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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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das erinnert mich an den Fund aus dem Polizeilabor: die Gräser und Disteln an der Harley-Davidson, die Perandonakos für die drei ersten Morde benutzt hatte. Ein weiterer Beweis, daß er Kommatas besucht hat und Kommatas derjenige ist, den ich suche.
      Die Tür steht halb offen. Ich stoße sie auf und trete ein. Das kleine Zimmer wirkt riesig, da es nur ganz wenige Möbel enthält. In der Ecke ganz hinten kann ich ein Sofa erkennen. Ein Stück weiter steht der klassische Klapptisch der Armseligen, darauf eine elektrische Herdplatte, ein Kochtopf und ein Schnabelkännchen für den Kaffee. Zwei Teller und zwei Gläser stehen oben auf dem Regal. An der gegenüberliegenden Wand sehe ich unter dem einzigen Fensterchen ein Waschbecken und daneben eine Truhe, auf der ein paar Kleidungsstücke liegen. Das ist alles. Und einen Mann unbestimmbaren Greisenalters in der Mitte des Raums, der in einem ramponierten Rollstuhl sitzt. Auf seinen Knien hält er ein Transistorradio von der Sorte, wie sie in den sechziger Jahren modern waren. Er hat keine Haare, nur an den Schläfen sind ein paar einzelne, vergessene Strähnen übriggeblieben. Im Halbdunkel kann ich nicht erkennen, ob er einen Bart trägt, und seine Augen sind so wäßrig, daß man nur mit Mühe das Weiße von der Iris unterscheiden kann.
      »Bist du Sachos Kommatas?« frage ich ihn.
      »Und wer bist du?«
      »Kommissar Charitos. Wir haben am Telefon miteinander gesprochen.« Dann verstumme ich und warte auf seine Reaktion.
      Er lacht auf, doch kein Ton ist zu hören. »Ja, du warst es, der geglaubt hat, ich würde warme Brüder umlegen. Nun, jetzt lernen wir uns persönlich kennen«, sagt er nur. Dann macht er eine Handbewegung nach hinten. »Dort steht ein Stuhl. Hol ihn dir und nimm Platz.«
      Ich stelle den Stuhl an seine Seite. »Warum hast du das getan?« frage ich ohne Umschweife. Einleitende Floskeln sind hier nicht nötig. »Warum hast du Perandonakos angestiftet, vier Menschen umzubringen? Warum wolltest du die Werbespots unterbinden?«
      Kann sein, daß er mich anschaut, aber sein Blick ist trübe und verliert sich im Dunkeln. »Diese Welt läuft aus dem Ruder«, sagt er in demselben ruhigen Tonfall. »Du bist Kommissar, du mußt es spüren.«
      »Nein, das spüre ich nicht. Was läuft aus dem Ruder?«
      Er lacht auf, und ich zähle drei Zähne unten und zwei oben. »Die Welt ist wie das Zifferblatt einer Uhr, deren Mitte die Zwölf ist und deren Zeiger sich von fünf vor zwölf bis fünf nach zwölf bewegen - von Mitte links bis Mitte rechts. Das übrige Zifferblatt haben wir den Arabern, den Zuwanderern und den Schwarzen überlassen.«
      »Nehmen wir mal an, das stimmt. Hätte sich durch Perandonakos' Morde daran etwas ändern können? Die er mit der Luger-Pistole aus Kalavryta begangen hat? Von dort ist dir die Waffe geblieben, nicht wahr? Aus Kalavryta.«
      Er antwortet nicht direkt. »Schöne Zeiten waren das«, meint er nostalgisch. »Damals wußten wir, was wir wollten und worauf wir uns verlassen konnten. Wir und auch die anderen.«
      Bei mir verstärkt sich der Eindruck, daß sich bei ihm in den Jahren im Irrenhaus ein paar Schrauben gelockert haben. Er scheint meine Gedanken zu erraten und lacht auf: »Du weißt, daß ich fünfzig Jahre auf Leros war?«
      »Ich weiß.«
      »Und du meinst, daß ich am Schluß auch verrückt geworden bin. Das ist es doch, was du glaubst? Du irrst dich. Würden wir die Kalavryta-Methode auch auf die Albaner, die Araber und auf diese ganze Hundemeute von Einwanderern anwenden, weißt du, wie viele uns heute zujubeln würden?«
      »Du hast aber keine Einwanderer umgebracht, sondern Leute aus der Werbebranche.«
      Er schüttelt ergeben den Kopf. »Bei der Polizei wird euch gar nichts mehr beigebracht. Nichts, nicht mal eine Stecknadel oder eine Unterhose verkauft sich heutzutage ohne Werbung. Die Werbung ist in unserem Dasein der Großaktionär. Unterhöhle die Werbeindustrie, und ganze Unternehmen und die Fernsehsender brechen zusammen, die Menschen verlieren ihre Arbeit und stehen auf der Straße. Dann beginnen alle, nach einem starken Mann zu rufen, der Recht und Ordnung wiederherstellen soll: Geld für die wenigen und Brot für die vielen. Das war mein Plan, aber diese Mistkerle haben ihn mir versaut, weil sie, statt an meiner Seite zu kämpfen, die Fähre entführt und die Geiseln genommen haben. Purer Unsinn! Nur Lefteris hat an mich geglaubt. Alle anderen hattet ihr

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