Kreuzzug der Templer
gefragt.
»Nein, das nicht.« Godwin lächelte und hob die Schultern. »Es ist nur eine für mich unruhige Nacht, und da wollte ich mal vorbeischauen. Die Zeit ausnutzen.«
»Ja, das kennt man. Es ist Vollmond.« Der wachhabende Ordensritter nickte weise.
»Auch das.« Godwin wollte seine Templer-Brüder nicht länger stören und zog sich wieder zurück.
In seinem Kopf rotierten trotzdem die Gedanken, obwohl nichts passiert war. Grundlos hatte ihn die Warnung nicht erfasst, als den er seinen Zustand wahrnahm.
Der nächste Weg führte ihn in sein Arbeitszimmer. Zwei Räume hatte er als Anführer der Templer bewohnt. Beide lagen nebeneinander, aber seit seiner Hochzeit hatte er sich noch einen dritten Raum eingerichtet, eben das gemeinsame Schlafzimmer, neben dem das Bad lag.
Im Arbeitszimmer war nichts verändert worden. Nur den Raum nebenan hatte Sophie verändert und nach ihren Wünschen eingerichtet. Es war das Zimmer, in das sich beide zurückzogen, wenn sie zu zweit ungestört sein wollten.
Godwin blickte auf die Uhr.
Die dritte Morgenstunde war fast vorbei. Eine verdammt ungünstige Zeit, um auf den Beinen zu sein. Eigentlich hätte er müde sein sollen. Er war es nicht, sondern auf eine besondere Art und Weise hellwach. Er stand unter Spannung, und er spürte, wie ihm der Schweiß aus den Poren drang.
Etwas war im Werden. Das Gefühl hatte ihn gewarnt. Er ging zum Fenster und schaute dabei auf den Knochensessel, der darunter stand. Für einen Moment überlegte er, ob er sich nicht in den Sessel hineinsetzen sollte. Er ließ es bleiben, denn er wollte sich zunächst um andere Dinge kümmern.
Sein Blick glitt nach draußen in den Garten, der im kalten Licht des Mondes vor ihm lag und so aussah wie eine Theaterkulisse. In der zweiten Hälfte des Gartens stand die Kapelle. Ihr dunkles Gemäuer wurde ebenfalls vom Schein des Mondes getroffen und gab einen fahlen, etwas unnatürlichen Glanz ab.
Er öffnete das Fenster und lauschte dem Säuseln des Nachtwinds. Im Garten herrschte die gleiche Stille wie im Haus. Kein Laut drang an sein Ohr, der ihm fremd vorgekommen wäre.
Klar und scharf malte sich der Kreis des Mondes am Himmel ab. Das eine Auge war auf die Erde gerichtet, um all das zu beobachten, was auf dem blauen Planeten vor sich ging.
Godwin schloss das Fenster wieder. Es wäre jetzt an der Zeit gewesen, ins Bett zu gehen. Das hätte er tun können, aber er wollte nicht. Er hätte sowieso nicht schlafen können, weil er nach wie vor davon überzeugt war, dass diese Nacht zahlreiche Geheimnisse in sich barg.
Seine Unruhe war nicht grundlos, das stand für ihn fest. Etwas musste ihn in diese Lage hineingebracht haben, und es gab unter Umständen noch eine Möglichkeit, es herauszufinden.
Der Würfel!
Der Würfel des Heils, dessen Pendant sich in der Gewalt des Spuks befand.
Godwin de Salier schüttelte den Kopf, weil er nicht schon früher auf die Idee gekommen war. Zunächst aber schrak er leicht zusammen, denn es hatte jemand gegen die Tür geklopft, die sofort danach geöffnet wurde, sodass Sophie eintreten konnte.
Sie lächelte ihren Gatten an. »Und? Hast du schon etwas gefunden? Kennst du die Lösung?«
»Noch nicht.« Er berichtete, wie er sich in den vergangenen Minuten verhalten hatte und kam dann auf seinen Würfel zu sprechen.
»An ihn hättest du schon längst denken können.«
»Ich weiß, aber...«
»Nimm ihn.« Sophie holte sich bereits einen Stuhl heran. Auch sie war mit einem Bademantel bekleidet. Die Müdigkeit war aus ihrem Gesicht verschwunden. Es gab nur eine Lampe im Raum, doch das reichte aus.
Godwin nahm hinter seinem Schreibtisch Platz, Sophie setzte sich ihm gegenüber. Sie schickte ihrem Mann ein aufmunterndes Lächeln, damit er die Lade aufzog.
Mit beiden Händen umfasste er den Würfel und stellte ihn vor sich auf die Schreibtischplatte. Für ihn war er ebenso wertvoll wie der Knochensessel, und er behandelte ihn wie ein rohes Ei.
Er war ein Transporter, ein Warner. Gefüllt mit einer violetten Farbe, malten sich trotzdem die feinen weißen Schlieren ab, die so etwas wie Nachrichtenträger waren und ihm oftmals die Wahrheit bekannt gaben – die durchaus nicht nur positiv sein konnte, doch im Stich gelassen hatte ihn der Würfel noch nie.
Seine Frau nickte ihm zu. »Es war eine gute Idee, Godwin. Bitte, ich bin gespannt.«
Er lächelte und senkte den Kopf. Zugleich legte er beide Hände gegen die Seiten. Er benötigte den Kontakt zwischen ihm und dem
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