Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
Vom Netzwerk:
Mitgesellen. Das schwere Tagewerk auf der Mühle schien denen nichts auszumachen, keiner ermüdete, keiner klagte, keiner geriet bei der Arbeit in Schweiß oder außer Atem.
    Eines Morgens war Krabat damit beschäftigt, den Zugang zum Brunnen freizuschaufeln. Vergangene Nacht über hatte es unablässig geschneit, der Wind hatte Wege und Stege zugeweht. Krabat musste die Zähne zusammenbeißen, bei jedem Schaufelwurf spürte er einen stechenden Schmerz im Kreuz. Da kam Tonda zu ihm heraus. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie allein waren, legte er ihm die Hand auf die Schulter. »Nicht aufgeben, Krabat  … «
    Da war es dem Jungen, als fließe ihm neue Kraft zu. Die Schmerzen waren wie weggeblasen, er packte die Schaufel und hätte mit Feuereifer drauflosgeschippt, wäre Tonda ihm nicht in den Arm gefallen.
    »Der Meister darf es nicht merken«, bat er ihn, »und auch Lyschko nicht!«
    Lyschko, ein zaundürrer, langer Bursche mit spitzer Nase und scheelem Blick, hatte Krabat vom ersten Tag an nicht übermäßig gefallen: ein Schnüffler, so schien es, ein Ohrenspitzer und Um-die-Ecken-Schleicher, vor dem man sich keinen Augenblick sicher wusste.
    »Ist gut«, sagte Krabat und gab sich beim Weiterschaufeln den Anschein, als ob es ihn große Mühe und Überwindung kostete. Bald darauf kam, wie zufällig, Lyschko des Weges.
    »Na, Krabat, wie schmeckt die Arbeit?«
    »Wie wird sie schon schmecken!«, knurrte der Junge. »Friss einen Hundedreck, Lyschko – dann weißt du es.«
     
    Von nun an kam Tonda öfters zu Krabat und legte ihm heimlich die Hand auf. Dann spürte der Junge, wie frische Kraft ihn durchdrang, und die Arbeit, so schwer sie auch sein mochte, ging ihm für eine Weile leicht von der Hand.
    Der Meister und Lyschko erfuhren von alledem nichts – und ebenso wenig die anderen Müllerburschen: nicht Michal und Merten, die beiden Vettern, von denen der eine so bärenstark war und gutmütig wie der andere; nicht Andrusch, der pockennarbige Spaßvogel, und nicht Hanzo, den sie den Bullen nannten mit seinem Stiernacken und dem kurzgeschorenen Haar; auch Petar nicht, der sich am Feierabend mit Löffelschnitzen die Zeit vertrieb, und nicht Staschko, der Tausendsassa, der flink wie ein Wiesel war und geschickt wie der kleine Affe, den Krabat vor Jahren in Königswartha auf dem Jahrmarkt bestaunt hatte. Kito, der immer mit einer Miene herumlief, als liege ihm ein Pfund Schusternägel im Magen, und Kubo, der Schweigsame, merkten auch nichts davon – und erst recht nicht, versteht sich, der dumme Juro.
    Juro, ein stämmiger Bursche mit kurzen Beinen und flachem, von Sommersprossen gesprenkeltem Mondgesicht, war nächst Tonda am längsten im Dienst hier. Zum Müllern taugte er wenig, da er, wie Andrusch zu spötteln pflegte, »zu dumm war, um Kleie und Mehl auseinanderzuhalten«; und dass er nicht längst aus Versehen ins Mahlwerk gestolpert und zwischen die Steine geraten sei: das verdanke er nur dem Umstand, dass Dummheit und Glück ja mit Vorliebe Hand in Hand gingen.
    Solche Reden war Juro gewöhnt. Er ließ sich von Andrusch geduldig hänseln; er zog ohne Widerrede den Kopf ein, wenn Kito ihm einer Nichtigkeit halber mit Schlägen drohte; und wenn ihm, was häufig vorkam, die Mühlknappen einen Schabernack spielten, ließ er sich’s grinsend gefallen, als wollte er sagen: »Was habt ihr denn – dass ich der dumme Juro bin, weiß ich sowieso.«
    Bloß für die Hausarbeit war er nicht zu dumm. Da jemand auch diese Dinge erledigen musste, waren es alle zufrieden, dass Juro sie ihnen abnahm: das Kochen und Spülen, das Brotbacken und das Heizen, das Fußbodenschrubben und Treppenscheuern, das Staubwischen, Wäschewaschen und Bügeln und alles andere, was es in Küche und Haus zu tun gab. Die Hühner, die Gänse und Schweine versorgte er obendrein.
    Wie Juro mit seinen vielen Pflichten zurande kam, war dem Jungen ein Rätsel. Die Mitgesellen nahmen dies alles für selbstverständlich und vollends der Meister behandelte Juro, als ob er der letzte Dreck sei. Krabat fand das nicht richtig und einmal – da hatte er eine Ladung Holz in die Küche gebracht und zum Dank steckte Juro ihm, nicht zum ersten Mal übrigens, einen Wurstzipfel in die Rocktasche –: einmal sprach er ihn rundheraus darauf an.
    »Ich versteh dich nicht, dass du dir alles gefallen lässt.«
    »Ich?«, fragte Juro verwundert.
    »Ja – du!«, sagte Krabat. »Der Meister springt mit dir um, dass es eine Schande ist, und die

Weitere Kostenlose Bücher