Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
reduziert.“
Eleonore nickte und sah mit Habichtsaugen zu, als Maris tief unten in ihrem Lederbeutel etwas suchte und dann in der Kiste aus dem glatten Holz wühlte. Maris holte ein kleines Messer hervor, ein kleines, leeres Fläschchen mit einem festen Korkverschluss, eine zweite, etwas größere Flasche und eine Frucht, die aussah, wie eine kleine, kompakte Zwiebel. Als Eleonore zusah, wie Maris die raschelnde, weiße Haut von der Zwiebel abschälte, fragte sie, „ist das nicht Knoblauch?“
„So ist es“, Maris blickte erstaunt hoch. „Es ist eine in diesen Breiten hier in England nicht sehr bekannte Frucht, auch wenn sie sich im Heiligen Land großer Beliebtheit erfreut. Andere Heiler, die ich kenne, sprechen etwas mürrisch vom strengen Geruch, obwohl ich selbst ihn eigentlich mag. Es gibt noch viele andere Verwendungen dafür, außer derjenigen, die ich Euch heute zeige.“
„Ich habe diese Frucht auf meinem eigenen Kreuzzug ins Heilige Land gesehen“, erzählte die Königin ihr, während Maris das kleine Messer dazu verwendete, eine Zehe von dem Knoblauch zu zerdrücken und dann zu zerhacken. Ein scharfer Geruch machte sich da im Zimmer breit.
Maris krempelte sich die langen Ärmel um und griff nach der großen Flasche. „Eure Majestät, ich werde ein wenig von diesem Öl über den zerhackten Knoblauch in einer kleinen Ampulle gießen. Ihr solltet einen winzigen Tropfen von diesem Öl in das Ohr gießen, das Euch Schmerzen bereitet. Einmal morgens und einmal am Abend, so lange bis die Schmerzen verschwunden sind.“ Sie kratzte den zerhackten Knoblauch in die kleine Flasche, fügte dann reichlich von dem Öl hinzu. Sie hielt den Korken fest gedrückt, um die Flasche dicht zu machen, und schüttelte einmal kurz und heftig, dann bot sie die Flasche der Königin dar.
„Ich danke Euch, meine Liebe“, Eleonore nahm die Flasche, betrachtete sie, dann stellte die Königin sie auf dem Tisch neben sich ab.
In der Erwartung fortgeschickt zu werden, sammelte Maris ihre Ausrüstung wieder ein und verstaute diese.
Daher überrumpelten sie die Worte der Königin etwas. „Dirick von Derkland erzählt viel Gutes über Euch, Lady Maris.“
Außerstande die Röte zu unterdrücken, die ihr da wieder ins Gesicht stieg, konzentrierte Maris sich auf die seidene Schnur, die sie gerade um ihre Holzkiste wickelte. Ihre Hände wurden ganz ungeschickt und wollten ihr nicht gehorchen, als sie versuchte, die Kiste mit einem Knoten zu verschnüren. Sie wusste nicht, was sie der Königin hier erwidern könnte. Sie war sich eigentlich gar nicht sicher, ob die Königin überhaupt eine Antwort verlangte.
Es schien keiner Antwort zu bedürfen. „Seid Ihr jemandem versprochen, Lady Maris?“
Maris blickte hoch, um in ein sehr interessiertes Augenpaar zu blicken. „Mein Vater hat eine Vermählung in die Wege geleitet, aber er wurde getötet, bevor die Zeremonie stattfinden konnte. Ich weiß nicht–ich glaube nicht, dass die Verträge unterzeichnet worden sind.“
Eleonore verschränkte nachdenklich die Finger. „Sehr gut. Ich danke Euch für Eure Dienste. Man wird Euch eine Entlohnung zukommen lassen.“ Sie lächelte. „Ihr dürft gehen.“
~*~
Maris schob ihre Kapuze zurück und ließ den Frühlingswind ihr Gesicht streicheln. Mit geschlossenen Augen neigte sie das Gesicht zur Sonne. Es fühlte sich himmlisch an die dunkle Burg verlassen zu haben und fern der geschäftigen, übelriechenden Straßen von London zu sein.
Neben ihr wieherte Hickory leise, als ob sie den unausgesprochenen Gedanken ihrer Herrin zustimmen wollte. Diese schritt gerade durch das hohe Gras einer Wiese, wo sie Kräuter sammelte, um diejenigen wieder zu ersetzen, die sie im Laufe des Winters aufgebraucht hatte. Sir Raymond de Vermille stand zusammen mit drei anderen Soldaten von Langumont auf der Straße am Rand der Wiese und hielt von dort aus ganz entspannt ein Auge auf seine Herrin.
Sie war erfreut zu sehen, dass der leuchtend blaue Chicorée schon blühte und zog mehrere Pflanzen samt den Wurzeln aus der Erde und schüttelte dann die schweren Klumpen von den langen Wurzeln. Es waren kräftige Pflanzen mit stacheligen Blättern und fein behaarten Stängeln und eigneten sich für vielerlei. Sie schnitt die Wurzeln ab und wickelte sie in dicke, abgeschnittene Ärmel von Baumwolle. Die Wurzeln würde man nachher zu einem leichten Trank einkochen. Dann stopfte sie die Blätter in einen anderen
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