Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
studiere solche Arzneien, schon seit ich zehn Lenze zählte.“
Während sie mit ihren langen, weißen Fingern nach ihrem Getränk reichte, sprach die Königin, „erzählt mir, wie Ihr das alles erlernt habt.“
Sie nippte an ihrem eigenen Wein und Maris erzählte, „meine Mutter, Allegra Lareux, begann mich in den einfachen Anwendungen für Kräuter zu unterweisen. Als ich immer mehr Erfahrung gewann und es mich danach verlangte, mehr zu wissen, als sie mir beibringen konnte, habe ich bei einer Hebamme in Langumont gelernt. Vor ein paar Jahren lebte ein Mann auf Langumont, der sich in den Heilkünsten aus dem Heiligen Land sehr gut auskannte, und er hat sein umfangreiches Wissen mit mir geteilt.“ Kühn gemacht durch das Interesse, das die Königin ihr erwies, fragte sie, „wie habt Ihr von meinen Heilkünsten erfahren?“
Ein leichtes Lächeln zuckte Eleonore um die Mundwinkel, als sie trank. Ihre blauen Augen schauten hintergründig. „Mir wurde von einem sehr vertrauenswürdigen Freund berichtet, dass Eure Künste so groß sind, dass Ihr einen Mann – nein, eine ganze Festung, so ging die Geschichte – dem Tod so nahe bringen könnt, dass er sich wünscht zu sterben, aber nicht nahe genug, dass er sein Letztes haucht.“
Maris spürte, wie ihr das Gesicht ganz warm wurde und sicherlich schon dunkelrot verfärbt war, und auf einmal bekam sie es mit der Angst zu tun, dass man sie hierher gebracht hatte für eine Schelte. „Ich bin zutiefst beschämt, dass Ihr auf diese Weise von meinen Künsten gehört habt. Es war nicht wirklich das, was man mir beigebracht hatte–“
Eleonore lachte. „Entschuldigt Euch nicht, Maris, da ich eher dazu neige, eine Frau zu belohnen – und nicht zu bestrafen –, wenn sie die Gelegenheit zur eigenen Rettung beim Schopf packt! Sagt nicht die Kirche, dass Gott denen hilft, die sich selbst zu helfen wissen?“ Sie nahm sich ein Stück Käse. „Ich bin eine Verfechterin solcher Taten, wenn der Zweck die Mittel heiligt.“ Sie schmunzelte erneut. „Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie eine ganze Festung brach gelegen hat, während Ihr mit Eurer Zofe unbekümmert über die Zugbrücke hinausspaziert seid.“
„Es war einer der Momente in meinem Leben, an den ich mich sicher noch lange erinnern werde“, gab Maris mit einem ironischen Lächeln zu, „Auch wenn ich niemals die Worte ‚unbekümmert hinausspaziert‘ verwendet hätte, um unseren eiligen Aufbruch zu beschreiben.“ Sie nahm einen Schluck vom Wein und fragte sich, wie Dirick wohl dazu kam, solch eine Vertrautheit mit der Königin zu pflegen, dass er ihr von seinem eigenen Unglück erzählen würde. Es war ein weiterer Beweis für das ihm so eigene, selbstbewusste Betragen, dass er so ganz ohne Umschweife von einem Ereignis berichtete, bei dem ihn eine Frau besiegt hatte. „Mylady, wie kann ich Euch dienen?“
„Es ist nichts als ein kleines Ärgernis, Lady Maris – nichts als ein Ziehen in meinem Ohr. Während der Wintermonate habe ich oft eben dieses Leiden und in den meisten Fällen geben mir die Quacksalber und die Ärzte die Anweisung meine Füße in einem heißen Bad von Wasser mit zerstoßenen Senfkörnern darin zu baden.“ Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück mit dem Blick direkt auf Maris gerichtet, während ihre Finger die Quaste an ihrem Gürtel streichelten. „Es ist nicht gerade die bequemste aller Behandlungsarten und ich bin auf der Suche nach einer anderen, um mich von diesem Leiden zu kurieren.“
Maris nickte zustimmend mit dem Kopf. Sie fand es ganz und gar nicht überraschend, dass die wunderschöne und königliche Eleonore von Aquitanien nichts derart Prosaisches tun wollte, wie ihre nackten Füße einzuweichen, schon gar nicht wenn all ihre Hofdamen und Höflinge zugegen waren. „Sagt mir bitte, fühlt sich der Schmerz in Eurem Ohr wie das Schlagen einer Trommel an oder eher wie das scharfe Stechen eines Schmerzes?“
„Es ähnelt eher dem Schlag einer Trommel, tief drinnen in meinem Ohr.“
„Und tritt es dann auch zusammen mit einem Ton wie Glockenschlag auf?“
„Nein.“
„Und sagt mir bitte noch, Eure Majestät, habt Ihr noch andere Beschwerden zur gleichen Zeit, also mit diesem Leiden in Eurem Ohr zusammen?“
„Nein.“
Maris erhob sich. „Mit Eurer Erlaubnis werde ich ein Heilmittel zubereiten, das man einfach und ganz unauffällig anwenden kann und das vielleicht auch die Häufigkeit des Leidens etwas
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