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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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erstochen worden ist.«
    »Gut zu wissen«, knurrte Pilar und ließ das Stövchen auf den Tisch knallen. Sie stand auf, ging um Richard herum und bückte sich nach der größten Tellerscherbe.
    »Es sei denn …«
    Sie schaute auf.
    Er ließ die Olivenölflasche über der Salatschüssel kreisen. »Es sei denn, du hättest es vorsätzlich getan. Damit der Täter sich bedienen kann.«
    »Dass du auf diese Idee kommst!«, fauchte sie und schleuderte die Scherbe zu Boden, dass sie splitterte. »Du – du, Jurist!«
    Er nahm die Flasche mit dem roten Balsamico und ließ sie ebenso kreisen wie das Öl. »Das meine ich rein theoretisch. Falls du die Frau nicht ausstehen konntest, wäre es denkbar. Aber das würde ja niemand ernsthaft behaupten.«
    Pilar stöhnte auf. »Mindestens dreißig Leute haben zugehört, als Freddy genau das gesagt hat.«
    Jetzt stöhnte Richard auf. Er drehte die Pfeffermühle über der Schüssel. »Du hast diesen Dummkopf zur Premiere eingeladen?«
    »Richy, normalerweise sitzt er da, ist begeistert und klatscht von allen am längsten. Er ist mein Lieblingszuschauer.«
    »Ist er noch Privatdetektiv, oder hat er Pleite gemacht?«
    »An seinem Haus am Kurfürstenplatz hängt noch das Schild.«
    »Sagt sein Instinkt ihm wenigstens, wer der Mörder ist?« Der Salat war schon ganz braun vom Pfeffer.
    »Wieso Instinkt?«
    »Verstand hat er offensichtlich nicht.«
    »Hör auf zu pfeffern!«
    »Nur wenn du die Scherben aufhebst.«
    Pilar beugte sich wieder zum Boden hinunter.
    Richard stellte die Holzmühle ab und griff nach dem Salzfass. »Glaubst du mir jetzt endlich, dass er eine Pfeife ist?«
    Pilar warf die größeren Porzellanstücke in den Abfalleimer und holte Kehrblech und Handfeger unter der Spüle hervor, um die kleineren Scherben und Splitter aufzufegen. Ihr war nicht danach, ihren alten Freund zu verteidigen.
    »Es ist einfach, ihn zu verachten, wenn man immer alles geschafft hat«, murmelte sie halbherzig.
    In der Diele sprang die Haustür auf.
    »Bäh! Pfui! Ist ja ekelhaft!« Die tiefe Stimme ihres Jüngsten, Lukas, nun auch schon achtzehn Jahre alt.
    Pilar drehte sich um und blickte auf seinen schwarzen Lederjackenrücken und die wirren Locken über dem Kragen. Er stand in der offenen Tür und schleuderte seinen rechten Schuh hinaus ins Dunkel des Gartens.
    »Könnt ihr mal für bessere Beleuchtung sorgen? Ich bin da voll rein!«
    »Worein?«, fragte Pilar.
    »Wie kommt die Scheiße auf die Matte? Sind die Kater krank? Ich dreh denen den Hals um! Das waren meine besten Schuhe!«
    Pilar ging zur Haustür, während ihr Sohn weiterfluchte. Sie sah es sofort: zwei braune Haufen auf der Fußmatte.
    »Ih, sind die groß«, entfuhr es ihr. »Die passen nicht durch einen Katzenhintern.«
    »Hat mein Bruder es nicht bis zum Klo geschafft?«
    Pilar schnupperte. »Lukas, das ist Hundekacke. Von zwei verschiedenen Hunden. Ungefähr Schäferhundgröße.«
    »Meinst du, die hätten sich hier hingehockt? Gleich zwei? Muss aber eng geworden sein auf der Matte.«
    »Die Haufen hat jemand vor die Tür gelegt«, sagte Pilar düster. Sie beschlich eine leise Ahnung, was der Grund dafür war.
    »Ein Kinderscherz«, ertönte es aus der Küche. »Wirf die Matte in die Mülltonne, und der Fall ist erledigt.«
    »Kinderscherz, um diese Zeit?«, rief Pilar. »Seit mindestens fünf Stunden ist es dunkel!«
    »Unerzogene Jugendliche meinetwegen«, sagte Richard. »Könnten wir jetzt endlich essen?«
    »Natürlich Jugendliche «, knurrte Lukas. »Daran denkt ihr Spießer zuerst.«
    Richard brummte etwas, das nicht zu verstehen war, weil Lukas’ zweiter Schuh gegen die antike Truhe krachte – er hatte ihn quer durch die Diele geschleudert.
    Pilar kehrte schweigend die restlichen Porzellansplitter auf. Für Diskussionen mit einem schlecht gelaunten Achtzehnjährigen fühlte sie sich nicht stark genug. Auch war ihr im Moment nicht danach, die Vermutung zu äußern, dass die Hundescheiße ihr persönlich galt. Sie wollte nur noch ins Bett. Morgen, am Sonntag, würde sie sich mit einem Buch unter der Wolldecke auf dem Sofa einigeln, heißen Tee trinken und Musik hören. Und am Montag wäre der ganze Alptraum schon ein Stück Vergangenheit.

AM TAG DANACH
    Liebe Nadja,
    als ich ihn heute in der Schutzhütte traf, hat der Esel gebeichtet: Die Hausnummer der Tante hatte er vergessen und das Haus nicht gefunden! So sind sie in dem Alter, sie hören nie zu. Ich hätte es wissen müssen. Erstaunlich, dass er wenigstens an die

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