Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
gelegt wurde, was der Rücken eines Pferdes sein musste. Etwas Wärmeres bedeckte sie dann und sie spürte ein Seil an ihrem Rücken, das sie an ihrem Pferd festband. Angst ergriff erneut von ihr Besitz, als man das Pferd zu einem schnellen Trab und dann einem ausgreifenden Galopp antrieb, denn sie hatte nichts, woran sie sich festhalten konnte, und wenn das Seil nachgab, würde sie von den Hufen des Pferdes zertrampelt werden.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren ihre Entführer recht schweigsam gewesen: nichts außer knappen, scharf formulierten Befehlen von dem einen, der wohl der Anführer war.
Wer konnte das hier getan haben? – fragte sie sich selbst und zwang ihre Gedanken zur Ordnung. Vorhin hatte jemand einen „er“ erwähnt und offensichtlich wünschte dieser „er“ nicht, dass ihr ein Leid geschah.
Ihr erster Gedanke war Victor – aber sie verwarf das augenblicklich. Warum sollte er sie denn entführen, wenn er in Kürze mit ihr verlobt sein würde?
Sie zwang ihre Gedanken weiterhin dazu, sich geordnet durch all diese Ereignisse zu bewegen. Wenn Verna darin verstrickt war – obwohl es auch schien, dass sie nicht weiter vonnöten war, wenn man den Geräuschen des Kampfes von vorhin Glauben schenkte und auch aufgrund der Tatsache, dass man sie zurückgelassen hatte. In welcher Verfassung man sie zurückgelassen hatte, wusste Maris nicht. Sie schüttelte sich bei dem Gedanken.
Wer auch immer dahinter steckte, er wollte sie lebend und für seine eigenen Zwecke. Ein Lösegeld wäre eine wahrscheinliche Erklärung oder vielleicht wollte jemand dafür sorgen, dass ihr Vater sich seinem Willen in einer politischen Angelegenheit beugte.
Wie auch immer es sich verhielt, Maris versuchte sich selber Mut zuzusprechen: denn wenn es sich um ein Lösegeld handelte, würde man sie ja offensichtlich unversehrt wieder zurückgeben.
Ihre Reise war von einer endlosen Dauer, so kam es ihr vor. Tatsächlich hatte sie keine Vorstellung mehr von Tag und Nacht. Einmal wurde sie vom Pferd gerissen und dann grob aus ihrer Hülle ausgewickelt, damit sie hinter einem nahe gelegenen Busch ihre Notdurft verrichten konnte. Ihre Arme blieben weiterhin gefesselt und ihr Entführer, den sie nicht erkannte, stand mit dem Rücken zu ihr. Beschämt, aber verzweifelt versuchte Maris nicht daran zu denken, wie nah er stand, als sie sich in den Schnee hockte.
Dann brachte man sie dazu, sich mit den drei Männern an ein kleines Feuer zu setzen, wo die sie mit einem Stück Brot und einer kleinen Brotkruste fütterten. Einer von ihnen schüttete ihr Ale in den Mund, wobei ihm gleichgültig war, dass das meiste ihr an Kinn und Hals runterlief. Irgendwann versuchte Maris sie zu fragen, wer sie waren und was ihre Absichten waren, aber sie wurde durch die Androhung eines Knebels zum Schweigen gebracht.
Sie wurde wieder in das Sackleinen eingewickelt, auf das Pferd verfrachtet und die Reise ging weiter.
KAPITEL ELF
Dirick wischte die letzten Reste von Brühe mit Hilfe einer trockenen Brotkruste aus seinem Holznapf. Der Saal von Breakston war laut und schmutzig wie immer, und das Essen war in den fünf Tagen, die er dort verbracht hatte, nicht besser geworden. Er hatte vorgehabt Tags zuvor fortzugehen, aber nachdem er die Szene gesehen hatte, wo Berkle Bon seine schlechten Nachrichten überbrachte, hatte Dirick seine Meinung geändert. Er spürte, dass irgendetwas im Busch war und beschloss, noch für einen weiteren oder auch zwei Tage unter Bons Dach zu verweilen.
Er hatte jedoch einen ungünstigen Tag ausgewählt, um auf Breakston zu bleiben, denn es war kalt und schneite draußen außerhalb der Burg und es gab nur wenig Zerstreuungen drinnen, außer nahe am großen Feuer zu sitzen oder sich mit den anderen Soldaten und Rittern dort Geschichten zu erzählen. Dirick brannte darauf, draußen zu sein, um sich im Schwertkampf zu üben und vielleicht mit Nick auszureiten, der genauso darauf brannte wie sein Herr, von Breakston fortzukommen. Aber wie die Dinge lagen, war es gerade mal Mittag vorbei und der Tag erstreckte sich schier endlos vor ihm.
Er schob sich von dem grob gehauenen Tisch weg und schlenderte durch das vergammelte Stroh auf dem Boden. Einer der anderen fahrenden Ritter, der bei Bon beschäftigt war, winkte ihn an einen Schachtisch heran und Dirick nahm dankbar an. Sie hatten gerade alle Figuren aufgestellt, als ein großer Tumult im Schlosshof ausbrach.
Bon sprang von der Bank hoch, auf
Weitere Kostenlose Bücher