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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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Wenn ich das noch mal gelesen hab. Also, tschö …

SIEBZEHN
    Als Freddy den Van auf dem Parkplatz abgestellt hatte und auf das Gemeindehaus zuging, sah er Rita und Frau Fischmann auf dem Vorplatz stehen. In dem blaugrauen Ensemble ist die große Blonde besonders attraktiv, dachte er, ich sollte mir was überlegen.
    Die Küsterin wies, von einer bunten Strickjacke umflattert, mit einer Armbewegung über den Rasen, den breite Reifenspuren kreuz und quer durchzogen.
    »Watt ehne Verwüstung, wo me vüehäe e jepfleschte Rasenfläsche hatten!«
    »Die Beete sehen auch schlimm aus«, meinte Frau Fischmann.
    »Esu senn se bei däe Polizei. Ävve Strafzettel verteilen können se jot!«
    Ritas Gesicht lief rot an. »Und ab und zu fahren se dursch de ›Höll‹, domet se sare können, se senn heh präsent.« Sie schnaufte.
    »Rita«, sagte Freddy schnell, um ihre Atempause zu nutzen. »Warum heißt das Tal da unten ›Hölle‹?«
    Ritas Gesicht nahm einen überlegenen Ausdruck an. »Ja, weeste, die Archäologen haben am Venusberg so watt wie eine Burg aus der Steinzeit jefunden. Datt es ja net weit. Darum denk isch mir, so wie datt am Bach unten aussieht, hatten die Steinzeitmenschen da eine Höhle. Und daher kütt de ›Höll‹.«
    Auch eine schöne Erklärung! Freddy konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich geh schon mal rein«, sagte er und trat durch die weit geöffnete Glastür ins Gemeindehaus.
    Die Tür zum Saal stand ebenfalls offen. Die Kulissen waren an der Wand aufgeschichtet, aber die Bühne war noch aufgebaut und wirkte ohne die Stellwände größer. Auf der einen Seite standen Büsche aus grünem Krepppapier und eine Straßenlaterne aus lackiertem Pappmaschee, auf der anderen kleine Sessel, die, wie Pilar erzählt hatte, für den zweiten Akt bestimmt gewesen waren. Freddy ging daran vorbei zum Hinterzimmer, um zu sehen, was es dort einzupacken gab.
    In einer Ecke des kleinen Raumes hustete jemand. Freddy blieb auf der Schwelle stehen. Zunächst sah er nur einen kräftigen Hintern in einer schwarzen Samthose und einen muskulösen Arm. Eine Frau, die sich über einen Haufen Kleidungsstücke beugte und darin herumwühlte.
    »Guten Tag«, sagte Freddy und ging ein paar Schritte weiter.
    Die Frau fuhr heftig zusammen, ihr Rücken schnellte hoch und zugleich ein Kopf mit karottenrotem Haar. Das musste Anja Dreisam sein. Sie drehte sich zu ihm um.
    »Haben Sie mich erschreckt!«, krächzte sie und hustete ihm ins Gesicht. »Verzeihung, aber man darf es nicht unterdrücken, sonst setzt es sich fest. Das führt leicht zu einer Lungenentzündung.«
    Freddy bereute, dass er nicht auf der Schwelle stehen geblieben war.
    »Ist denn Frau Breuer noch in der Nähe?«, fuhr die Karottenrote fort. »Ich denke, dass unsere Kleiderstube – Sie kennen doch die Kleiderstube der Gemeinde?«
    »Ja klar«, log Freddy. Er war nicht scharf darauf, sich längere Erklärungen zur Kleiderstube anzuhören.
    »… dass unsere Kleiderstube diese Sachen gut gebrauchen kann. Frau Álvarez-Scholz hat ja keine Verwendung mehr dafür.«
    »Ich habe den Auftrag, ihr alles zu bringen«, sagte Freddy betont kühl. »Sie können uns gern dabei helfen.«
    Sie sah ihm prüfend ins Gesicht, ein wenig von oben herab, denn sie war größer als er. »Ach, so ist das.« Von einem Stuhl nahm sie ein elegantes lila Cape und warf es sich in einer schwungvollen Bewegung über. Sie griff nach ihrer Handtasche, die wie ein kleiner Koffer aussah, und wallte an Freddy vorbei zur Tür.
    Die sollte ich nicht einfach abrauschen lassen, dachte er.
    »Moment, Frau Dreisam, Sie kennen doch viele Leute. Wissen Sie zufällig, wieso die ›Hölle‹ Hölle heißt?«
    Anja Dreisam blickte ihn verdutzt an. Freddy glaubte nicht, dass sie jemals darüber nachgedacht hatte. Es ging ihm nur darum, die Gelegenheit beim Schopf zu packen, diese Frau, deren Bosheit Pilar so viel zu schaffen machte, genauer unter die Lupe zu nehmen.
    »Das wollen Sie wissen?« Sie lachte. »Das gefällt mir.«
    So übel ist sie nicht, dachte Freddy.
    »Im Althochdeutschen heißt es ›heldi‹«, erklärte sie, »im Mittelhochdeutschen ›helde‹, und beides heißt so viel wie ›mit Gebüsch bewachsener Hang‹. Das ist ein alter Flurname. Der Volksmund hat daraus ›de Höll‹ gemacht.«
    Freddy war so überrascht, dass er kein Wort herausbrachte. Die erste Antwort, die plausibel war! Ausgerechnet von dieser Giftnudel.
    »Sonst noch Fragen? Die Geschichte der Bonner Stadtteile ist mein

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