Krabat (German Edition)
rief er, die Hände zum Trichter geformt. »Nun mahlt sie wieder!«
Der Meister bedeutete Krabat, er möge mitkommen. Wortlos leuchtete er dem Jungen über die steile Holztreppe auf den Dachboden, wo die Mühlknappen ihren Schlafraum hatten. Krabat erkannte im Schein der Kerze zwölf niedrige Pritschen mit Strohsäcken, sechs auf der einen Seite des Mittelganges, sechs auf der anderen; neben jeder ein Spind und ein Hocker aus Fichtenholz. Auf den Strohsäcken lagen zerknüllte Decken, im Gang ein paar umgeworfene Schemel, auch Hemden und Fußlappen da und dort.
Dem Anschein nach waren die Mühlknappen überstürzt aus den Betten geholt worden, an die Arbeit.
Ein einziger Schlafplatz war unberührt, der Meister deutete auf das Kleiderbündel am Fußende. »Deine Sachen!« Dann machte er kehrt und entfernte sich mit dem Licht.
Nun stand Krabat allein in der Finsternis. Langsam begann er sich auszuziehen. Als er die Mütze vom Kopf nahm, berührte er mit den Fingerspitzen den Strohkranz: Ach richtig, noch gestern war er ja ein Dreikönig gewesen – wie weit lag das hinter ihm.
Auch der Dachboden hallte vom Poltern und Stampfen der Mühle wider. Ein Glück für den Jungen, dass er zum Umfallen müde war. Kaum lag er auf seinem Strohsack, da schlief er schon. Wie ein Klotz schlief er, schlief und schlief – bis ein Lichtstrahl ihn weckte.
Krabat setzte sich auf und erstarrte vor Schreck.
Es standen elf weiße Gestalten an seinem Lager, die blickten im Schein einer Stalllaterne auf ihn herunter: elf weiße Gestalten mit weißen Gesichtern und weißen Händen.
»Wer seid ihr?«, fragte der Junge ängstlich.
»Das, was auch du bald sein wirst«, gab eins der Gespenster zur Antwort.
»Aber wir tun dir nichts«, fügte ein zweites hinzu. »Wir sind hier die Mühlknappen.«
»Elf seid ihr?«
»Du bist der zwölfte. Wie heißt du denn?«
»Krabat. – Und du?«
»Ich bin Tonda, der Altgesell. Dies ist Michal, dies Merten, dies Juro … « Tonda nannte der Reihe nach ihre Namen; dann meinte er, dass es genug sei für heute. »Schlaf weiter, Krabat, du wirst deine Kräfte noch brauchen können auf dieser Mühle.«
Die Müllerburschen krochen auf ihre Pritschen, der letzte pustete die Laterne aus – gute Nacht, und schon schnarchten sie.
Zum Frühstück versammelten sich die Mühlknappen in der Gesindestube. Sie saßen zu zwölft um den langen Holztisch, es gab eine fette Hafergrütze, je vier der Gesellen aßen aus einer Schüssel.
Krabat war hungrig, er machte sich über die Grütze her wie ein Scheunendrescher. Hielten Mittagessen und Abendbrot, was das Frühstück versprach, dann ließ es sich auf der Mühle leben.
Tonda, der Altgesell, war ein stattlicher Bursche mit dichtem, eisgrauem Haar; doch schien er noch keine dreißig zu sein, dem Gesicht nach. Ein großer Ernst ging von Tonda aus, genauer: von seinen Augen.
Krabat fasste vom ersten Tag an Vertrauen zu ihm; seine Gelassenheit und die freundliche Art, wie er ihn behandelte, nahmen ihn für ihn ein.
»Ich hoffe, wir haben dich heute Nacht nicht zu sehr erschreckt«, wandte Tonda sich an den Jungen.
»Nicht allzu sehr«, sagte Krabat.
Besah er sich die Gespenster bei Tageslicht, waren es Burschen wie tausend andere. Alle elf sprachen Wendisch und waren um einige Jahre älter als Krabat. Wenn sie ihn anblickten, so geschah das nicht ohne Mitleid, wie er zu spüren meinte. Das wunderte ihn, doch er dachte sich weiter nichts dabei.
Was ihm zu denken gab, waren die Kleider, die er am Ende der Pritsche gefunden hatte: getragene Sachen zwar, doch sie passten ihm auf den Leib wie für ihn geschneidert. Er fragte die Burschen, woher sie das Zeug denn hätten und wem es zuvor gehört habe; aber er hatte die Frage kaum ausgesprochen, da ließen die Müllergesellen die Löffel sinken und blickten ihn traurig an.
»Hab ich was Dummes gesagt?«, fragte Krabat.
»Nein, nein«, sagte Tonda. »Die Sachen … Sie stammen von deinem Vorgänger.«
»Und?«, wollte Krabat wissen. »Warum ist er nicht mehr da? Hat er ausgelernt?«
»Ja, der hat – ausgelernt«, sagte Tonda.
In diesem Augenblick flog die Tür auf. Der Meister trat ein, er war zornig, die Mühlknappen duckten sich. »Schwätzt mir nicht!«, fuhr er sie an; und den Blick seines einen Auges auf Krabat gerichtet, fügte er barsch hinzu: »Wer viel fragt, der viel irrt. – Wiederhole das!«
Krabat stammelte: »Wer viel fragt, der viel irrt … «
»Schreib dir das hinter
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