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Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld

Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld

Titel: Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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ist?«
    In einem Fall wie den Haas-Morden hielten die Ermittler oft bestimmte Einzelheiten vor der Öffentlichkeit geheim, Einzelheiten, die nur der Mörder wissen konnte. Es half ihnen dabei, die Trittbrettfahrer auszusortieren, die sich jedes Mal unweigerlich bei ihnen meldeten und furchtbare Verbrechen gestanden, um damit Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Kovac hielt das Geheimnis aus diesem Fall ins Licht.
    »O mein Gott!«
    Gut konserviert, vakuumversiegelt in einem Beutel, einer neben dem anderen – vom größten zum kleinsten – die rechten Daumen von Marlene Haas und Brittany und Ashton Pratt.
    »Mein Gott«, stieß Kovac hervor. »Es war nicht Dahl.«
    Das war bitterste Ironie. Stan Dempsey hatte über dem Wunsch, Karl Dahl wegen der Morde verurteilt zu sehen, seine Karriere ruiniert und den Verstand verloren. Er war von Dahls Schuld völlig überzeugt gewesen. Jeder war davon überzeugt gewesen. Der merkwürdige Landstreicher mit seinen Vorstrafen wegen Sexualdelikten – relativ harmlose Vergehen, aber trotzdem … Er hatte die Opfer gekannt. Er war gesehen worden, als er am Tag der Morde das Haus der Opfer betreten hatte. Er hatte kein Alibi. Als Karl Dahl verhaftet worden war, hatte man bei ihm eine Halskette gefunden, die Marlene Haas gehörte.
    Dahl musste es einfach gewesen sein. Niemand wollte darüber nachdenken, dass der Nachbar oder der Postbote oder der Gasableser zu solchen Gräueltaten fähig sein könnte, wie sie an Marlene Haas und ihren Pflegekindern begangen worden waren. Niemand hätte auch nur im Entferntesten an den Jungen von nebenan gedacht.
    Karl Dahl musste der Mörder sein. Dahl war verhaftet worden, angeklagt, wäre höchstwahrscheinlich verurteilt worden. Fall abgeschlossen.
    Stattdessen hatte Dahls Verhaftung eine Reihe furchtbarer Geschehnisse nach sich gezogen. Dahl war aus dem Gefängnis geflohen, hatte zwei Frauen getötet und eine dritte entführt. Carey war gezwungen gewesen, aus Angst um ihr Leben Stan Dempsey zu töten.
    Wie sich herausgestellt hatte, war Karl Dahl tatsächlich ein Mörder, aber die Verbrechen, derentwegen er angeklagt worden war, hatte er nicht begangen.
    Kovac legte den vakuumversiegelten Beutel zurück. Keiner sagte etwas. Es gab zu viel – und nichts – zu sagen.
    »Detective Liska?« Einer der Polizisten, die Liska ins Haus geschickt hatte, erschien in der Tür.
    Sie hielt den Blick auf die Dinge gerichtet, die vor ihnen aufgereiht lagen.
    »Der Mann in dem Haus, den Sie sprechen wollten«, sagte der Polizist, »er ist tot. Sieht so aus, als hätte er einen Herzanfall gehabt.«
    »Ja, da bin ich sicher«, murmelte Liska. »Ich bin sicher, dass es so aussieht.«

68
    Das Tagebuch von Bobby Haas las sich wie ein Roman von Stephen King. Der erste Eintrag war ein paar Wochen vor den Morden datiert. Der Junge schrieb von seinem Ärger darüber, dass seine Eltern davon redeten, vielleicht die »beiden kleinen Blagen« zu adoptieren, wie er sie nannte.
    Er beschrieb ausführlich, wie betrogen und zurückgewiesen er sich vorkam. Alles war in Ordnung gewesen, solange es nur sie drei gegeben hatte. Er hatte sich wichtig gefühlt. Er hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Eltern genossen, vor allem die seines Vaters. Dann hatte sich Marlene, wie er meinte, gegen ihn gewandt, ihn zurückgestoßen. Sie hatte noch mehr gewollt – mehr Kinder, andere Kinder. Er war nicht gut genug für sie.
    Genauso wie früher , hatte er geschrieben.
    Frauen mochten ihn nicht. In seiner Vorstellung hatte ihn jede Frau in seinem Leben abgelehnt – seine Mutter, die erste Mrs. Haas, Marlene Haas. Sein Hass auf Marlene Haas sprang einem auf jeder Seite entgegen. Frauen waren egoistische Schlampen – und Schlimmeres – , die schließlich irgendwann immer genug von ihm hatten. Marlene war seiner überdrüssig geworden, wie ein kleines Mädchen seiner Lieblingspuppe, und hatte sich einem anderen, interessanteren Spielzeug zugewandt.
    Er hasste sie. Er liebte seinen Vater. Marlene hatte versucht, Waynes Aufmerksamkeit von Bobby abzulenken, die VaterSohn-Beziehung zu zerstören, die zweifellos die wichtigste Beziehung in Bobbys Leben gewesen war.
    Die Sorgfalt, mit der er die Morde geplant hatte, verursachte einem Gänsehaut. Seine Berichte über die Morde selbst waren grauenhaft. Er schrieb, dass er sich mächtig und unbesiegbar gefühlt hatte, während er das Gesicht von Marlene Haas beobachtete, als ihr die Erkenntnis dämmerte, was ihr und ihren »kostbaren kleinen

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