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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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großen Müllsack aus Plastik, der für die Abfalltonne zu meiner Linken bestimmt war. Ich drehte das Fenster herunter. »Hallo, Barrett. Haben Sie einen Augenblick Zeit?«
    Sie warf den Müllsack in die Tonne und kam zum Wagen. Ich lehnte mich hinüber, öffnete die Beifahrertür und stieß sie einen Spaltweit auf. »Steigen Sie ein. Da draußen frieren Sie sich zu Tode.«
    Sie regte sich nicht. »Ich dachte, Sie wären weg.«
    »Ich habe Cecilia besucht. Um wieviel Uhr kommen Sie aus der Arbeit?«
    »Das dauert noch ein paar Stunden.«
    »Warum machen Sie nicht mal Pause? Ich würde gern mit Ihnen sprechen.«
    Sie zögerte und sah zum Rainbow hinüber. »Das soll ich eigentlich nicht, aber eine Minute geht schon.« Sie stieg ins Auto, schlug die Tür zu und verschränkte ihre nackten Arme gegen die Kälte. Ich hätte ja den Motor angelassen, um zu heizen, aber ich wollte das Benzin nicht vergeuden, und ich hoffte, ihr Unbehagen würde sie dazu veranlassen, mir zu sagen, was ich wissen wollte.
    »Ihr Dad hat gesagt, Sie wollen Medizin studieren.«
    »Ich bin noch nicht zugelassen.«
    »Wo haben Sie sich denn beworben?«
    »Wollen Sie etwas Bestimmtes? Nancy weiß nämlich nicht, daß ich hier draußen bin, und ich habe eigentlich erst kurz vor drei Kaffeepause.«
    »Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen«, sagte ich. Ich merkte, wie sich eine Flunkerei anbahnte. Bei mir ist es das gleiche Gefühl wie ein drohendes Niesen, diese wunderbare Reaktion des autonomen Nervensystems, wenn mich etwas in der Nase kitzelt. »Ich möchte gerne etwas wissen.« Man bemerke, sie fragte nicht, was. »Waren es nicht Sie, die Tom Newquist an jenem Abend treffen wollte?«
    »Warum hätte er das denn tun sollen?«
    »Ich habe keine Ahnung. Deshalb frage ich Sie ja.«
    Sie mußte irgendwann einmal geschauspielert haben; vielleicht in der Schule im Abschlußstück, aber nicht die Hauptrolle. Sie runzelte demonstrativ die Stirn und schüttelte dann ratlos den Kopf. »Nicht daß ich wüßte«, sagte sie, als hätte sie sich das Hirn zermartert.
    »Ich muß Ihnen allerdings sagen, daß er sich einen Vermerk in seinen Schreibtischkalender gemacht hat. Er hat klar und deutlich Barrett geschrieben.«
    »Ehrlich?«
    »Ich bin heute darauf gestoßen. Deshalb habe ich ja vorhin gefragt, mit wem er sich hier treffen wollte. Ich hatte auf Ihre Ehrlichkeit gehofft, aber Sie haben nicht mitgespielt«, sagte ich. »Ich hätte vermutlich darüber hinweggesehen, aber dann bekam ich die Bestätigung, und jetzt bin ich hier. Möchten Sie mir sagen, was da vor sich ging?«
    »Die Bestätigung?«
    »Oder den Beweis«, sagte ich.
    »Wer hat es bestätigt?«
    »Cecilia.«
    »Es war gar nichts«, sagte sie.
    »Na gut. Dann spucken Sie es doch einfach aus. Ich möchte es gerne hören.«
    »Wir haben uns nur ein paar Minuten lang unterhalten, und dann wurde ihm schlecht.«
    »Worüber haben Sie sich unterhalten?«
    »Nur irgendwelches Zeug. Wir haben über meinen Dad geredet. Ich meine, es war nichts Besonderes. Bloß belangloses Geplauder. Brant und ich waren fest miteinander gegangen, und Tom hat sich nach unserer Trennung erkundigt. Es hat ihm immer leid getan, daß wir nicht zusammengeblieben sind. Mir war klar, daß er auf irgend etwas hinauswollte, aber ich wußte nicht, worauf. Und dann wurde ihm auf einmal übel. Ich sah, wie die Farbe aus seinem Gesicht wich und er zu schwitzen anfing. Ich hatte Angst.«
    »Hat er gesagt, daß er Schmerzen hätte?«
    Sie nickte, und ihre Stimme zitterte, als sie weitersprach. »Er faßte sich an die Brust, und sein Atem ging rasselnd. Ich sagte, ich würde zum Motel gehen und Hilfe holen, und er meinte, gut, mach das. Er sagte, ich solle die Autotür abschließen und niemandem etwas von unserem Treffen erzählen. Das war ihm unheimlich wichtig; er ließ es sich von mir versprechen. Sonst hätte ich es Ihnen vielleicht schon gesagt, als Sie mich das erste Mal gefragt haben.« Sie kramte in der Tasche ihrer Kluft und zog ein Kleenex hervor. Dann wischte sie sich die Augen und putzte sich die Nase.
    Ich wartete, bis sie wieder ruhiger war, bevor ich weiterbohrte. »Hat er sonst noch etwas gesagt?«
    Sie holte tief Luft. »Von der Straße fernhalten, wenn Autos kommen. Er wollte nicht, daß irgend jemand erfuhr, daß ich mit ihm gesprochen hatte.«
    »Warum?«
    »Er wollte mich nicht in Gefahr bringen, hat er gesagt.«
    »Er hat nicht gesagt, durch wen?«
    »Er hat niemanden namentlich genannt«, antwortete

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