Kosakensklavin
gepolsterten Sitz, denn das Gefährt schlingerte bei der hohen Geschwindigkeit auf dem holprigen Weg und schleuderte die Insassen hin und her. Gepäckstücke lösten sich vom Kutschendach und fielen herab. Auch Sergej hatte jetzt den Kutschenschlag geöffnet und sich nach draußen gebeugt. Sonja war von ihrem Sitz gegen die Seitenwand geworfen worden, und mühte sich jetzt auf den Sitz zu klettern, um aus dem erhöhten Rückfenster hinaussehen zu können. Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern erstarren.
Eine Rotte dunkelgekleideter, bärtiger Reiter stürmte hinter der Kutsche her und hatte sie fast schon erreicht. Sie sah die lachenden Gesichter der Kosaken, ihre blitzenden Zähne, die gezogenen kurzen Säbel, die sie in den Händen schwangen, und sie sank entsetzt auf den Sitz zurück. Schüsse knallten -Baranow versuchte die reitenden Feinde zu treffen, doch gleich darauf erschütterte ein Schlag die Kutsche - einer der Kosaken war in vollem Galopp vom Rücken seines Pferdes auf das Kutschendach gesprungen. Schreie waren zu hören, die Kutsche schlingerte, verlangsamte ihre Fahrt, blieb stehen und ein wildes Handgemenge begann zu beiden Seiten des Wagens. Sonja sah, wie sich ihr Bruder, der inzwischen mit Baranow rausgesprungen war, gegen mehrere Männer verteidigte, dann drang ein grinsender Kosak in das Innere der Kutsche ein, packte sie grob am Arm und zerrte sie aus dem Wagen.
„Was für ein hübsches Jüngelchen haben wir denn da?“, höhnte er und riss ihr die Jacke herunter. „Her mit den feinen Kleidern, sollst ohne Hemd laufen, Bursche, und meinen Kantschu auf dem Rücken spüren.“
Sonja wehrte sich mit der Kraft der Verzweiflung, als er ihr die Weste vom Körper reißen wollte, doch ihr Angreifer lachte nur und schien seinen Spaß dabei zu haben. Die Knöpfe sprangen auf, gleich darauf hielt er das Kleidungsstück in der Faust und griff nach der weiten seidenen Bluse. Sie trat mit den Füßen, spürte, wie der Stoff an der Schulter riss, und sah sich verloren. Doch unerwartet ließ der wilde Kerl von ihr ab.
„Die Soldaten! Auf die Pferde!“
Jemand packte sie um die Taille und hob sie auf ein Pferd, hielt sie mit eisernem Griff, so sehr sie auch zappelte und um sich trat. Dann ging es in wildem Ritt mitten durch den wirbelnden Staub in die Steppe hinein.
„Halt still, wenn dir dein Leben lieb ist“, brüllte der Kosak ihr ins Ohr, und sie spürte eine Messerklinge an ihrer Kehle.
Ein Blitz fuhr über den schwarzen Himmel, der Donner krachte ohrenbetäubend direkt über ihnen, und die ersten dicken Regentropfen klatschten ihr ins Gesicht.
Kapitel 5
Mühelos trug das kleine drahtige Kosakenpferd seine beiden Reiter durch das tosende Unwetter. Das Tier schien nur aus Muskeln und Sehnen zu bestehen, seine Hufe hämmerten mit rasendem Tempo auf dem ausgetrockneten Boden, und Sonja spürte die Bewegung des Tieres unter sich wie harte Vibrationen. Immer noch hielt der Mann den Arm mit eisernem Griff um ihre Taille, sie konnte seinen Bart an ihrer Wange spüren, wenn er sich nach vorn neigte, und sie dachte voller Entsetzen daran, was geschähe, wenn sie jetzt ihre Perücke verlöre. Aber da sie das Teil mit Nadeln gut an ihrem Haar festgesteckt hatte, hielt es vorläufig Wind und Wetter stand. Als jedoch der Regen stärker wurde und sie völlig durchnässte, begann sie vor Furcht zu zittern. Sie war verloren - früher oder später würde man erkennen, dass sie unter der Bluse ein Korsett trug und dann - oh Gott! Seit der vergangenen Nacht wusste sie, dass man einer Frau Schlimmeres antun konnte, als ihr das Leben zu nehmen.
Das Gewitter verzog sich so rasch, wie es gekommen war. Bald ließ der Regen nach, der Himmel klärte sich auf, und erste zaghafte Sonnenstrahlen ließen die Wassertropfen an Gräsern und Birkenzweigen glitzern. Das Pferd fiel in einen raschen Trab, und sie war gezwungen, den Reitbewegungen ihres Entführers zu folgen. Das nasse Tier dampfte in der Sonne. Sie verspürte erbebend den Geruch des Mannes, der sie umklammert hielt. Er stank nach Schweiß und Wodka, nach Schmutz und Leder und nach irgendeinem widerlichen, billigen Tabak.
„Jetzt hast du einen Kosakenritt erlebt, Kleiner“, bru mm te er ihr ins Ohr. „Das ist was anderes als auf einem englischen Reitpferd, was? Du wirst noch mehr davon bekommen, mein Söhnchen. Mehr, als dir lieb ist!“
Er lachte dröhnend auf, und Sonja erbebte. Was hatte er mit dieser Andeutung gemeint?
„Ich bin der Sohn
Weitere Kostenlose Bücher