Kosaken Liebe
und nannte sich einen Windpisser, daß er dieses Mädchen nicht einfach überwältigt und dann weggeworfen hatte, wie so oft, von der Wolga bis zum Kaspischen Meer. »Glotz nicht so!« brüllte er plötzlich unbeherrscht.
»Wie du willst.« Sie hob die schmalen Schultern unter dem viel zu weiten Anzug. »Dann sehe ich dich überhaupt nicht mehr an.«
Sie ging voraus, und der Feuerschein umloderte ihre Gestalt, um die der Anzug schlotterte – eine rührend zarte Gestalt, die in den großen Stiefeln steckte wie eine einsame Blume in einer Vase.
Was habe ich mir da auf den Hals geladen, dachte Muschkow und trabte hinterher. War das nötig, Iwan Matwejewitsch? Es wird – verdammt sei alles! – doch noch darauf hinauskommen, daß ich sie schände und dann wegjage! Ich bin ein freier Kosak! Hoho, ein freier …
»Jetzt kommt der erste Tritt, Marina«, sagte er dicht hinter ihr. »Verzeih, aber es muß sein. Die ersten Kameraden sehen zu uns hin.«
Er blieb einen Schritt zurück und trat zu. Er dämpfte die Wucht, so gut er konnte, aber sie reichte noch aus, um Marina hinfallen zu lassen. Sie blieb einen Augenblick liegen. Muschows Herz blieb beinahe stehen, und er dachte: Ich habe ihr das Kreuz entzweigetreten. Aber dann rappelte sie sich auf und stand wieder in ihren Riesenstiefeln.
»Darüber sprechen wir noch!« zischte sie über die Schulter hinweg.
Muschkow nickte. Gut, gut, dachte er, reden wir darüber. Gelobt sei Jesus Christus, sie lebt! Nun geh weiter, Marinuschka … Mit den nächsten Tritten will ich dich streicheln …
Es war genauso, wie Iwan Matwejewitsch Muschkow es erwartet hatte: Jermak lachte über das Bürschchen, das so gern ein Kosak werden wollte, und die Kosaken lachten mit. Sie umringten Muschkow und seinen Fang, brüllten über die riesigen Stiefel, in denen ein so kleiner Kerl steckte, und nur, weil es noch ein Junge war, stimmte man nicht darüber ab, ob man ihn ins Wasser oder zurück in die Glut des verbrannten Dorfes werfen sollte.
»Zum Kosaken muß man geboren sein!« rief Jermak, gut gelaunt, und stieß seinen Freund in die Rippen. »Ein Kosak kann man nicht werden!«
»Ich kann reiten wie ihr!« sagte Marina. Ihre helle Stimme konnte gut eine Jungenstimme sein. »Mein Vater war Reiter beim Zaren!«
»Und wo ist dein Väterchen jetzt?« brüllte Kolka, einer der Unterführer des Haufens.
»Ich weiß es nicht.«
»Er sitzt am Fluß und macht sich vor Angst in die Hosen!« schrie Muschkow, um auch etwas beizutragen und um alles echter zu machen. »Los, holt ein Pferd! Er soll uns zeigen, was er von seinem Vater gelernt hat. Reiter beim Zaren! Welch ein Spaß, Brüder! Wir werden sehen, wie ein Bock auf einem Esel reitet!«
Jermak pfiff und winkte. Aus der Schar der wartenden Pferde brachte man einen Gaul und stellte ihn vor Marina auf. Die Kosaken lachten immer noch und stießen sich an. Man hat ihm Ljuba gebracht, Jermaks Pferd! Wenn die Stute etwas anderes spürt als die festen Schenkel ihres Herrn, wird sie tückisch wie das Frühjahrseis. Dann ist's, als krachten bei ihr alle Knochen …
»Steig auf!« grölte Muschkow bewußt grob und gab Marina einen sanften Tritt. Sie fiel mit dem Gesicht gegen Ljuba, und die Kosaken brüllten begeistert. O je, dachte Muschkow, das war nur ein Windhauch von Tritt, und trotzdem flog sie fast in den Sattel. Wie soll man sie bloß anfassen, ohne sie zu verletzen? Wie nimmt man ein zartes Vögelchen in die Hand? Er hatte es noch nie versucht, wo seine Hand bisher im Spiele war, hatte sie alles nur zerschlagen …
Marina zog sich in den Sattel. Das war noch nicht schwer, viel schwerer war es, die Stiefel dabei anzubehalten. Sie machte die Füße krumm und behielt die Ungetüme so an den Beinen.
Jermak schob das Kinn vor. Jetzt mußte Ljuba wild werden! Zuerst stieg sie hinten hoch, dann vorn, und wer das überstand, der konnte erleben, wie sie sich mit allen vieren hoch in die Luft schleuderte. Noch keiner war auf ihr sitzen geblieben, selbst Muschkow nicht, und der war ein Reiter, unter dem jedes Pferd seinen eigenen Willen verlor. Nur Ljuba nicht!
Marina saß im Sattel und blickte sich um. Die Kosaken starrten zu ihr hinauf, und plötzlich war es ganz still in der riesigen Runde. Muschkow allein schnaufte hörbar durch die Nase.
»Was soll ich jetzt tun?« fragte Marina zu Jermak hinunter, der sein Pferd nicht mehr verstand. Ljuba rührte sich nicht, sie wackelte nur mit den Ohren. »Wer gibt mir eine Lanze und hält ein Stück
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