Kräfte der Comyn - 12
am Fuß dieser seltsamen Berge, unter einer seltsamen Sonne, sah er es hautnah. Selbst bei Kennard hatte er irgendwie stets das Gefühl gehabt, daß alles etwas anders war, weil er ein Terraner war, weil er fremd war.
Er erkannte, daß er keinerlei Grund zu dem leichten Optimismus hatte, den er fühlte. Nach allem, was er wußte, konnten Valdir und Kennard und ihre Gefährten tot in dem Tal liegen, wo man den Hinterhalt gelegt hatte. Er - allein, unbewaffnet, ein Gefangener, ein Fremder - wurde in eine der wildesten und gefährlichsten und unzugänglichsten Gegenden von Darkover verschleppt.
Und doch blieb ein winziger Rest von Optimismus. Er war am Leben und unverletzt - und fast alles konnte geschehen.
8
Larry träumte.
In seinem Traum befand er sich wieder auf der Erde, und
Darkover war nichts weiter als ein ferner, romantischer Traum.
Er war auf einem Campingausflug und schlief in einem alten
Wald. (Warum sonst wäre es so kalt gewesen, klamme
Feuchtigkeit in seinen Knochen?)
Dann, im Traum, sah er einen blauen Schein und hörte eine
drängende Stimme sprechen. Wo bist du? Wo bist du? Wir
waren einander lange genug so nahe, daß ich dir folgen und
dich aufspüren kann, wenn ich Kontakt zu dir habe. Aber laß
sie nicht wissen, daß du ein Terraner bist…
Halb ungeduldig, bemühte er sich, die drängende Stimme zu
verdrängen, sich wieder in den friedlichen Traum zu stürzen.
Er war wieder in der Terranischen Zone, eine Weile noch,
dann würde sein Vater kommen und ihn wecken… Jemand
hatte die Klimaanlage auf Hochleistung gestellt, es war so kalt
hier drinnen, selbst kälter als die darkovanische Nacht…, und
was war mit seinem Arm los? Warum war sein Bett so kalt,
oder war er auf dem Boden eingeschlafen? Mit einem leisen
Seufzen drehte er sich auf die Seite, öffnete blinzelnd die
Augen und befand sich wieder in der schrecklichen Gegenwart.
Er schloß die Augen wieder und kämpfte einen Anfall von
Verzweiflung nieder. Er befand sich in der Bergfestung der Banditen, und er war ein Gefangener, hilflos und allein, und wenngleich er tagsüber ein wenig Hoffnung bewahren konnte, war er augenblicklich nichts weiter als ein ängstlicher Junge
in einer fremden Welt.
Sein linker Arm war grob auf den Rücken gedreht und
gefesselt worden, die linke Hand befand sich auf seinem
Schulterblatt in einer Art Lederharnisch. Die Finger waren
längst taub geworden. In der ersten Nacht seiner
Gefangenschaft hatte der Mann, der ihn gefangen hatte, ihn -
taub und hilflos - vom Pferd genommen und ans Feuer
geschleppt; er hatte halb mitleidig eine Decke über ihn
geworfen und die Fesseln um die Hände gelöst, damit er essen
konnte. Dann hatte der maskierte Mann Befehle gegeben, und
zwei Männer hatten den ledernen Harnisch gebracht. Sie hatten
begonnen, seine rechte Hand auf den Rücken zu binden, als
Cyrillon, dessen kalte Augen überall zu sein schienen, barsch
sagte: „Seid ihr denn blind? Der kleine Bre’suin ist
Linkshänder!”
Sie waren nicht eben sanft mit ihm umgesprungen, aber er
hatte sich nicht gewehrt; er hatte immer noch Angst, aber er
wollte ihnen nicht die Befriedigung verschaffen und sie
anflehen. Nur einmal, in schwärzester Verzweiflung, hatte er
an dieses letzte Mittel gedacht - ihnen zu sagen, daß er nicht
die Geisel war, die sie gewollt hatten…
Aber was dann? Mit einem unbedeutenden Gefangenen
würden sie sich wahrscheinlich keine Mühe machen; sie
konnten ihn auf der Stelle töten. Und er wollte nicht sterben,
wenngleich er es momentan, kalt, durchgefroren und
schmerzgepeinigt, für erstrebenswert hielt, tot zu sein. Er drehte sich unter Schmerzen um und sah sich in seinem
Gefängnis um.
Ein grimmiges, bleiches Licht fiel durch die Fenster ein, die
mit fadenscheinigen Vorhängen zugezogen und teilweise mit
Brettern vernagelt waren. Die Zelle war geräumig, die
Wandtäfelung wurmstichig, die Vorhänge waren staubig und
muffig vom Alter. Das Bett, auf dem er lag, war geräumig,
aber es gab weder Bettlaken noch Decken, lediglich eine alte
Roßhaarmatratze und ein paar Felle. Das andere Mobiliar war
nüchtern und deprimierend, aber wahrscheinlich konnte er sich
glücklich schätzen, daß er sich nicht in irgendeinem dunklen
Verließ befand; was er flüchtig vom Äußeren der Festung
gesehen hatte, hatte schon den Eindruck erweckt, als befänden
sich Kerker unterhalb der Steinmauern.
Bisher war er nicht verletzt worden. Er hatte, immerhin, die
Freiheit seines Zimmers. Nach einer Weile vermochte er mit
der
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