Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
wild über das Feld im Norden. Wir hielten beim Wald dann an und er holte uns dort ein. Er war nicht bester Stimmung.“ Ihr Gesicht war jetzt ganz bleich.
„Hat er dich geschlagen? Ich sehe keine Anzeichen dafür“, fragte Merle, dem ihr angeekelter Gesichtsausdruck mehr Sorge bereitete als ihre Worte.
„Nein. Geschlagen hat er mich nicht.“
„Es ist das Recht eines Mannes seine Frau zu schlagen“, erinnerte Merle sie, obwohl seine Sorge jetzt beträchtlich größer war. „Auch wenn es sich meiner Meinung nach nicht ziemt, dass ein Stärkerer seine Macht über einen Schwächeren in solcher Weise zeigt.“
Er seufzte. „Vielleicht tat ich nicht das Rechte für dich, Maris, als ich dich nicht nur dem Hof fernhielt und allen, die sich da aufhalten, sondern auch vor der Grausamkeit der Welt zu schützen suchte. Du bist so erzogen worden, dass du nicht damit rechnest für deine ungestüme Art Zorn oder Gewalt zu ernten ... aber außerhalb von Langumont wären viele entsetzt über deine impulsive Art zu handeln und deine Geringschätzung für Dinge wie Schicklichkeit und Sittsamkeit.“
„Papa–“, Maris’ Augen füllten sich mit Tränen.
Er gebot ihr Einhalt, indem er sie in seine Arme zog und fest an sich drückte. „Maris, mein Liebes, du weißt doch, dass das, was mir am wichtigsten ist, war und immer sein wird – das ist dafür zu sorgen, dass es dir nie an etwas mangelt. Ich weiß, du hast nicht den Wunsch zu heiraten, aber du weißt auch, dass ich dich mehr als alles andere auf dieser Welt liebe und dass nur diese unsanfte Erinnerung kürzlich mich dazu veranlasst hat, deine Verlobung entscheidend voranzutreiben. Ich weiß, dass ich nicht immer hier sein werde, um dich zu beschützen, Herzallerliebstes. Das ist der einzige Grund, warum ich dich fortschicke, um dich einem anderen Mann zu vermählen – wer auch immer der sei . Lord Victor wird für dich sorgen. Und für Langumont.“
„Aber Papa.“ Ihre Stimme war tränenerstickt. „Er hat mir wehgetan, Papa, und ich fürchte mich vor dem, was er tun wird, wenn wir erst vermählt sind.“
Merle wurde es eiskalt und er hielt sie auf Armeslänge von sich. „Hat er dir Gewalt angetan?“ Zorn begann aus seinem tiefsten Inneren hochzusteigen.
Er erinnerte sich nur zu gut an die zerbrochene, zerschundene Joanna von Swerthmore, der Maris mit ihren heilenden Salben geholfen hatte. Das Mädchen war nun mit Bernard von Derkland verheiratet, aber ihre erste Ehe war eine von Gewalt und Furcht gewesen.
Niemals würde er zulassen, dass etwas Derartiges seiner eigenen Tochter widerfuhr.
Maris schluckte schwer. „N-nein, Papa. Er war grob und überall waren seine zudringlichen Hände...“ Sie schauderte.
Merle rang sich ein freundliches Lächeln für seine Tochter ab und auch wenn er beunruhigter war, als er es sich anmerken ließ, waren seine Wort aufmunternd. „Mein Liebes, du bist eine schöne Frau ... und ich bin sicher, dass die Leidenschaft zu dir einfach über ihn gekommen ist. Denke daran, schon bald sollst du seine Frau sein. Sei nicht allzu beunruhigt, er wird gut zu dir sein.“ Oder ich werde ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen. „Geh jetzt und sieh nach deiner Mutter. Sag ihr, ich werde in Kürze bei ihr sein.“
Als Merle wieder alleine in seiner Kammer war, war er nicht in der Lage sich auf die Aufgaben vor ihm zu konzentrieren. Das ängstliche und doch resignierte Gesicht seiner Tochter ging ihm nach. War es wirklich so, handelte er hier wirklich zu Ihrem Besten? Hatte er die richtige Entscheidung getroffen?
Seine Gedanken wanderten zurück zu jenem Abend, wo er auf den Zinnen seines geliebten Langumonts spazieren gegangen war ... und zu der Unterhaltung, die er dort mit Dirick Derkland geführt hatte. Harold musste sehr stolz auf seinen Sohn sein, dachte Merle bei sich.
Merle dachte noch eine ganze Weile nach, den ganzen Tag und dann auch noch einen guten Teil des verbliebenen Abends, Er hatte bei Tisch die anderen um ihn herum mit Argusaugen beobachtet: seine Frau und seine Tochter, Michael und Victor d’Arcy.
~*~
Maris schlug sich durch das abendliche Mahl in etwa so, wie sie sich vorstellte, wie ihr Vater sich der Schlacht entgegen stellte. Sie war höflich, wenn auch etwas zurückhaltend den Gästen gegenüber, aufmerksam ihrer Mutter gegenüber, die darauf bestanden hatte, ihr Bett zu verlassen, und herzlich zu ihrem Vater.
Aber der Moment, da man sich
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