KR079 - Ich zerschlug das Rauschgift-Syndikat
Kopf. »Sehr richtig, Sir. Ich bin ein ruinierter Mann. Die ›Shanghai-Betriebe‹ werden einen schlechten Ruf behalten. – Darf ich Sie übrigens bitten, meinen Anwalt zu benachrichtigen.«
Er nannte den Namen eines Notars, von dem bekannt war, daß er für Geld den Teufel vor Gericht verteidigt hätte.
»Ich werde ihn morgen früh informieren«, stieß der FBI-Chef zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Wie es Ihnen paßt«, antwortete Wong-Chu höflich, »aber erlauben Sie mir dann, auf Ihre weiteren Fragen zu schweigen. Wie Sie wissen, kann ich nach den Gesetzen des Landes schon beim Verhör einen Rechtsbeistand verlangen.«
O’Connor lief rot an. »Raus!«, schrie er und winkte den Beamten, die Wong-Chu hereingeführt hatten. Der Chinese stand auf, verbeugte sich und ließ sich abführen.
Kaum war er draußen, sprang O’Connor auf und rannte mit Riesenschritten im Zimmer auf und ab.
»Da seht ihr es!« schrie er. »Er geht uns durch die Lappen. Ich wette, er geht uns durch die Lappen.«
»Langsam, Chef!«, warf Phil ein. »Ich denke, wir haben eine Menge Dinge gegen ihn vorzubringen. Rauschgifthandel, Mordverdacht…«
»Einen Dreck haben wir. Verdacht haben wir, ja, aber haben wir den kleinsten Beweis? – Aha, da schweigt ihr. In seinem Haus wurde Opium gefunden, schön, aber er weiß von nichts. Er ist ein alter Mann. Chan-Chai hat alles gemacht. Cotton fand Massons Schuh in der Nähe des Hauses. Ja, aber was weiß Wong-Chu davon? Nichts, denn Chan-Chai hat alles tun dürfen. – Ich sage euch, wenn nicht wenigstens einer seiner Leute ihn belastet, oder wenn wir nicht ein handfestes Indiz finden, sprechen die Geschworenen ihn frei.«
»Vielleicht«, sagte ich, »aber bis zur Gerichtsverhandlung bleibt uns noch eine Menge Zeit. Wir können die Anklage dann vielleicht besser untermauern?«
O’Connor sah mich geradezu höhnisch an.
»Morgen abend, mein lieber, kluger Cotton, muß ich Wong-Chu aus der Haft entlassen, wenn ich bis dahin nicht eine richterliche Verlängerung des Haftbefehls erwirkt habe. Nach dem, was ich vorlegen kann, erhalte ich die Verlängerung vielleicht für den Verdacht des Rauschgifthandels, nicht aber für Mord und Mordversuch. Bei Rauschgifthandel aber kann nach den Gesetzen unseres lieben Landes der Verdächtige gegen Gestellung einer Kaution freigelassen werden, und ich wette hundert zu eins, daß Wong-Chu die Kaution anbietet. Mit einem Wort, ich muß ihn so oder so morgen abend gegen Mitternacht laufen lassen.«
Wir schwiegen alle. Wir wußten, O’Connor hatte recht.
Schließlich sagte Phil zögernd: »Na ja, wenn er wirklich die Kurve nehmen kann, sein Rauschgiftladen ist pleite. Wir haben die Opiumvorräte. Wir können die Leute seiner Garde hinter die Gardinen schicken. Ich denke, das ist auch immerhin etwas.«
»Ich denke, es ist nicht mehr als ein Haufen feuchten Kehrichts«, sagte ich wütend. »Erinnere dich an den armen Masson und dann sage mir, was du von unserem strahlenden Erfolg hältst.«
Phil antwortete nicht.
»Was ist mit dem weißen Mann im Hintergrund?« meldete sich Dr. Lung.
Wir sahen uns überraschend an. Ich glaube, wir hatten alle unsere Vermutung in dieser Richtung über dem Trubel der Ereignisse ein wenig vergessen. O’Connor hatte ja nie recht daran geglaubt. Um so überraschter war ich, als er sagte:
»Ja, wenn wir den bekommen könnten, wären wir sicherlich ein Stück weiter. – Wir haben Wong-Chus Bau um und um gekrempelt. Es fand sich nicht das geringste Schriftstück über den Opiumhandel, und dennoch muß es solche Unterlagen geben, Abrechnungen, Adressen von Abnehmern, von Zwischenhändlern usw. – Vielleicht fänden wir sie bei dem sagenhaften weißen Mann, beim Chef von Dan Webster.« Er pflanzte sich breit vor mich hin.
»Von ihrem letzten und fünften Tag sind mehr als drei Stunden schon um, Cotton, – Strengen Sie sich an. Vielleicht schaffen Sie es noch.«
***
Er hatte leicht reden. Ich lag den Rest der Nacht auf der Couch in dem kleinen Raum des Hauptquartiers, die Arme unter dem Kopf verschränkt und dachte nach. Ich dachte so angestrengt nach, daß, hätte ich meine Gehirntätigkeit auf etwas anderes gerichtet, sicher eine prima Erfindung dabei herausgekommen wäre, vielleicht ein Idealbüchsenöffner oder eine Butterbroteinwickelmaschine.
Aber weil ich meine Kraft an Überlegungen verschwendete, wie ich Wong-Chu fassen könnte, schaute nichts dabei heraus, und vor lauter Nachdenken schlief ich
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