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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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Bei der Vernehmung von Zeugen hatte er den Eindruck gewonnen, dass die meisten Leute fest an die Richtigkeit ihrer Wahrnehmungen und Erinnerungen glaubten und die Resultate ihrer Schlussfolgerungen sogar als Tatsachen hinstellten.
    »Teil es der Polizei mit, Pilar. Aus solchen Kleinigkeiten kann eine ernst zu nehmende Spur werden. In meiner Referendarzeit hatten wir mal einen Fall, wo –«
    »Nicht schon wieder deine Referendarzeit, bitte«, unterbrach ihn Pilar.
    »… Frauenkleider vermisst wurden. Alle dachten, die Eigentümerin sei nicht ganz bei Trost. Bis jemand eine Frau dabei beobachtete, wie sie ihren Rock hochnahm und im Stehen pinkelte. Ein Mörder übrigens.«
    »Warte.« Pilar ging ins Wohnzimmer.
    Freddy folgte ihr. Ein bisschen Resonanz auf seine Geschichte hatte er schon erwartet. Irgendwas schien Pilar plötzlich eingefallen zu sein. Sie nahm das Telefon von der Ladestation und tippte eine Nummer ein.
    »Was ist los? Wen rufst du an?«
    »Hallo, Rita«, sagte Pilar ins Telefon. »Entschuldige bitte die Störung, ich brauche eine Auskunft.«
    »Kannst du auf laut stellen?«, flüsterte Freddy.
    Pilar drückte die entsprechende Taste.
    »Rita, weißt du, ob irgendwer an meinem Theaterkram gewesen ist, nachdem der Saal wieder freigegeben war?«
    »Däe Saal wor affjeschlosse«, ertönte Ritas behäbiger Singsang.
    »War er die ganze Zeit abgeschlossen? Du hast am Donnerstag den Boden im Flur gewischt, oder?«
    »Wie isch drahn am Putze wor, wore offen. On plötzlisch stonn zwanzisch Leute met Drecksföß vor mir! Isch hab die all erussjeschmisse.«
    »Bitte, was?«
    »Rausjeschmissen hab isch die!«, rief die Küsterin, als wäre Pilar schwerhörig. »Die wollten den Tatort sehen. Sisch schön jruselen wollten die!«
    »Was für Leute? Junge, ältere …?«
    »Alles. Die hann misch jäck jemaat. Hätt net viel jefehlt, on se hätten Souvenirs metjenommen. E Stücksche PVC -Boden oder ehn Been von de Stöhl.«
    »War der Saal sonst immer zu?«
    »Am Sonndaach hann isch däe Saal widde opjeschlosse.«
    »Aufgeschlossen? Warum?«
    »Weil de Jesangbücher do drenne senn, seit datt Rejal en de Kiresch zusammejekraacht es.«
    »Also war der Saal während des Gottesdienstes offen?«
    »Halleve eins wore widde zu.«
    »Kann einer in der Zwischenzeit drin gewesen sein und was weggenommen haben?«
    »Während däm Jottesdienst?« Ritas Stimme schoss in eine hohe Tonlage. »Esu watt jitt et heh net!«
    Freddy wechselte einen Blick mit Pilar. Es war also möglich. Während des Gottesdienstes am Sonntag konnte jemand unbemerkt die Jacke, den Rock und den Hut an sich genommen haben.
    »Ob das heute jemand zurückgebracht hat?«, flüsterte Freddy Pilar zu.
    »Rita, wie war das heute Morgen«, hörte er Pilar in sanftem Ton fortfahren, »bevor Freddy und Frau Fischmann kamen? War da jemand im Saal?«
    »Zuerst de Frau Dreisam. Wenn die krankjeschrieben es, kannste disch vür der net retten.«
    »Was wollte die?«
    »Vezälle wollt se. Datt se beim Pfarrer wor, weil se watt helfen well, datt se neue Hobbys hätt on widde reiten well, als wie se jung wor … Die hätt doch de Pann kapott –«
    »Sonst noch jemand?«, fiel Pilar ihr ins Wort.
    »Däe Professor Dobbel met däm Dackel wollte sehn, ob widde alles sing Ordnung hätt. On dinge Nachbar Winter. Sing Frau, säät er, hätt im Jottesdienst ehn Seidentuch verloren, ob isch datt jesehn hätt. Jo, sach ich, isch holl Ihnen datt.«
    »War er solang allein im Saal?«
    »Isch hann net jewusst, datt isch op ding Zeuch oppasse soll!«, empörte sich Rita.
    »So meinte ich es nicht«, sagte Pilar.
    »Sei mir net bös, Pilar, däm Dieter jeet et net jot, isch moss Hustentee koche.«
    »Danke, Rita. Und gute Besserung für den Dieter.«
    Freddy setzte sich auf die Kante des Couchtischs. Pilar stellte das Telefon auf die Ladestation zurück und wandte sich zu ihm um.
    »Da hast du’s, Freddy. Es gab für den Kerl, der mich ermorden wollte, genug Gelegenheiten, sich unbemerkt ein paar Sachen zu beschaffen, mit denen er sich unkenntlich machen konnte. In einer Tasche verstaut wäre es niemandem aufgefallen.«
    »Vorausgesetzt, er wusste, dass er im Hinterzimmer fündig wird.«
    »Es ist die perfekte Verkleidung, Freddy. Eine alte Frau hält jeder für harmlos.«
    »Und wer hat schon solche Oma-Moden im Schrank hängen …«
    »Das Zeug zurückzubringen, dürfte auch nicht schwer gewesen sein. Hast du irgendwen an meinen Kostümkisten gesehen?«
    »Als ich in den Raum

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