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Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schande ist es, dachte er dabei, aber sie wachsen einmal nach. Und das ist ein Trost. So vieles auf der Welt ist endgültig, nur die Haare wachsen immer wieder nach. Ein Rätsel, wo sie herkommen. Ein Kopf ist doch nicht voller Erde, damit das Haar wachsen kann wie Gras auf einer Wiese …
    Er schnitt weiter an den blonden Haaren herum, stutzte sie, bis man glauben konnte, es sei ein Jungenkopf, und Marina Alexandrowna hielt merkwürdigerweise ganz still. Sie hockte in dem Gartengraben, umlodert von den letzten Feuern ihres verbrennenden Dorfes, und nur ihre Augen sprachen mit Muschkow. Sie fragten ihn: Warum läßt du mich leben? Glaubst du wirklich, ich könnte mit euch nach Norden reiten? Ich soll ein Kosak werden, ein Räuber und Brenner, ein Schänder und Dieb, Wegelagerer und Zerstörer? Ich soll deinem Jermak zeigen, wie ich reiten kann? Ich soll einen Jungen spielen? Iwan Matwejewitsch Muschkow, glaubst du, nur Kosaken hätten ihren Stolz?
    »So«, sagte Muschkow, als die Arbeit beendet war. Marina jetzt anzublicken, war für ihn fast eine Qual. Wie verstümmelt sieht sie aus, dachte er. Aber wie würde sie erst aussehen, wenn sie in die Hände meiner Freunde fällt? Er atmete tief auf, wie ein Seufzen war's; dann schüttelte er die letzte blonde Strähne von seinen Fingern. »Welch ein hübscher Junge …« Es klang heiser und nachdenklich. »Wir müssen etwas Ruß in das Gesicht reiben …«
    »Ich wollte schon immer ein Junge sein«, erwiderte Marina und fuhr sich mit beiden Händen durch das gestutzte Haar. »Ein Junge darf so vieles.«
    »Zum Teufel, fang nicht an und werde es tatsächlich!« sagte Iwan. »Vielleicht wird alles anders, wenn wir erst bei diesem Semjon Stroganow sind.«
    Sie warteten noch eine Weile, krochen herum und suchten unter den vielen Dingen, die die Kosaken aus den Schränken und Truhen gerissen und aus den Häusern geschleppt hatten: einen Männeranzug, Stiefel und eine speckige Kulakenmütze.
    »Zieh dich um!« sagte Muschkow, als sie alles beisammen hatten.
    Marina rührte sich nicht. Mit der Kleidung auf den Armen stand sie an einer Stallwand, die das Feuer überdauert hatte, weil sie aus massivem Flußstein gebaut worden war.
    »Hier? Vor dir?«
    »Wenn du versprichst, nicht wegzulaufen, drehe ich mich um!«
    Ich habe kein Hirn mehr, dachte Muschkow, über sich selbst erschrocken. Ein Kosak, der wegsieht, wenn sich ein Mädchen auszieht, der muß erst noch geboren werden! Nein – plötzlich gibt es ihn! Und der Kretin heißt Iwan Matwejewitsch Muschkow! Satan in der Hölle, was ist bloß los mit mir …
    Er drehte sich tatsächlich um, steckte die linke Hand in den Mund und kaute verzweifelt an seinen Fingernägeln. So kann es nicht weitergehen, dachte er. Ich werde sie einmal kräftig durchprügeln müssen, um mein Selbstbewußtsein zu stärken. Sie macht eine Maus aus mir, aber sie soll wissen, daß ich ein Bär bin!
    »Fertig?« fragte er rauh.
    »Noch nicht! Die Stiefel sind zu groß … Man kann in ihnen schwimmen, aber nicht reiten.«
    »Wir haben keine Zeit, sie nach Maß machen zu lassen!« knirschte Muschkow. »Wie geht es sonst mit den Sachen?«
    »Sieh es dir an.«
    Er fuhr herum und stand einem dreckigen Kulakenjungen gegenüber. Die Mütze auf dem Kopf war das einzige, was halbwegs paßte, aber der Anzug war zu weit und zu groß, und die Hose steckte in Stiefeln, die irgendeinem Riesen gehört haben mußten. Es sah lächerlich aus, und trotzdem klopfte Muschkow das Herz bis unters Kinn. So nehme ich sie mit, durchfuhr es ihn glühend. So wird niemand erkennen, was daruntersteckt. So und nicht anders wird sie mit uns reiten – ein fades schmales Bürschchen, das erst zum Kosaken heranwachsen muß. Selbst Jermak wird lachen, und wenn er lacht, so heißt das Leben oder Tod … Auf den Klang dieses Lachens kommt es an!
    »Du bleibst so«, sagte er laut. »Und wenn ich dich nachher in den Hintern trete – nicht zu fest, aber doch so, daß man es sieht –, dann wundere dich nicht! Man ist es gewöhnt, daß ich einen Gefangenen mit der Peitsche vor mir hertreibe, aber nicht Arm in Arm mit ihm daherkomme.«
    »So einer also bist du?« fragte sie und rückte die Mütze tiefer in die Stirn. »Mit Peitschen gegen die Gefangenen? Du wirst wenig Freude an mir haben, Iwan Matwejewitsch!«
    »Gehen wir!« sagte Muschkow laut.
    »Und wann läßt du mich wieder frei?«
    »Bei einer guten Gelegenheit.«
    Sie sah ihn von neuem mit ihren großen Augen an, und er blickte zu Boden

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