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Kreuzstein

Kreuzstein

Titel: Kreuzstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiber
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Gewehren ihn mit Verzögerung erreichte. Er war kreidebleich, als er schließlich wortlos seinem Nachbarn die Kamera zurückgab. Der Aufprall des Körpers auf dem schneebedeckten Platz war zu viel für ihn.
    Der Leiter des SEK gab ein Handzeichen. Vorsichtig, immer den Blick nach oben gerichtet, gingen zwei vermummte Männer auf den leblosen Körper zu. Der Schnee um Kopf und Einschusslöcher begann sich langsam rot zu färben. Der größere der beiden Männer drückte zwei Finger an die Halsschlagader des leblosen Mannes. Dann sagte er etwas in sein Mikro.
    Der rechte Arm des Toten war leicht angewinkelt, die Hand, die halb unter seinem Körper lag, hielt ein schwarzes Handy umklammert, das anscheinend unversehrt dicht neben einer Einschusswunde lag. Langsam sickerte das Blut auf das Gerät zu.
    »Ich nehme jetzt das Handy weg«, informierte der kleinere der beiden Männer seinen Chef über Mikrofon.
    Ganz vorsichtig hob er den leblosen Körper über dem umgebauten Handy an, nur einen halben Zentimeter, um es herauszuziehen.
    Trotz des Kopfhörerstöpsels in seinem Ohr registrierte der Mann vom SEK ein leises Klacken.
    Gebannt schauten die wenigen Personen, die vor der Absperrung zugelassen waren, auf die beiden Polizisten vom Sondereinsatzkommando. Der kleinere der beiden beugte sich über den Täter, der leblos am Boden lag, und fasste unter seine Hüfte. Blitzschnell richtete er sich wieder auf, rief seinem Kollegen etwas zu und rannte los. In diesem Moment explodierten an der Basis des zweiten Geschosses gleichzeitig vier Stellen an jedem Turm. Es waren die statisch brisantesten Punkte an den Außenseiten, direkt in der Reihe über dem Hauptportal. Noch während die beiden Männer vom SEK über den Platz spurteten, quoll eine gewaltige Menge bengalischen Feuerregens über die Fenstersimse im Erdgeschoss und ergoss sich wie ein Lavastrom auf den Vorplatz. Zwei Sekunden später schien es, als wollten sich die beiden Türme vollständig in Flammen setzen. Von den Galerien der beiden Türme in 95 Metern Höhe entzündeten sich Unmengen weißer Magnesiumfeuer, die wasserfallartig in die Tiefe stürzten und die aufragenden Türme in ein gleißendes Kleid hüllten, nur an den Eckpfeilern durchdrungen von den roten Glutmassen der bengalischen Feuer. Die Spitzen der beiden Türme verschwanden im dichten Rauch des Feuerzaubers, der sich zum Himmel hin mit den Flocken des wieder stärker einsetzenden Schneefalls mischte.

| 24 |
    Katy kam auf ihren Vater zugerannt und warf sich schluchzend in seine Arme. Sie zitterte am ganzen Körper. Henno strich ihr über die Haare und schloss die Augen. Gabriele Kronberg ließ die beiden einen Augenblick lang gewähren, aber dann trat sie auf Katy zu.
    »Frau Allenstein, oder darf ich Katy sagen?«
    Katy löste sich von ihrem Vater. Sie nickte und tupfte sich die Augen ab.
    »Katy, Sie haben als Einzige mit Hendricksen gesprochen, und Sie müssen uns einige Fragen beantworten. Wissen Sie, ob er noch etwas anderes geplant hatte? Gibt es noch weitere Sprengungen?«
    Katy drehte sich um und musterte die zahlreichen Uniformierten auf dem Domplatz, das Blinken der Blaulichter, die Feuerwehrleute, die die letzten Glutreste des Feuerwerks löschten. Langsam hob sie den Kopf und blickte an den Türmen empor.
    »Von dort oben ist er heruntergestürzt?« Sie drehte sich langsam um, sah ihren Vater an und starrte wie abwesend auf die Kommissarin. »Nein, er hat nichts über Sprengungen erzählt. Er hat mir erzählt, was man ihm angetan hat, dass er es nicht mehr ertragen konnte. Und er wollte, dass es alle verstehen, sodass sie es nie mehr vergessen. Ich habe bis zuletzt geglaubt, er würde tatsächlich die Türme sprengen.« Ein Schauer überlief sie, und sie schüttelte sich leicht. Sie drehte sich wieder um, ließ den Blick zu den Turmspitzen schweifen und schüttelte den Kopf bei der Vorstellung, dass jetzt ein riesiger Trümmerhaufen aus Trachyt und Sandstein hier liegen könnte.
    »Katy, es ist sehr wichtig. Hat er etwas über die gesagt, die ihn missbraucht haben? Wie viele es waren, wer es war?«
    »Er hat gesagt, der Hausmeister wäre der Schlimmste gewesen. Er ist tot, die Flutwelle hat ihn bei der Sprengung mitgerissen. Die Namen der anderen drei hat er nicht genannt. Sie waren Geistliche, als er Ministrant war.«
    »Es waren drei?«, fragte Gabriele Kronberg erstaunt. »Wir wissen nur von zweien, die Priester geworden sind. Einer davon ist unter noch nicht ganz geklärten Umständen

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