge­gen­über­steht. Wie die meis­ten sei­ner Zeit­ge­nos­sen ist auch er bi­se­xu­ell. Ich glau­be, daß er und Omar Ru­nic sich im­mer noch hin und wie­der einen bla­sen. Und warum auch nicht? Sie lie­ben ein­an­der. Aber Chib weist Lus­cus aus Prin­zip zu­rück. Er möch­te sich nicht zur Hu­re ma­chen, um sei­ne Kar­rie­re er­folg­reich zu ge­stal­ten. Au­ßer­dem trifft Chib dar­über hin­aus ei­ne Un­ter­schei­dung, die tief in die­ser Ge­sell­schaft ein­ge­bet­tet ist. Er glaubt, daß frei­wil­li­ge Ho­mo­se­xua­li­tät na­tür­lich ist (was auch im­mer das be­deu­tet?), wäh­rend er­zwun­ge­ne Ho­mo­se­xua­li­tät, um einen alt­mo­di­schen Aus­druck zu ver­wen­den, ab­ar­tig ist. Zu­tref­fend oder nicht, die­se Un­ter­schei­dung wird eben ge­trof­fen.
    Chib mag al­so nach Ägyp­ten ge­hen. Aber was wird dann aus mir wer­den?
    Küm­me­re dich nicht um mich oder dei­ne Mut­ter, Chib. Was auch ge­sche­hen mag: Gib Lus­cus nicht nach. Er­in­ne­re dich an die letz­ten Wor­te des ster­ben­den Single­ton, Vor­stand des Am­tes für Re­so­zia­li­sie­rung und Re­ha­bi­li­ta­ti­on, der sich er­schos­sen hat, weil er sich nicht an die neu­en Zei­ten ge­wöh­nen konn­te.
    ,Was ist, wenn ein Mann ei­ne Welt ge­won­nen und sei­nen Arsch ver­lo­ren hat?’“
    In die­sem Au­gen­blick sieht Groß­pa­pa, wie sein Ur­en­kel, der bis­her ir­gend­wie mit hän­gen­den Schul­tern ein­her­ge­schrit­ten ist, die­se plötz­lich strafft. Dann fängt Chib an zu tan­zen, ein klei­ner im­pro­vi­sier­ter Shuffle, ge­folgt von ei­ni­gen Dre­hun­gen. Es ist of­fen­sicht­lich, daß Chib laut brüllt. Die Fuß­gän­ger um ihn her­um grin­sen.
    Groß­pa­pa stöhnt, dann lacht er. „O Gott, die bocks­bei­ni­ge Ener­gie der Ju­gend, die un­vor­her­seh­ba­ren Ver­la­ge­run­gen des Spek­trums von tief­schwar­zer Sor­ge zum hel­len Oran­ge aus­ge­las­se­ner Freu­de! Tan­ze, Chib, tan­ze den Kum­mer aus dei­nem Kopf! Sei glück­lich, und wenn es auch nur für einen Au­gen­blick ist! Du bist noch jung, un­bän­di­ge Hoff­nung bro­delt tief in dei­nem In­nern. Tan­ze, Chib, tan­ze!“
    Er lacht und wischt sich ei­ne Trä­ne ab.
     
    SE­XU­EL­LE HIN­TER­GRÜN­DE DER
    AN­KLA­GE GE­GEN
    DIE HEL­LE BRI­GA­DE
     
    ist ein so fas­zi­nie­ren­des Buch, daß Dok­tor Jes­per­sen Joy­ce Ba­thy­mens, Psy­cho­lin­guist des Bun­des­am­tes für Grup­pen­re­kon­fi­gu­ra­ti­on und In­ter­kom­mu­ni­ka­bi­li­tät, nur un­gern zu le­sen auf­hört, doch die Pflicht ruft.
    „Ein Ret­tich ist nicht not­wen­di­ger­wei­se röt­lich“, spricht er ins Ton­band­ge­rät. „Die Jun­gen Ret­ti­che nann­ten ih­re Grup­pe so, weil ein Ret­tich ein Keim­wurz­ler oder Ra­di­kel und da­mit ra­di­kal ist. Gleich­zei­tig be­steht ein Wort­spiel mit Wur­zeln und Ro­tarsch, und das ist ein be­kann­ter Slan­g­aus­druck für Zorn, und mög­li­cher­wei­se mit pep­pich für auf­mu­ckend und brüns­tig. Und zwei­fel­los auch mit Ret­ni­ckel, ei­nem in Be­ver­ly Hills ge­bräuch­li­chen Wort der Um­gangs­spra­che für ei­ne rup­pi­ge, un­be­lieb­te und ge­sell­schaft­lich ge­äch­te­te Per­son.
    Und doch sind die Jun­gen Ret­ti­che nicht das, was ich als links be­zeich­nen wür­de. Sie re­prä­sen­tie­ren le­dig­lich den der­zei­ti­gen Un­wil­len ge­gen­über dem Le­ben im all­ge­mei­nen. Sie stre­ben

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