KOR (German Edition)
die in dem Raum herrschte, gewöh n ten, desto deutlicher glaubte sie, einen Schemen zu erkennen, der sich wie ein menschlicher Körper auf der Operationsliege abzeichnete.
„Hallo? Ist da jemand?“
Als zwei glänzende Augen ihren Blick erwiderten, ging das Licht an.
Maggie schrie auf.
„Was haben Sie?“ Sam Richards stand vor ihr und schaute abwechselnd in ihre Augen und in den Operationsraum. Auf seinem nackten, durchtrainie r ten Oberkörper zeichnete sich eine alte Narbe ab, die quer über der Brust verlief. Der Umfang seiner muskulösen Arme entsprach in etwa dem ihres Kopfes.
Auf dem Bett lag niemand. Das grüne Desinfektionstuch breitete sich ohne jede Falte über der Liegefläche aus. Es gab keine Abdrücke. „Ich dachte, hier drinnen liegt jemand.“
„Keiner zu sehen“, stellte Richards unnötigerweise fest.
„Als ich zuvor in dem Saal gewesen bin, war die Tür geschlossen“, teilte Maggie mit. „Meine Nerven sind anscheinend mit mir durchgegangen.“
Richards grinste. „An diesem Ort kann dies leicht geschehen.“
Maggie ärgerte sich darüber. „Setzen Sie sich wieder hin, Mr. Richards. O der wollen Sie mich mit Ihrem schwitzenden Körper beeindrucken?“
Richards Grinsen wurde breiter. „Sie sind der Boss.“
Maggie ließ ihren Blick noch einmal durch den Operationsraum schweifen. Das grelle Licht leuchtete ihn perfekt aus. Niemand hätte sich hier verstecken können, ohne sofort entdeckt zu werden. Sie musste es schließlich doch ihrer Neugierde zuschreiben, dass sie den Raum betrat, um einen Blick in den Ko f fer für das Operationsbesteck zu werfen, der neben der Liege auf einem vie r eckigen Tisch lag. Der schwarze, klobige Koffer war weder verschlossen, noch versiegelt. Der Inhalt bestand aus den üblichen Instrumenten wie Art e rienklemmen, Pinzetten, Rippenspreizer, Dermatom, Endoskop und anderen Gegenständen. Eine Sache jedoch verunsicherte sie. Der Platz, an dem sich das Skalpell befinden sollte, war leer.
Mit einem unguten Gefühl im Bauch kehrte Maggie dem Raum den R ü cken, schaltete das Licht aus und schloss die Tür.
„Die Panthenolsalbe müsste fürs E rste reichen“, sagte sie, während sie Richards´ Handfläche damit einrieb. „Sie leiden unter keinen Krämpfen und Knochen sind auch nicht gebrochen. Ihr Herz klingt normal. Das heißt nicht ganz normal …“
„Ein leichter Herzklappenfehler“, erklärte Richards. „Habe ich seit meiner Kindheit.“
„Und trotzdem wurden Sie Soldat?“
„Eine Art Tradition meiner Familie. Die Männer zum Militär, die Frauen hinter den Herd. Das mit den Frauen hat sich inzwischen relativiert“, fügte er rasch hinzu, als Maggie Anstalten machte, etwas darauf zu erwidern. „Meine Schwester arbeitet als Designerin.“
„Und sie ist nicht verheiratet und hat keine zwölf Kinder?“ Maggie konnte sich diese ironische Bemerkung einfach nicht verkneifen.
„War sie mal. Ihr Mann war Arzt wie Sie. Nur mit dem Unterschied, dass er ständig betrunken nach Hause kam.“
„Klingt nach einem Scheidungsgrund.“
Richards beobachtete, wie Maggie seine Hand bandagierte. „Und Sie?“
„Was soll mit mir sein?“
„Haben Sie einen Mann oder einen Freund?“
Maggie zog den Verbandsstreifen fest. „Weder noch. Ich mag Männer nicht sonderlich. Wenn Sie es genau wissen wollen, stehe ich mehr auf Frauen. Ich hoffe, das bringt jetzt Ihr traditionelles Weltbild nicht durcheinander.“ Es überraschte sie, dass Richards sie keineswegs anglotzte wie ein Fisch einen Angelhaken. Er zeigte einmal mehr sein gutmütiges Grinsen. Sie konnte nicht anders, als sein Verhalten auf subtile Weise angenehm zu finden.
„Ich habe nicht gesagt, dass ich traditionell geprägt bin. Ihre Art gefällt mir. Ich mag Menschen, die direkt sind und sich nicht hinter verblümten Äuß e rungen verstecken.“
„Freut mich, zu hören, Richards.“
„Wie wäre es, wenn Sie mich Sam nennen würden?“
Maggie befestigte den Verband mit zwei Klammern. „Also gut, Sam. Ihre Hand ist verbunden. Sollte es sich entzünden, rufen Sie am besten wi e der nach dem Onkel Doktor.“
„Nicht nach Maggie?“
„Von mir aus auch nach Maggie“, antwortete sie nach kurzem Zögern. Sie hoffte nicht, dass Sam glaubte, mit ihr eine engere Beziehung eingehen zu können. Nicht dass sie keine Erfahrung mit Männern gehabt hätte. Sie war einfach fest davon überzeugt, dass Männer in Liebesbeziehungen nichts tau g ten. Als Freunde waren sie in Ordnung. Doch ab dem
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