Kosakensklavin
bebender Stimme. „Das ist unsere Stute, Andrej!“
Andrej schwieg. Alles, was in dieser Nacht geschehen war, schien ihm Fantasie und Traum gewesen zu sein. Er fasste Sonjas Hand, als müsste er ihre Wärme spüren, um zu wissen, dass er sich in der Wirklichkeit befand.
Potjomkin war hinter sie getreten und legte jetzt sowohl Sonja als auch Andrej eine Hand auf die Schulter.
„Ich gehe jetzt wieder hinauf, sie erwartet mich“, murmelte er. „Ich wünsche Euch beiden alles Glück dieser Erde.“
Ein Lakai riss den Kutschenschlag auf und im flackernden Licht erblickten sie darin Bogdan, der im Wagen auf sie gewartet hatte.
Eine Gruppe Soldaten geleitete die Kutsche durch die nächtliche Stadt, sorgte für rasches Durchkommen, es gab keinen Aufenthalt, bis sie die Stadtgrenze erreicht hatten. Dort wendeten die Bewacher ihre Pferde, grüßten die Insassen der Kutsche zum Abschied und entließen sie in die Dunkelheit der weiten Ebene.
Schweigend saßen sie dicht beieinander. Sonja spürte Andrejs Hand, die sie nicht loslassen wollte. Noch zitterte die Erinnerung an das, was im Schlafgemach der Zarin geschehen war, in ihr nach, und sie spürte Wonne und Scham zugleich. Dann glitt ihr Blick zu dem großen, grauhaarigen Mann hinüber, der neben Andrej in den Polstern saß, und sie bemerkte, dass er sie mit schwarzen Augen wohlwollend musterte.
„Du hast eine gute Wahl getroffen, Andrej“, sagte Bogdan lächelnd zu seinem Sohn. „Deine Braut ist schön. Wir werden Kosakenhochzeit feiern, so wie es bei uns der Brauch ist.“
Andrej presste Sonjas Hände.
„Das werden wir, Vater.“
„Ich habe den Friedensvertrag unterzeichnet“, berichtete Bogdan. Du hast gut verhandelt, mein Sohn. Die Zarin wird die Rebellion vergessen und ein neues Bündnis mit uns schließen.“
Sonja sah, wie Andrejs Gesicht starr wurde, und sie schmunzelte. Oh ja, er hatte gut verhandelt, ihr feuriger Andrej. Er hatte die Zarin vollkommen überzeugt -allerdings nicht im Konferenzzimmer, sondern im Schlafraum. Aber was zählte das schon? Es war Friede.
Eine schlanke Mondsichel war aufgestiegen und erhellte jetzt den Weg. Andrej ließ den Kutscher anhalten. Millionen kleiner Sterne standen über ihnen am schwarzen Nachthimmel.
Die Stute war der Kutsche gefolgt, drängte jetzt den Kopf an das Fenster und schnaubte. Andrej stieg aus und streichelte ihren glatten Hals, fuhr zärtlich mit der Hand über die weichen Nüstern.
„Wo möchtest du sitzen?“
„Vor dir“, sagte Sonja.
Er half ihr beim Aufsteigen und schwang sich hinter ihr in den Sattel. Das Tier tänzelte, wartete auf seinen Schenkeldruck und sprengte dann feurig in die Nacht hinaus. Sonja spürte Andrejs Arme, die Wärme seines starken Körpers, und sie schmiegte sich an ihn.
„Was auch in dieser Nacht gewesen ist, Sonja“, sagte er ihr ins Ohr. „Ich schwöre dir, dass du die einzige Frau bist, die ich liebe, und die ich niemals von mir lassen werde.“
Er küsste ihren Nacken und löste ihr Haar mit geschickten Fingern.
„Ich bin fast gestorben vor Lust“, gestand sie und spürte seinen festen, ärgerlichen Griff um ihre Taille. „Ach Andrej - wir werden unsere Liebe noch auf tausenderlei Arten feiern.“
Sie schmiegte sich in seine Arme und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, während die Stute unter ihnen dahintrabte.
„Erst wirst du meine Frau werden, Sonja“, gab er ernst zurück. „So wie ich es meiner Mutter gelobt habe, als wir an ihrem Grab standen. Erinnerst du dich an das verfallene Haus auf der Insel?“
Sie begriff. Das war es, was Tanja ihr nicht hatte sagen wollen. Nun hatte er es selbst getan. Zärtlich fasste sie seine Hände, die die Zügel führten und hielt sie fest.
„Du gehörst mir“, flüsterte er. „Meine süße Sklavin und meine kluge Herrin, meine zärtliche Braut und meine schamlose Teufelin. Niemals wirst du die Freiheit wieder erlangen - so lange ich lebe.“
Unter dem dunklen Himmel, der sich wie eine samtige, sternenbesetzte Kuppel über ihnen wölbte, trug die Stute ihre beiden Reiter in die weite Ebene hinaus.
ENDE
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