KOR (German Edition)
Zeitpunkt, ab dem sie neben einem im Bett lagen, mutierten sie unweigerlich zu selbstherrlichen Egoisten.
„Nach was haben Sie in dem Raum denn nachgesehen, Maggie?“, wollte Sam wissen, während er sich wieder ankleidete.
„In dem Koffer für das Operationsbesteck fehlt das Skalpell“, berichtete sie. „ Finden Sie das nicht auch eigenartig? “
„ Das Tor unten in der Garage finde ich wesentlich eigenartiger, wenn Sie es genau wissen wollen .“ Sam hob seine rechte Hand. „Das Andenken daran haben Sie soeben verbunden.“
Maggie deutete mit einer Handbewegung auf eines der Betten auf der g e genüberliegenden Seite. „Dort, wo der Infusionsständer steht, gibt es g e trocknetes Blut auf dem Laken. Eine Infusion wurde nie gelegt. Der Beutel ist noch voll.“
„Ein Anzeichen dafür, dass hier etwas ganz schnell oder ganz plötzlich pa s siert ist.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich eine Mannschaft von zwanzig Pe r sonen in Luft auflöst. Haben Sie eine Theorie, was hier geschehen sein kön n te?“
Sam stand auf. „Mein Auftrag lautet, Sie und die anderen zu beschützen, Maggie. Alles andere interessiert mich nicht großartig. Mit einer Ausnahme. Ich würde gern wissen, was sich hinter dem Tor befindet. Immerhin hat es mir ja einen Schlag verpasst.“
Maggie st e mmte ihre Hände in die Seiten. „Ihnen ist das wirklich völlig egal?“
„Zusammen mit John Arnold und Chad Kruger bin ich schon mehrfach in außergewöhnliche Situationen geraten, Maggie. Ich hab einiges gesehen, das können Sie mir glauben. Meine Aufgabe bestand darin, für Sicherheit zu so r gen. Dieser Tätigkeit werde ich auch hier nachgehen.“
„Von welchen außergewöhnlichen Situationen sprechen Sie?“
Sam winkte ab. „Das darf ich Ihnen leider nicht mitteilen. Streng geheim. Die LOGE hat ihre speziellen Regeln.“
Maggie seufzte. „Dann eben nicht. Ich schlage vor, wir gehen wieder zu den anderen, bevor die glauben, wir würden hier auch etwas anderes treiben, als nur ihre Hand zu versorgen.“
Sam lachte laut auf. „Na dann los.“
Bevor Maggie die Krankenstation verließ, schaute sie noch einmal hinüber zum Operationsraum. Ein unangenehmes Ziehen befiel ihren Körper, als sie bemerkte, dass die Tür wieder offen stand.
*
Die Rampe öffnete sich wie das Maul eines im Schnee vergrabenen Ungehe u ers. Das neonweiße Licht der Garage grub sich in die Dunkelheit. Ein schw e rer Motor heulte auf. Quietschend und ratternd rollte einer der beiden Chief t ains die Schräge hinauf, einen Anhänger hinter sich herziehend.
Tom Wilson saß hinter dem Steuer der Schneeraupe. Die Lampen, die um die Station herum angebracht waren, leuchteten wie Flutlichter bei einem Fußballmatch. Dennoch verbarg sich die Antarktis nach nur wenigen Metern in tiefer Dunkelheit. Die Scheinwerfer des Ta ins stocherten wie hauchdünne Nadeln darin herum.
„Wieso sind wir nicht im Sommer hierher gekommen?“, fluchte Wilson. „Dann hätten wir es jedenfalls hell. Diese verdammte Finsternis geht mir tierisch auf den Sack.“ Er lenkte das Gefährt in Richtung der gestrandeten Dornier.
„Glaubst du, wir kommen mit dem Ding überhaupt noch von hier weg?“ Robert Steele versuchte , diesen Gedanken ständig zu verdrängen. Doch wie ein lästiger Korken kam er in regelmäßigen Abständen zurück an die Oberfl ä che.
„Wenn das Flugzeug nicht völlig demoliert ist, dürfte es kein Problem sein“, lautete Wilsons Antwort. „Was machst du dir überhaupt Sorgen, ve r flucht? Willst du etwa schon heim zu Mama?“
Steele hasste es, wenn Tom Wilson ihn auf diese Weise aufs Korn nahm. Von Natur aus war er eher der nervöse Typ. Manchmal fragte er sich, aus welchem Grund er überhaupt zum Militär gegangen und danach der Spezia l einheit der LOGE beigetreten war. Seine eigene Erklärung lautete, dass er sich damit etwas beweisen wollte. Er wollte sich zeigen, dass er kein Angsth a se war. Extremsituationen besaßen dieselbe Wirkung wie für andere Drogen. Sie versetzten ihn in eine Art Rausch. Sie gaben ihm jedes Mal aufs Neue die Chance, seinen Mut unter Beweis zu stellen. Ein alter Kumpel hatte ihn scherzhaft als Masochisten bezeichnet. Nur Masos würden sich mit so etwas herumquälen. Wahrscheinlich hatte er damit nicht einmal u n recht. Vielleicht besaß Steele tatsächlich den Hang zum Masochismus. Manchmal klang das recht plausibel. Aus welchem anderen Grund hätte er sich sonst an dieser Unternehmung beteiligt? „Die paar Tage
Weitere Kostenlose Bücher