Kraftvolle Visionen gegen Burnout und Blockaden
einem Therapeuten sprechen kann. Ich kanneinfach erzählen, wie es mir geht. Der andere hört mir zu, ohne das, was ich sage, zu bewerten. Er fragt nach, er interessiert sich für mich. Er erschrickt nicht über das, was ich sage. Für ihn ist es ganz normal. Und so verliert es auch für mich das Erschreckende. Es ist eine normale Erfahrung, die ich da durchmache, die viele andere auch kennen. Das entlastet mich von meinen Selbstvorwürfen und Selbstbeschuldigungen.
Schon die frühen Mönche haben das Gespräch als wichtigen Weg der Heilung gepriesen. Der hl. Benedikt empfiehlt seinen Mönchen, die geheimen Gedanken und Gefühle dem Abt zu offenbaren. Benedikt begründet das mit einem Schriftwort: »Eröffne dem Herrn deinen Weg, und vertrau auf ihn!« (RB 7,45 = Ps 37,5) Wenn ich offen über meine Gedanken und Gefühle spreche, dann verliert – so sagen die Mönche – die innere Schlange ihre Kraft. Sie wird gleichsam nach außen geworfen und verschwindet. Solange ich meine Gedanken über meine Erschöpfung für mich behalte, werden sie immer schlimmer. Ich grüble nach und komme doch nicht weiter. Im Sprechen bekommt das innere Durcheinander eine innere Ordnung und Richtung. Ich erkenne einen Weg, wie ich weitergehen kann. Und vor allem fühle ich mich innerlich erleichtert. Ich muss meine Energie nicht mehr damit verschwenden, alles zurückzuhalten. Ich habe mein Herz geöffnet und bin nicht verurteilt worden. Im Gegenteil, der andere versteht mich, nimmt mich so an, wie ich bin, damit auch ich damit aufhöre, mich weiterhin zu verurteilen.
Wie Flow zum Segen wird:
Werte und Beziehung
Zum Fließen kann man durchaus auch bei bösen oder destruktiven Handlungen kommen. Viele Kriegsveteranen erzählen, sie hätten sich nie so sehr im Fluss gefühlt wie im Krieg. Wir wissen: Es gibt auch den Rausch der Gewalt und den Sog des Bösen. Csikszentmihalyi warnt eindringlich davor, dass Flow auch missbraucht werden kann. Wenn Firmen damit werben, dass man sich ganz und gar in die Arbeit einbringen soll, denn dann erlebe man Flow, so steckt darin auch eine Gefahr. »Das kann auch dazu führen, dass man Menschen auffordert, mit vollem Einsatz zu arbeiten, um sich selbst keine Sorge zu tragen, sondern immer nur das Wohl des gesamten Betriebs vor Augen zu haben, was dann aber sehr schnell ins Gegenteil umschlagen kann.« (S. 84 )
Wir müssen uns also immer vor zu großen Worten hüten. Wenn wir das »Flow-Gefühl« allzu sehr anpreisen, dann gewinnen wir die Menschen zwar für unsere Sache, aber nicht auf Dauer: Irgendwann fühlen sie sich ausgebeutet. Sie spüren, dass sie nur dazu benutzt werden, sich rückhaltlos für die Firma einzusetzen, aber sie erfahren keine wirkliche Würdigung ihrer selbst. Es entsteht eine Art von Suggestion, die einige Menschen ansteckt und sie vielleicht zu Höchstleistungen antreibt. Aber wer kein Gleichgewicht zwischen der Faszination für die Arbeit und seinem persönlichen Lebensbereich hat, der wirddurch das Flow-Gefühl missbraucht. Und irgendwann reagiert er auf diesen emotionalen Missbrauch mit Burnout.
Eine andere Gefahr besteht darin, dass Flow süchtig machen kann. Man stürzt sich leidenschaftlich in die Arbeit und kommt dort ins Fließen. Aber man versinkt darin und vergisst dabei sich selbst, seine Umgebung, seinen Partner oder seine Partnerin und die eigene Familie, und so geht man seiner eigenen Wahrheit aus dem Weg. Daher braucht es immer das richtige Maß und die Vielfalt des Lebens, damit wir nicht vor dem Leben ausweichen und uns nur in die Arbeit stürzen. Daher warnt der ungarische Psychologe: »Flow ist eine Form von Energie, und wenn du nicht weißt, wie du mit ihr umzugehen hast, dann kann sie dich und andere zerstören. Wenn du aber weißt, wie du damit umgehen kannst, wird sie dich, deine Kinder, deine ganze Familie und deine Mitmenschen wärmen – und das ist wunderbar!« (S. 93 )
Damit Flow zum Segen wird, muss er mit Werten verbunden sein. Es muss sinnvoll sein, was ich tue. Und es muss den Werten entsprechen, die unser Tun wertvoll machen. Eine Firma, die den Flow ausnützt, um Mitarbeiter arbeitssüchtig zu machen, zerstört Menschen. Nur dort, wo die Firma auch die echten Werte lebt, die schon die griechische Philosophie als für uns Menschen maßgebend gefunden hat – Gerechtigkeit, Tapferkeit, das rechte Maß, Klugheit –, wird der Flow zum Segen werden. Andernfalls – wenn diese Werte nicht mehr zählen und Leistung nur instrumentalisiert wird –
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