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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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unbedingte Pflichtlektüre für jeden, der ein größeres Unternehmen führen will. Ich war zwei Jahre zusammen mit Professor Porter Mitglied des Verwaltungsrats der Harvard Cooperative Society und konnte ihn in Aktion beobachten. Seine Einsichten waren atemberaubend. Competitive Verification reichte über Porters Ansatz hinaus, da wir auch Denunzianten, Detektive und verstimmte Mitarbeiter anzapften, um uns einen Informationsvorteil zu verschaffen. Aus unerfindlichem Grund war bisher niemand in Europa auf die Idee gekommen, Porters wegweisende Konzepte hochstrukturiert auf grundlegende Wertpapieranalyse oder Leerverkäufe anzuwenden. Ich war der Erste.
    Ein weiteres unentwickeltes Element und gleichzeitig das größte von allen war der deutsche Kapitalmarkt – ein jungfräuliches Terrain für jeden, der nach fetter Beute Ausschau hielt. Auf dieser Wiese tummelten sich eine Menge fetter Kühe, unbeaufsichtigt und ohne Zaun. Zudem gab es kaum Finanzregulierung. Kapitalbeteiligungen mussten nur dann offengelegt werden, wenn sie die 25-Prozent-Grenze überschritten (in den USA betrug diese Grenze fünf Prozent und in England drei Prozent). Die Regulierung des Insiderhandels steckte noch in den Kinderschuhen und der IPO-Markt war praktisch inexistent. In den vorhergehenden Jahren hatte es im Schnitt zehn Börsengänge pro Jahr gegeben, wobei die durchschnittlichen Börsenkandidaten irgendwelche wachstumsschwachen Industrie-Dinosaurier waren, die im Schnitt fast 50 Jahre alt waren.
    In Amerika dagegen fanden jedes Jahr viele Hundert Börsengänge statt, wobei das durchschnittliche Unternehmensalter der Börsenkandidaten fünf Jahre betrug. Die Qualität der deutschen Research-Aktivitäten war dilettantisch und oberflächlich und die finanzielle Offenlegung bestenfalls intransparent. Deutsche, Schweizer oder österreichische Berichte ähnelten Steuererklärungen, in denen die wahre Profitabilität des Unternehmens oft verschleiert wurde. Somit gab es eine Vielzahl von Kandidaten, aus denen man auswählen konnte. Britische Unternehmen neigten dazu, ihre Gewinne aufzublähen, und boten damit zahlreiche leichte Leerverkaufsziele. Viele große Unternehmen veröffentlichten zudem keine Jahresberichte in englischer Sprache. Man verfügte bereits über einen Wettbewerbsvorteil, wenn man nur Italienisch, Portugiesisch oder Spanisch verstand. Ich betrachtete Deutschland als eine gewaltige Kapitalmarktchance. Und nach einem hässlichen anhaltenden Börsensturz war der Markt spottbillig und die Wettbewerber relativ orientierungslos. Der einzige echte Nachteil war mein persönlicher Steuersatz, der knapp unter 60 Prozent lag. Ich hätte vom Schweizer Ort Zug aus agieren sollen, wie mein Kunde Se ñ or Rico. Im nächsten Leben bin ich wahrscheinlich klüger.
    Als fleißiger Schüler Machiavellis setzte ich alles zu meinem maximalen Vorteil in Bewegung. Es gab zwei konkurrierende Organisationen, die den Markt für Wachstumsaktien in Europa beherrschen wollten: Deutschlands Neuer Markt und der EASDAQ, der dem NASDAQ nachempfunden ist. Auf beide Seiten der Gleichung zu setzen war für mich etwas ganz Natürliches.
    Der NASDAQ war Anfang der Neunzigerjahre der größte Markt für den Handel mit Aktien amerikanischer und internationaler Wachstumsunternehmen weltweit. Microsoft, Google und Apple sind am NASDAQ notiert. In Europa existierte damals keine vergleichbare oder auch nur annähernd ähnliche Struktur. Viele europäische, israelische und sogar asiatische Wachstumsunternehmen gingen an den NASDAQ, weil amerikanische Anleger um ein Vielfaches erfahrener und vertrauter mit Investitionen in wachstumsstarke Hochtechnologieunternehmen waren als die schwerfälligen Europäer.
    Warum sollten europäische Wachstumsunternehmen nach Amerika gehen, um sich Kapital zu beschaffen? Der EASDAQ und der Neue Markt wollten Wachstumsunternehmen auf heimischem Boden halten und einen besseren lokalen und regionalen Zugang zu Risikokapital bieten. Für den europäischen Bankensektor und europäische Investoren war es viel besser und profitabler, wenn diese attraktiven Unternehmen in ihren Heimatländern finanziert werden konnten. Der Neue Markt, der EASDAQ und der NASDAQ konkurrierten daher miteinander um die aussichtsreichsten europäischen Wachstumskandidaten.
    Angesichts meiner breiten Erfahrung mit den US-Kapitalmärkten wurde ich als Mitglied der Taskforce des Neuen Marktes ausgewählt, die dessen Regeln und Regulierungen definieren sollte. VMR war

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