Kopfueber in die Kissen Roman
abgeneigt, ein wenig Cash für die Zahnbehandlung ihrer Kids beizusteuern.
Zu seiner Überraschung blickte sie ihn direkt an. »Mr. Traveler?«
Fantasieren war eine Sache, die Realität eine ganz andere, und während sein Blick zwischen ihr und den lärmenden Quälgeistern an ihren Seiten hin- und herglitt, breitete sich ein flaues Gefühl in seinem Magen aus. Die Tatsache, dass sie ihn zu erwarten schien, wies zweifellos auf Lady Emma Wells-Finch hin, die Dame also, der er in den nächsten zwei Wochen babysitten sollte. Aber von Kindern hatte Francesca nichts erwähnt.
Zu spät merkte er, dass er automatisch genickt hatte, statt sofort das Weite und seine Golftasche zu suchen. Bloß, das durfte er nicht. Nicht, wenn er wieder auf der Tour mitmachen wollte.
»Ausgezeichnet!«, strahlte sie ihn an und schoss vorwärts, dass ihr Rock wehte, die Zeitschriften flatterten, ihre nussbraunen Löckchen und die Kirschen auf dem Strohhut wippten, während die Kinder sich widerstrebend mitziehen ließen.
Ihr bloßer Anblick löste eine lähmende Müdigkeit in ihm aus.
Sie ließ die Hand des kleinen Mädchens fahren, packte Kennys Rechte und pumpte sie kräftig auf und ab. Für eine so kleine Person ein erstaunlicher Griff. »Entzückt, Sie kennen zu lernen, Mr. Traveler!« Die Kirschen wippten. »Emma Wells-Finch.«
Der Knabe holte mit dem Fuß aus, und ehe sich’s Kenny versah, bekam er eins vors Schienbein, dass er am liebsten aufgejault hätte. »Ich kannse nich leiden!«
Kenny funkelte den Lausejungen wütend an und hätte ihm gerne eine Sponti-Backpfeife verpasst, überlegte dann jedoch, sich selbige für Francesca aufzusparen - gleich nachdem er ihr seine Meinung über dreckige Erpressungsversuche kundgetan hätte.
Lady Emma blickte das Kind an, doch anstatt ihm ordentlich eins zu geigen, wie er es verdient hätte, meinte sie stirnrunzelnd: »Reggie, Schatz, nimm den Finger aus der Nase, das sieht hässlich aus. Und entschuldige dich bei Mr. Traveler!«
Der Schlingel wischte seinen Finger an Kennys Jeans ab.
Kenny war drauf und dran, den Bengel in den Schwitzkasten zu nehmen, als eine gehetzt aussehende Lady auf sie zugeeilt kam. »Emma, meine Liebe, vielen Dank, dass du auf sie aufgepasst hast. Reggie, Penelope, wart ihr auch schön brav zu Miss Wells-Finch?«
»Richtige Engel«, erwiderte Lady Emma in einem derart aufrichtigen Ton, dass Kenny eine saure Gummifrucht im Hals stecken blieb.
Hilfsbereit klopfte ihm Lady Emma auf den Rücken, doch unglücklicherweise hatte sie dabei ein ebenso energisches Händchen wie beim Händeschütteln, und er hätte schwören können, eine Rippe knacken zu hören. Als er wieder Luft bekam, waren auch die Kinder der Verdammnis samt ihrer bedauernswerten Mutter verschwunden.
»Nun …«, lächelte Lady Emma ermutigend. »Da wären wir also.«
Kenny war ganz schwindlig. Das mochte zum Teil an seiner gebrochenen Rippe liegen, größtenteils jedoch an seiner Verwirrung darüber, wie sich all dieses energisch-frische britische Gehabe mit einem Gesicht vereinbaren ließ, das von Rechts wegen unter eine beleuchtete Straßenlaterne gehört hätte.
Während Kenny noch damit rang, sich von seinem Schock zu erholen, war Emma nicht müßig und fällte ihr eigenes Urteil. Als Prinzipalin, oder wie man in England sagte, Headmistress, der St. Gertrude’s School for Girls und langjährige Lehrerin an selbiger Institution sowie ehemalige Schülerin (vom sechsten Lebensjahr an), konnte sie Menschen mittlerweile in Sekundenschnelle einschätzen. Ein Blick genügte, um ihr zu sagen, dass dieser All-American-Cowboy genau das war, was sie suchte - ein Mann mit mehr äußeren als inneren Qualitäten.
Unter seinem beigen Stetson - der aussah, als würde er von Geburt an sein Haupt zieren - quoll dichtes schwarzes Haar hervor. Das marineblaue T-Shirt mit dem Cadillac-Logo spannte
sich über einen mehr als respektablen Oberkörper, und die ausgeblichenen Jeans saßen knalleng über sowohl schmalen Hüften als auch muskulösen Oberschenkeln. Seine handgefertigten Cowboyboots fielen ihr ins Auge. Sie waren zwar hübsch eingelaufen - doch von Kuhmist oder Pferdeäpfeln existierte, wie sie ohne Überraschung feststellte, keine Spur. Er besaß eine schmale, gerade Nase, ausgeprägte Wangenknochen, einen wohlgeformten Mund und eine prächtige Reihe gerader weißer Zähne. Und seine Augen: Sie wiesen die Farbe wilder Hyazinthen oder Sumpfveilchen auf. Es war einfach ungerecht, dass die Natur solche
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