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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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allerdings als Freund, nicht als Liebhaber. Dieser prinzipienfeste Engel rückte nie mehr von seiner Entscheidung ab, und ich respektierte sie. Ich hatte keine Wahl. Ich hoffte, dass wir Freunde sein würden. Nach Jahren, die ich mit billigen, schnellen Bräuten verbracht hatte, wusste ich, dass Patricia in mir ein Gefühl der Zielstrebigkeit wiedererweckt hatte.
    Wir wurden beste Freunde. Sie nannte mich BB für »Bad Boy« und ich nannte sie MT für »Mutter Teresa«. Wenn ich es mir erlauben konnte, nannte ich sie CK für »Chanel-Kommunistin.« Wir trafen uns regelmäßig und sie interessierte sich ehrlich für meine Probleme. An Wochenenden unternahmen wir lange Spaziergänge, gingen Fliegenfischen oder reiten. Mehrmals pro Monat begleitete ich sie in das Viertel Ciudad Bolívar. Das war nicht gefährlich, weil Kolumbiens Mutter Teresa überall bekannt war und geliebt wurde. In der Zwischenzeit hatte sie einen anderen Mann kennengelernt, einen französischen Arzt namens Bernard. Er war ein wirklich toller Kerl, der jahrelang für Ärzte ohne Grenzen gearbeitet hatte. Sandor, Patricia, Bernard und ich verbrachten Silvester zusammen in Cartagena. Sandor und ich spielten Schach, während sich Bernard und Patricia im Schlafzimmer über uns ziemlich laut miteinander vergnügten. »C’est la vie, mon chérie« , dachte ich mir.
    Im Frühjahr 2011, nach der Geburt ihres Sohns, entschied Patricia, dass ich meinen Kindern ein Vater sein solle, trotz der großen Risiken, die das für mich bedeutete. »Wenn du es nicht tust, rufe ich persönlich Bloomberg an oder zwinge dich, dein gesamtes restliches Geld meiner Stiftung zu spenden«, sagte sie halb im Spaß. »Alle Kinder brauchen einen Vater. Sie brauchen dich. Gib ihnen Liebe. Du kannst ihnen helfen. Du hast dich verändert. Du bist eine verlorene Seele, aber du bist kein völlig egoistisches Arschloch mehr. Vielleicht hassen sie dich zunächst, aber am Ende werden sie dich mögen. Ich mag dich selbst nach dem, was du mir angetan hast. Bernard hasst alle Banker, aber dich findet er beinahe erträglich.«
    »Vielen Dank«, sagte ich.
    »Geh und erobere deine große Liebe zurück, wenn du schon dabei bist. Sieh mich nicht an wie ein Cockerspaniel, du Feigling! Und wenn sie dich nicht mehr sehen will? Willst du für den Rest deines Lebens dumme Tussis vögeln? Und wenn sie dich einsperren und dein ganzes Geld kassieren? Du existierst kaum, von Leben ganz zu schweigen. Hör auf, wie ein Idiot Geld auszugeben, und fang an, zu geben. Riskiere wieder etwas. Beginne bei deiner Familie. Gib dich deinen Kindern und deiner Seelengefährtin. Du verdienst sie nicht einmal. Aber du musst es versuchen. Und ganz nebenbei, viel Glück.«
    Sie hatte wahrscheinlich recht. Ich wollte es nur nicht zugeben. In den vergangenen Monaten hatte ich ähnliche Gedanken gehabt, aber sie endeten immer damit, dass ich sie als reine Wunschträume abtat.
    *
    Als Patricia mir den Laufpass gab, hatte ich fortwährendes Reisen als perfektes Fluchtventil entdeckt. Ich hatte das Buch 1.000 Places to see before you die gekauft, die, wie ich finde, beste Liste der Orte, die man mal besucht haben sollte. Ich strich die Orte an, die ich bereits kannte, und erstellte aus allen anderen eine Rangliste auf Basis diverser Kriterien.
    Ich hatte merkwürdige Wissenslücken, was mehrere offenkundige Orte betraf, wie zum Beispiel China, Indien, Neuseeland und Sri Lanka, und weniger offenkundige in Portugal, Umbrien und Osteuropa. In weniger als 18 Monaten bereiste ich mehr als 130 Weltklassedestinationen, um mein emotionales Vakuum zu füllen und die Gesamtzahl der besuchten Orte auf 342 weltweit zu steigern.
    Patricia verbrachte den größten Teil ihrer Freizeit mit Bernard, aber wenn ich in Cartagena war, traf ich mich gerne mit ihrem Vater, der zu eine Art Vater­ersatz für mich zu werden schien. Er zerschmetterte mein Ego, indem er mich im Schachspiel schlug, und stellte mir tiefgründige persönliche und forschende Fragen. Er begleitete mich auf meinen Reisen innerhalb von Südamerika, aber nie für länger als eine Woche am Stück. Er war einfach gerne in Patricias und Bernards Nähe. Innerhalb eines Jahres war er zu meinem Mentor und engsten Freund geworden.
    Ich konnte allerdings nie verstehen, wie ein sozialistischer Philosoph ohne jedes Familienvermögen den Lebensstil eines Multimillionärs pflegen konnte. Da ich ziemlich direkt sein kann, fragte ich ihn ganz unverblümt über die Quelle seines Reichtums

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