Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
Nebensächlichkeiten ab, während ich versuchte, das Rätsel zu knacken. Was zum Teufel bedeuteten die Zahlen 8, 12, 1, 11 und 26? Ein Datum? Die Kombination für einen Safe? Ich dachte daran, daß Tom gegenüber Barrett einen »Schlüssel« in oder auf seinem Schreibtisch erwähnt hatte. Ich hatte ein Woche lang an seinem Schreibtisch gearbeitet und — soweit ich mich erinnerte — keinen Schlüssel gesehen. Was für eine Art von Schlüssel denn? Den Schlüssel wozu? Schließlich hatte sein Notizbuch ja kein Mini-Schloß wie das Tagebuch eines Teenagers.
    Ich ging wieder ins Arbeitszimmer und setzte mich an seinen Schreibtisch, wo ich mich erneut über die Schubladen hermachte. Vielleicht besaß er eine Stahlkassette, die mit einem kleinen Kombinationsschloß versehen war. Wie viele volle Müllsäcke hatte ich vergangene Woche hinausgeschafft? Wie konnte ich sicher sein, daß ich nicht den Schlüssel weggeworfen hatte, den er meinte? Bei der Vorstellung, ich hätte etwas beseitigt, das für Toms Zwecke ausschlaggebend und für meine unerläßlich war, wallte Panik in mir auf.
    Ich leerte der Reihe nach den Inhalt sämtlicher Schubladen aus und zog dann jede ganz heraus, um Rückwand und Boden abzutasten. Ich ließ mich auf alle viere nieder, spähte an die Unterseite des Schreibtischs und fuhr die Seiten entlang, für den Fall, daß irgendwo ein Schlüssel angeklebt worden war. In der Schublade mit den Handschellen und dem Schlagstock fand ich seine Taschenlampe, die ich benutzte, als ich die Schienen der Schubladen absuchte und seinen Drehstuhl nach hinten kippte, um die Sitzunterseite zu mustern. Hatte er Schlüssel im Sinne von »etwas, das etwas anderes erklärt oder löst« gemeint, oder hatte er einen wirklichen Schlüssel gemeint, also etwas, womit man ein Schloß aufschließt? Ich schob die Schubladen wieder hinein und entfernte alles von der Schreibtischplatte. Dann wanderte ich mit dem Finger über seine Schreibtischunterlage und suchte nach einer Wiederholung der Zahlen, die er sich notiert hatte. Sie waren da — 8, 12, 1, 11 und 26 — , und zwar mitten in einer Schlinge. Außerdem standen sie noch zwei weitere Male da, einmal umrandet von einer mit Füller gezogenen Linie und einmal in einem Kästchen mit einer schraffierten Bleistiftkante. Was, wenn ich die ausschlaggebende Information weggeworfen hatte? War der Müll schon abgeholt worden? Ich rang schwer darum, das quälende Unbehagen in mir zu unterdrücken. Der Schweiß brach mir aus. Wie üblich war es im Haus so heiß wie in einem Backofen. Ich ging zum Fenster hinüber und schob es nach oben. Dann lockerte ich die Riegel des Sturmfensters, stieß kaltblütig lächelnd die Scheibe hinaus und sah zufrieden zu, wie das Fenster unten auf die Erde fiel. Ich atmete ein paar tiefe Züge frische Luft und hoffte, so meine Beklemmung zu bekämpfen.
    Dann setzte ich mich erneut an den Tisch und schüttelte den Kopf, um ihn ein wenig frei zu bekommen. Ich ließ die Arbeit, die ich Anfang der Woche erledigt hatte, Revue passieren. Ich konnte mich nicht an einen Schlüssel erinnern, aber ich wußte genau, daß ich niemals einen weggeworfen hätte, wenn ich einen gesehen hätte. Wenn ich den Schlüssel noch nicht gefunden hatte, bestand immer noch die Aussicht, ihn irgendwo aufzuspüren. Also. Ich mußte eben suchen, so gelassen und sorgfältig wie möglich. Erneut ging ich alle Schubladen durch und musterte ihren Inhalt genau. Ich sah mir jede Einlage in Toms Aktenordnern an, spähte in Umschläge, öffnete Schachteln mit Büro- und Heftklammern und beäugte Füller, Lineale, Etiketten und Klebeband. Vielleicht war der Schlüssel ja auch ein Ausdruck oder eine Redewendung, die alles andere klären würde. Im Hinterkopf kam ich immer wieder auf die Überlegung zurück, daß die Zahlen eine Art Code waren. Ich hatte nichts davon gehört, daß Tom jemals beim Geheimdienst gearbeitet hatte, also war der Code — falls ich recht hatte — vermutlich etwas Simples, das leicht zu knacken war.
    Auf oder in seinem Schreibtisch.
    Ich nahm mir ein Blatt Papier und schrieb das Alphabet auf. Darunter notierte ich entsprechend die Zahlen von i bis 26. Wenn die Ziffern 8, 12, 1, 11 und 26 lediglich Ersatz für Buchstaben waren, lautete der Name oder die Initialen HLAKZ. Was sollte das heißen? Auf den ersten Blick gar nichts. Sowieso-Los Angeles-Sowieso-Sowieso? Sagte mir gar nichts. Ich versuchte das gleiche von hinten, indem ich A der Zahl 26 entsprechen ließ, B der 25

Weitere Kostenlose Bücher