KR149 - Ich hetzte Scotland Yard
erwiderte Phil. »Bis auf diese beiden Tommys.«
»Richtig«, sagte ich. »Die hätte ich beinahe vergessen!«
»Was mögen es nur für Leute sein?«
»Da fragst du mich wirklich zuviel. Ich habe keine Ahnung.«
»Sie hatten ein merkwürdiges Interesse für uns und für den Dicken! Und dann dieser mysteriöse Zettel, den ich bei ihnen fand!«
»Erinnere mich nicht an diese beiden Stockfische«, knurrte ich. »Mir haben noch nie zwei Leute soviel Kopfzerbrechen gemacht.«
»Ich werde das Gefühl nicht los«, meinte Phil nachdenklich, »daß uns die Leute noch einige Überraschungen servieren.«
Womit er sehr recht haben sollte.
***
Am Spätnachmittag erschien plötzlich unser Goliath wieder bei uns. Wir sahen ihm überrascht entgegen, denn sonst kam er immer nur mittags und abends, um uns etwas zu essen zu bringen.
»Was ist los?« fragte Phil neugierig.
»Ich soll euch zum Kapitän bringen, Boys«, sagte der Bär.
»Vorbereitung zum Ausgeladenwerden«, brummte ich. »Wann kommen wir denn in London an?«
»Wann wir ankommen? Wir sind schon seit einer Stunde da! Der Zoll ist oben schon fleißig bei der Arbeit! Es sind schon eine ganze Menge Passagiere an Land gegangen.«
»Oh«, meinte ich überrascht. »Dann geht unsere Reise als Sträflinge zur amerikanischen Botschaft gleich los! Na, prima!«
So prima, wie ich mir das vorgestellt hatte, lief es leider gar nicht.
Wir stolperten zunächst einmal gehorsam hinter unserem Goliath her hinauf auf die Kommandobrücke, wo der Kapitän des Schiffes in einem zurückgelegenen Raum an einem imponierenden Schreibtisch saß. Die Herren Smith und Britten verließen gerade seine Kabine, als wir eintraten. Sie lächelten uns knapp zu, und ich wurde noch immer nicht richtig klug aus ihren Gesichtern.
Der Kapitän sah uns prüfend an, dann sagte er geschäftsmäßig: »Meine Herren, ich bedaure, daß ich gezwungen war, Sie an Bord meines Schiffes Ihrer Freiheit zu berauben. Sollte es sich als ein Irrtum herausstellen, was ich sehr wünsche, so wollen Sie mein Verhalten damit entschuldigen, daß ich als Kommandant eines so großen Schiffes einige Anordnungen und Weisungen meiner Reederei und auch des Allgemeinen Seerechts befolgen mußte, auch wenn sie mir persönlich vielleicht unangenehm sind. Gegen Sie sind von verschiedenen Seiten der Passagiere Anschuldigungen erhoben worden, die mich einfach zu den gegen Sie durchgeführten Maßnahmen zwangen.«
»Welche Passagiere haben denn was gegen uns vorgebracht?«
Der Kapitän sah mich mißbilligend an. Offenbar war er einer von den Leuten, die sich immer genau vorher überlegen, was sie sagen wollen, und die dann ungehalten werden, wenn man sie unterbricht und sie dadurch aus ihrem Konzept bringt.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen die Namen der Leute sagen darf. Sie werden so freundlich sein, sich bei mir jetzt auszuweisen, damit ich zunächst einmal feststellen kann – verzeihen Sie! –, ob Ihre Namen in der Passagierliste stimmen.«
Phil wollte aufmucken, aber ich gab ihm einen Rippenstoß.
»Mit dem größten Vergnügen!« sagte ich lächelnd und legte dem Kapitän meinen FBI-Ausweis auf den Tisch.
Der an sich nicht unsympathische Kapitän nahm das Kärtchen mit dem Paßfoto meiner werten Persönlichkeit in die Hand und las halblaut vor sich hin:
Federal Bureau of Investigation, United States Department of Justice, Washington, D.C. lt is hereby certified that Jerry Cotton (photo at the left) is member and special agent of the Federal Bureau of Investigation, District New York…
Der Kapitän hielt den Mund offen, brachte aber keinen weiteren Ton mehr heraus. Er starrte abwechselnd auf meinen Dienstausweis, auf das Foto, auf mich und wieder auf den Ausweis.
»Phil«, sagte ich mit diebischer Freude, »zeig dem Onkel Kapitän doch auch deinen Ausweis!«
Phil holte mit elegantem Schwung und schadenfrohem Grinsen seinen Dienstausweis hervor.
»Bitte sehr«, sagte er sehr freundlich. Der Kapitän nahm den Ausweis nickend in Empfang, brachte aber immer noch kein Wort hervor. Er überhörte sogar das »Onkel Kapitän«.
Es dauerte eine ganze Weile, bis er langsam wieder zu sich kam. Unterdes hatte der Goliath hinter uns, der uns hierhergebracht hatte, mühsam an sich zu halten, um nicht bei dem verdatterten Gesicht seines Kapitäns in ein despektierliches Gelächter auszubrechen.
»Ja, aber… Ich verstehe das nicht richtig…« stammelte der Kapitän endlich.
»Den Text auf den Ausweisen?« fragte ich gewollt
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