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Korsar und Kavalier

Titel: Korsar und Kavalier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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Hosenbund des Mannes steckte.
    Mit weit aufgerissenen Augen sah er zu, wie der Mann seinen Rock richtete und dann den Gasthof betrat. Lukie hatte das dringende Gefühl, dass er die Leute lauthals warnen sollte, wusste aber irgendwie, dass es nicht besonders klug wäre, wenn er ein großes Geschrei veranstaltete. Nein, da war es besser, still abzuwarten und sich bereitzuhalten, für den Fall, dass er gebraucht wurde.
    Außerdem würde Gentleman Jack mit dem Kerl nötigenfalls schon fertig werden. Niemand war größer, schneller oder waghalsiger als er. Niemand konnte so mit dem Degen umgehen wie Jack. Beruhigt führte Lukie das Pferd des Gentlemans in den Stall.
    Reeves trat derweil durch die Tür in die Schenke. Wenn er gehofft hatte, sich still hereinschleichen zu können, so wurde er enttäuscht. Die krakeelenden Gäste stellten abrupt sämtliche Gespräche ein und betrachteten ihn mit unfreundlichen Blicken.
    Unter dem Rock tastete Reeves nach der Pistole, und das kalte Metall schmiegte sich beruhigend in seine Hand. Gewalt lag ihm nicht, doch es war dumm, sich nicht zu wappnen. „Verzeihung“, sagte er ruhig. „Mein Name ist Reeves, und ich suche nach einem Gentleman.“
    Eines der Barmädchen kicherte. „Da haben Sie sich den falschen Ort rausgesucht, Schätzchen, Gentlemen haben wir hier nicht.“
    Das rief großes Gelächter hervor und ein oder zwei gutmütige Proteste. Reeves wartete ab, bis sich der Aufruhr legte, und nutzte das allgemeine Gewühl, um sich umzusehen.
    Das „New Inn“ war keineswegs neu, wie es sein Name nahegelegt hätte, sondern bereits mehrere Jahrhunderte alt. Die niedrigen Holzdecken waren rußig von den vielen rauchigen Abenden. Steine von der Felsküste umrahmten den riesigen Kamin, in dem ein ganzer Stapel Holz loderte. Am Boden hatte der Zahn der Zeit besonders genagt: Vor dem Tresen war er schon ausgetreten von all den durstigen Gästen, die dort um eine Erfrischung angestanden hatten. Auf einer Seite verschwand eine schmale Treppe nach oben.
    Die Gäste sahen aus wie Landarbeiter und Tagelöhner, hier und da saß eine zwielichtige Gestalt dazwischen. Reeves wartete, bis das Gelächter verklungen war, ehe er seine Frage ein wenig konkretisierte. „Ich suche nach einem bestimmten Herrn, nach einem gewissen Christian Llevanth.“
    Darauf erhielt er keine Antwort, nur ausdruckslose Blicke und Schulterzucken. Zwei Männer an der Tür - ein kleiner, schlanker Bursche mit merkwürdig rundem Gesicht und schmalen Augen und ein rothaariger Riese mit grimmiger Miene - schienen ihm seine Anwesenheit besonders übel zu nehmen.
    Reeves räusperte sich. „Wenn Christian Llevanth nicht da ist, könnte ich mich dann nach Gentleman Jack erkundigen?“ Wieder war der Schankraum von kaltem, angespanntem Schweigen erfüllt.
    Ein Mann mit braunem Haar und dickem Hals starrte Reeves erbost an. „Sie sind nich’ zufällig ’n Konstabler, was?“
    „Nein, ich will ihm nichts Böses.“
    Der Mann lachte, doch seine Augen blickten kalt. „Das behaupten sie alle.“
    Sein Gefährte, ein schwarzhaariger Kerl mit Augenklappe, grinste verbissen. „Ich wär vorsichtig, wen ich ausfrage. Manche nehmen es vielleicht übel, wenn man ihnen unterstellt, sie würden sich mit ’nem allseits bekannten Straßenkehrer rumtreiben.“
    „Ich will niemanden hier beleidigen, aber ich habe Nachricht vom Vater des Gentlemans.“
    Dies rief erneut Unruhe hervor. Der rothaarige Riese hievte sich auf die Füße, und sofort trat Stille ein. „Ich denke, Sie sollten jetzt lieber gehen. Wir wollen hier keine Fremden.“ „Ich muss Christian Llevanth finden. Wenn Sie ihm zufällig begegnen sollten, würden Sie ihm bitte ausrichten, dass ich für ihn eine Nachricht von seinem Vater habe?“
    „Nein“, erklärte der Riese und reckte störrisch das Kinn. „Ich richt ihm gar nix von Ihnen aus, Sie aufgeblasener ...“ „Willie!“, ertönte eine männliche Stimme von der Treppe. „Halt die Klappe.“
    Reeves wandte sich um, während der Gentleman die Treppe herunterkam. Auch wenn er so groß wie sein Bruder war, war Christian nicht so raumgreifend, da er schlanker und eleganter gebaut war. Seine Kleidung war von guter Qualität. Der Umhang glänzte, wie es nur feinste Wolle vermochte. Seine Breeches saßen hervorragend, und das Hemd kündete von feinstem spanischen Leinen. Der eng anliegende Schnitt seines Gehrocks verriet den französischen Ursprung. Doch alles, was er trug, selbst sein Krawattentuch, war ebenso

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