Kreuzfeuer
alle Tiere zur Paarungszeit so gerne tun, habe ich recht?«
Doch Sofia lachte nur auf, als sich hinter ihnen eine Welle aufbaute, und fing wie wild zu paddeln an. Die Welle erfasste ihr Brett und riss es mit sich, türmte sich an die sieben Meter hoch auf, ihre Spitze krümmte sich, fing an zu schäumen und – Sten war so gut wie noch nie am Meer gewesen – ließ ein dunkles, immer lauter werdendes Donnern vernehmen, als sie auf den Strand zurollte.
›Mit so was kannst du dich umbringen!‹ dachte Sten, als er sah, wie sich Sofia auf das Brett kniete, dann hinstellte und auf dem Wellenkamm entlangritt. Staunend schaute er ihr nach, wie sie dicht unterhalb der sich überschlagenden Wellenkrone dahinsauste und dabei anmutig auf ihrem Brett die Balance hielt.
Stens Gehirn signalisierte ihm, dass das einfach unmöglich war. Sie erwartete doch nicht etwa von ihm, dass er sich auf ein Stück schwimmendes Plastik stellte und damit auf einer Meeresströmung mit vielleicht 80 Kilometern in der Stunde auf die Küste zuraste – und dabei noch aufrecht stehen blieb!
Sofia hatte ihre Zehen fest um den vorderen Rand des Brettes geklemmt, während es auf der noch immer nicht ganz umgeschlagenen Vorderseite der Welle auf und nieder tanzte.
Dann brach die Welle, doch Sofia hatte es irgendwie geschafft, von ihr loszukommen, hinter sie zu geraten, und schon winkte sie Sten aufmunternd zu.
›Warum nur, im Namen des Imperators, musste ich mich ausgerechnet in eine Mache verlieben?‹ dachte Sten.
Und dann ließ er sich auf das Brett zurücksinken und lauschte dem Nachklang der Gedanken in seinem Kopf.
›Verlieben? Sofia? Du bist hier im Auftrag des Imperators, Sten. Sex ist eine Sache. Aber Liebe? Weißt du überhaupt, was Liebe ist, Sten?‹
›Allerdings weiß ich das‹, antworteten ihm seine Gedanken. ›Ich kann mich noch daran erinnern, wie sehr du dich nach Bet gesehnt hast, als du sie für tot hieltest. Ich erinnere mich auch an Vinnettsa. Und dann war Bet doch noch am Leben. Und ich erinnere mich daran, wie die Liebe zu Bet allmählich schwächer wurde und dass ihr euch plötzlich wie gute Freunde gegenüberstandet.‹
›Netter Gedanke‹, meldete sich ein anderer Teil seines Bewusstseins. ›Eine gute Entschuldigung dafür, sich um das zu drücken, was Sofia gerade getan hat. Aber ohne einen Meta-Balance-Computer ist das sowieso unmöglich‹, beruhigte ihn sein Hirn, als er bereits die nächste Welle anpaddelte.
Sie baute sich vor ihm auf, und Sten setzte sich vorsichtig auf die Füße, und plötzlich stand er aufrecht, und plötzlich brüllte der Wind so laut wie die Welle unter ihm, und Sten wunderte sich bereits, weshalb um die ganze Geschichte soviel Aufhebens gemacht wurde, doch dann steuerte er sein Brett auf den Wellenkamm hinauf, und die Welle fing an, sich zu überschlagen, und …
Der Wasserberg krachte schäumend über ihm zusammen, führte jede Menge Schutt und Treibgut mit sich, darunter mehrere Holzstücke, Sten und sein Brett.
Zuerst lag das Brett auf Sten, dann lag Sten wieder auf dem Brett, dann war das Brett weg und Sten hatte den Mund voller Sand und kleiner Strandlebewesen, dann erhob er sich aus der zischenden Brandung und Sofia lachte ihm zu.
Er spuckte eine Ladung Tang aus und stapfte an den Strand.
»Na, noch ein Versuch?« fragte Sofia lachend.
»Gleich«, brachte Sten heraus. »Aber zuerst wollen wir einen Happen zu uns nehmen.« Er wankte den Strand hinauf und steuerte direkt auf den Picknickkorb zu. Sofia kam hinter ihm her. Mit etwas Glück, der angemessenen Menge Wein und der richtigen Technik, da war sich Sten ziemlich sicher, würde er sich diesem mörderischen Ozean niemals wieder stellen müssen.
Kapitel 28
Sten und Mathias betraten den riesigen Hangar, in dem Stens Söldner und die Gefährten angetreten waren.
»Volk des Propheten!« donnerte Mathias, und als seine Leute ihm donnernd antworteten, fragte sich Sten, woher die Kerle diesen zusätzlichen Satz Stimmbänder nahmen.
»Wir machen uns jetzt daran, einen Schlag mitten ins Herz der Jann auszuführen«, rief Mathias. »Einen tödlichen Schlag gegen Ingild. Wir werden die Ketzerei ein für allemal vernichten. Wir ziehen los, um für Theodomir und den Wahren Glauben des Talamein zu sterben.«
Während Sten dem zustimmenden Geheul von Mathias’ Legionen lauschte, fragte er sich, ob er sich gerade auf einen ebenso mörderischen Wellenritt vorbereitete wie den, dessen unglücklichen Ausgang Sofia miterlebt
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