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Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Titel: Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Klaus Wagenbach
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Man müsste die Einwanderer verjagen und ihre Jobs unseren armen Kindern geben! Suchen Sie nach dem wahren Mörder. Ich hab ja seinen komischen albanesischen Freund da im Verdacht. Mir will nicht eingehen, was den Herrn Amedeo mit dem verbindet. Die Elisabetta Fabiani hat mir berichtet, dass sie mehrmals gesehen hat, wie sich der Albaneser besäuft und ausschüttet vor Lachen, bis er heult – und das alles vor den Touristen auf der Piazza Santa Maria Maggiore. Ich hab ja versucht, dem Herrn Amedeo gut zuzureden, damit er sich von solchen Nichtsnutzen fernhält, aber er wollte nicht auf mich hören. Ganz im Gegenteil: Er hat ihm die Türen dieses Hauses geöffnet. Und da haben Sie den Salat.
    Ich sage, dass der Albaneser der wahre Mörder ist. Dieser Tunichtgut reagiert unflätig, wenn ich zu ihm »Guaglio’!« sage, »Junger Mann!« Keine Ahnung, wie der heißt, und in Neapel sagen wir halt so. Aber er antwortet mit schlimmen Wörtern in seiner Sprache. Genau erinnere ich mich nicht an das Wort, das er immer sagt, irgendwas wie mersa oder mersis. Ist auch egal. Wissen muss man, dass dieses Wort auf albanesisch Scheiße oder Schwanz bedeutet und man es benutzt, um jemanden zu beleidigen. Und was ihn noch verdächtiger macht, ist die Sache, dass er sein eigenes Land überhaupt nicht kennt. Er hat mehrere Male versucht, mich davon zu überzeugen, dass er aus einem Land kommt, das nicht Albanien ist. Er ist nicht der Einzige, der sein Land verleugnet, damit er nicht sofort wieder ausgewiesen wird, ah, eh! Die Philippinin Maria Cristina sagt auch immer, dass sie nicht von den Philippinen kommt, sondern aus einem anderen Land, das mir jetzt nicht einfällt. Also ich verstehe nicht, warum die Polizei solche Gauner toleriert. Kennt ihr den Iqbal, diesen Pakistaner, der den Lebensmittelladen in der Via La Marmora hat? Der verleugnet auch sein Land. Er sagt immer: »Ich hasse Pakistan.« Ist es denn möglich, dass jemand so einen Ekel hat vor seinem eigenen Land? Ich weiß noch sehr gut, wie Iqbal vor einigen Jahren Hilfsarbeiter war am Markt an der Piazza Vittorio. In der Zwischenzeit ist aus ihm ein großer Unternehmer geworden! Wo, das frage ich Sie, hat der denn das ganze Geld gefunden, um dieses Geschäft anzufangen? Wo hat der das Geld her, um einen Laden und den Lieferwagen zu kaufen und sich das Zeug zusammenzubetteln, das von auswärts kommt? Dafür gibt es nur eine einzige Erklärung: Dieser Lump ist ein Schmarotzer, wie man hier in Rom sagt. Oder einer, der Drogen verkauft.
    Und wo landen also die Steuern, die wir dem Staat bezahlen? Wofür zahlen wir die denn, wenn nicht dafür, dass man uns vor diesen Gaunern beschützt! Wieso schnappen sie nicht einfach Iqbal, den Albaneser und den ganzen Immigrantenrest und schmeißen sie raus? Und diese Philippinin, die kann ich ums Verrecken nicht riechen, weil sie mich mit ihrer Bosheit andauernd provoziert. Mein Problem ist, dass diejenigen, die keine Lust zum Arbeiten haben, mir bis hier stehen! Ich weiß noch gut, dass sie vor lauter Hunger total dürr war wie ein Besenstiel, als sie das erste Mal kam, um sich um die alte Rosa zu kümmern. Aber hallo, in Afrika und in Brasilien und in anderen Ecken der Welt gibt es einen Haufen Leute, die sich das Essen auf den Müllkippen besorgen. Nach wenigen Monaten war sie schon total fett vor lauter Essen. Außerdem schläft sie den ganzen Tag, geht bloß im Notfall aus dem Haus und interessiert sich nicht für die wichtigen Themen wie Steuern, Miete, Rechnungen für Strom, Wasser, Heizung und den Rest der Sorgen eines normalen Lebens. Kriegt alles umsonst und benimmt sich, als wär sie die Chefin im Hause. Ist das vielleicht in Ordnung so? Welchen Sinn soll das alles bitte haben? Ich alte und kranke Italienerin, ich muss schuften. Und sie, die junge, fettwanstige Immigrantin, ist geradezu unverschämt gesund! Isst, soviel sie will, und schläft, soviel sie will, wie eine vollgefressene, träge Katze. Ich weiß, dass sie keine Aufenthaltsgenehmigung hat. Aber anzeigen kann ich sie auch nicht, sonst bekommen Rosas Verwandte Ärger. Und die könnten sich an mir rächen, so schnell kann man gar nicht schauen.
    Ich bin sicher, dass einer von den Immigranten Lorenzo Manfredini ermordet hat. Die Regierung muss jetzt mal dalli, dalli was unternehmen. Noch ein Weilchen, und sie jagen uns aus unserem eigenen Land! Man braucht ja bloß mal am Nachmittag durch den Park auf der Piazza Vittorio spazieren, dann sieht man es mit eigenen Augen:

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