Kottenforst
neustes Hobby. Irgendwie muss man ja die langen Winterabende rumkriegen. Schönen Tag noch.« Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen.
Er sah ihr nach, wie sie mit großen Schritten den Saal durchquerte und durch die Tür verschwand. Inzwischen standen Rita und Frau Fischmann in der Mitte des Saales, und zu seinem Erstaunen traten Marvin und Vivian gerade ein und wollten offensichtlich helfen.
Freddy hatte sich vorgenommen, während des Aufräumens darauf zu achten, ob ihm nicht irgendeine Kleinigkeit auffiele, die mit dem Mord in Zusammenhang stehen könnte. Aber schon während der ersten Minuten wurde ihm klar, dass seine Aufmerksamkeit vollständig vom Auseinanderbauen und Zusammenlegen der schweren Bühnenelemente in Anspruch genommen wurde. Diese schweißtreibende Arbeit erledigte er zusammen mit Rita und Marvin, während Vivian Krepppapier, Klebeband und Pappteile einsammelte und in Mülltüten stopfte. Frau Fischmann verstaute in dem Raum hinter der Bühne Kleidung und Requisiten in den dafür vorgesehenen Kisten. Ab und zu kam sie mit einer vollen Kiste heraus und stellte sie neben die Tür. Ihre Jacke hatte sie abgelegt; sie trug ein schön eng anliegendes Strickkleid.
Trotz seiner eher schlappen Körperhaltung war Marvin erstaunlich stark. Wenn ein Keuchen zu hören war, kam es von Freddy. Auch Rita schien das Stemmen der schweren Teile überhaupt nichts auszumachen. Sie redete währenddessen ununterbrochen über die dreizehn Jahre, die sie hier in Röttgen bereits als Küsterin arbeitete. Niemals sei ihr einer unter die Augen gekommen, dem sie einen Mord zutraue, und sie kenne hier fast jeden. Als sie noch zur katholischen Gemeinde gehört hatte, habe sich mal einer im Beichtstuhl versteckt, der sei watt komisch gewesen, das hätten aber alle überlebt. Evangelisch geworden sei sie wäje däm Dieter , trotz Jebröll on Jeknaatsch in der Familie. Ihre Mutter sei so jäckisch mit ihren zweihundert Heiligen, dass Rita für ihr Leben genug davon hätte, und beichten könnte sie beim Dieter oder beim Härrjott persönlich, wozu also datt janze Jedöns .
Nach gut zwei Stunden waren alle Bühnenteile zusammengelegt und in einen Abstellraum verfrachtet sowie die Stühle aufeinandergestapelt und entlang der Wand aufgestellt. Rita, Marvin und Vivian brachten die Scheinwerfer, Kabel und Boxen in den Keller hinunter, und Freddy trug zusammen mit Frau Fischmann die leichten Möbel, die Pilar als Bühnenausstattung benutzt hatte, in den Klubraum.
Kaum stand der letzte Sessel an seinem Platz, sank Frau Fischmann mit einem Seufzer darauf nieder. Als sie ihre wohlgeformten Beine übereinanderschlug, fasste Freddy den Entschluss, sie zu fragen, ob sie Lust hätte, abends mit ihm essen zu gehen.
»Ich bin völlig erledigt«, rief sie aus, gerade als er den Mund öffnete, um seine Frage vorzubringen. Sein Blick war zu lange an ihren Beinen und dem wippenden Fuß in der Stiefelette hängen geblieben. »Natürlich nicht von den paar Sachen hier«, fuhr sie fort. »Ich war schon vorher müde. Mein Mann arbeitet auswärts für seine Firma, ist ständig unterwegs, und wenn er am Wochenende kommt, gehen wir feiern. Das spüre ich noch nach Tagen.«
»Oh, Sie sind verheiratet«, sagte Freddy. Wieso hatte er gedacht, sie sei solo? Sein Blick glitt zu ihren Händen, an denen mehrere goldene Ringe glänzten, von denen wohl einer der Ehering war.
»Ich habe sogar einen Sohn.«
»Freut mich.« Der Sohn hätte Freddy nicht gestört, aber ein Ehemann, der am Wochenende kam? Lieber nicht.
»Unser Sohn lebt in Kanada, in Québec, wenn Ihnen das was sagt. Er hat dort eine hochinteressante Stelle. Enorm viel Verantwortung. Dieses Jahr feiern wir Weihnachten zu dritt bei ihm.« Sie nahm ihre geräumige Handtasche auf den Schoß und kramte darin. »Wo habe ich nur die Fotos?«
Lassen Sie mal, hätte Freddy gesagt, wenn sich die Sache nicht von selbst erledigt hätte, weil Rita in der Tür auftauchte.
»Fäedisch?« Sie schwenkte ein Schlüsselbund. »Isch moss zohmaache.«
Vorsichtig lenkte Freddy den voll beladenen Van in den Carport der Familie Scholz. Kein leichtes Unterfangen – entweder war der Carport relativ klein oder der Van relativ groß. Frau Fischmann parkte ihren dunkelblauen Opel Corsa direkt vor dem Haus. Sie half Freddy, die zusammengeklappten Kulissen auszuladen und zur Haustür zu tragen.
»Wohin?«, fragte Freddy, als Pilar öffnete.
»In den Keller, hinten durch, vor die Wand. Ich hab schon Licht
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