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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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69 Club – restrukturiert habe. Beide wurden an John Gray von Spearmint Rhino verkauft und haben mir Pauls Naivität gründlich ausgetrieben.
    Paul überwachte das operative Geschäft und die Geschäftsentwicklung, während ich stiller Teilhaber war. Als der Klub zunehmend beliebt und profitabel wurde, erhielt Paul Besuch von mehreren wohlbekannten und körperlich einschüchternden marokkanischen Typen aus der Unterwelt. Ihr Geschäftsvorschlag lautete, unser Beleuchtungssystem zu überholen und für Sicherheit zu sorgen, und zwar für die einmalige Summe von 200.000 Euro sowie monatliche Wartungsgebühren von 15.000 Euro.
    Paul, der ein ausgesprochen klassischer Hightech-Unternehmer ist und keine Straßenratte wie ich, war schreckensstarr. Zum ersten Mal im Leben stand er vor einem komplizierten Problem, das er nicht lösen konnte. Ich sagte ihm, er solle sich entspannen, und erteilte einigen zwielichtigen Detektiven den Auftrag, detaillierte Profile inklusive Fotos, Wohnadresse, Telefonnummern, Namen von Geschäftspartnern und Verwandten dieser Gauner zu erstellen. Anschließend besprach ich diese Herausforderung ausführlich mit Hakki. Paul, der zu diesem Zeitpunkt zutiefst beunruhigt war, wurde nach Berlin geschickt, um Hakki kennenzulernen und sich zu beruhigen.
    Ich kann wirklich nicht näher erläutern, was in den folgenden zwei Tagen zu mir durchsickerte. 64 Stunden nach meiner Telefonkonferenz mit Hakki wurden unsere marokkanischen Freunde zu einem persönlichen Gespräch mit mir einbestellt. Sie versicherten mir, sie hätten ihren Geschäftsvorschlag schlecht präsentiert, sodass Paul sie möglicherweise missverstanden habe, und sie bedauerten zutiefst jede Komplikation, die sie dadurch verursacht hätten. Ich machte ein absolutes Pokerface und versicherte ihnen meinerseits, so etwas käme vor und ich wüsste ihre Erklärung sehr zu schätzen. Dann fragten sie mich, ob sie denn den Klub weiterhin besuchen dürften. Ich antwortete ihnen, sie seien immer willkommen, aber ich würde es sehr zu schätzen wissen, wenn sie ihren sensibleren Geschäftsangelegenheiten in ihren eigenen Räumlichkeiten nachgehen würden. Ich sagte ihnen auch, ich sei ein großer Fan von Marokko, da ich an den dortigen Schachturnieren teilnähme und stets die Gastfreundschaft der Araber genossen hätte. Bei ihrem Abschied küsste ihr CEO mir mit echter Ergebenheit die Hand.
    Im folgenden Jahr gaben unsere neuen marokkanischen Freunde mehr als 100.000 Euro in unserem Klub aus und waren damit leicht unsere besten Kunden. Die Unterwelt von Mallorca und eine große deutsche Zeitung nannte mich fortan »der Pate von Mallorca«. Sie hatten mich offensichtlich mit meinen Freunden in Berlin verwechselt.
    Hakki war mehr als nur mein Geschäftspartner. Er ist ein äußerst tougher Typ, aber in vielerlei Hinsicht ein freundlicher Kerl. Er war bei mir zu Hause zum Abendessen und ich habe seine äußerst sympathische Gefährtin kennengelernt. Er ist solider, zuverlässiger und hat mehr Rückgrat und Integrität als 99 Prozent aller Finanzjongleure, mit denen ich zu tun hatte. Leider kann ich nicht länger mit ihm zusammenarbeiten. Ich hätte das Unternehmen liebend gerne an die Börse gebracht, seine Expansion finanziert und es als Europas wachstumsstärkstes, profitabelstes und innovativstes Facility-Management-Unternehmen angepriesen. Allerdings gefiel mir nicht, dass Zuhälter versuchten in unserem Klub ihre Massenware zu platzieren.
    *
    Ich betrachte Niederlagen und Tragödien oft genauso wie Erfolge – mit analytischer Distanz. Selbst unter größten Belastungen verliere ich selten den analytischen Fokus. Meine lebenswichtigen Organe sind äußerst stressresistent. Die einzigen Gelegenheiten, bei denen ich keine Chancen-Risiken-Kalkula­tionen anstelle, sind, wenn ich schlafe, wenn ich bekifft bin oder Sex habe. Bestimmte grundlegende Gefühle wie Schuld, Reue, Schmerz, Angst, Bedauern und Sorge sind mir irgendwie fremd. Die meisten Dinge, die geschehen, betrachte ich einfach als Lernerfahrung. Das galt selbst, als ich im Jahr 2006 angeschossen wurde, obwohl ich daraus eine andere und bessere Lektion hätte ziehen sollen, und das auch viel schneller.
    Mit mehr als 200 Morden pro 100.000 Einwohnern hat Caracas mit Abstand die höchste Mordrate unter allen Hauptstädten weltweit. Die Stadt ist drei- bis fünfmal gefährlicher als Rio de Janeiro, Johannesburg, Detroit, East Saint Louis oder Medellín. Wenn man von einer Lebenserwartung von 80

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