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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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zulassen, dass vor den Augen der Weltöffentlichkeit eine Geisel nach der anderen ermordet wird. Das würde nur Nachahmer ermutigen. Setzen Sie alles daran, dass die Situation bereinigt wird. So oder so.«
    Wieder einmal gab der Befehl der Kanzlerin viel Raum für persönliche Auslegung. Danach zog sie sich in ihr Büro zurück.

Kapitel fünfundsechzig
    Eibsee-Hotel , 6  Uhr 15
    E s ist alles vorbereitet, Frau Kapitän, wir können jederzeit auf Sendung gehen.« Der Mann vom Militärischen Abschirmdienst hatte in Rekordzeit eine Internetseite eingerichtet, über die Kerstin Dembrowski mit den Entführern in Kontakt treten wollte.
    »Wenn Sie da jetzt gleich loslegen, kann die ganze Welt zusehen, das ist Ihnen klar?« Als Pressereferent war Dr. Martin Schwablechner nicht geheuer, was die forsche Frau aus Berlin da vorhatte. Das sah in seinen Augen nach massivem Kontrollverlust über die Dynamik eines Kommunikationsgeschehens aus. So tippte er es zumindest in sein Logbuch der Geschehnisse, das er für sich und für spätere Untersuchungsausschüsse und was da alles auf seinen Ministerpräsidenten zukommen würde, auf seinem Laptop führte.
    »Das ist der Sinn der Übung. Wir müssen eine Balance in der Kommunikation herstellen. Bisher senden die, und die Welt schaut zu. Wir sehen aus wie dumme Schulkinder, denen nicht einfallen will, wie sie darauf reagieren sollen. Mit anderen Worten: Der Gegner führt die Kommunikation. Dem müssen wir entgegenwirken. Nur so können wir den Gegner unter Umständen unter Druck setzen und ihn dazu verleiten, Fehler zu begehen.« Kapitän zur See Dembrowski machte ganz den Eindruck, als wisse sie, was sie tat.
    Schwablechner wollte diesmal alle Eventualitäten vorausgesehen haben. »Und das werden sich die Terroristen einfach gefallen lassen? Werden sie das nicht auch durch Drohungen unterbinden? So, wie sie den Verkehr rund um diesen Berg haben einstellen lassen?«
    »Ich gehe davon aus, dass auch diese Männer ein sehr viel größeres Kommunikationsbedürfnis haben, als es ihre Taktik der Informationsverknappung, an die sie sich bisher sehr streng gehalten haben, zulässt. Sie werden wahrscheinlich auf eine Diskussion mit mir einsteigen.«
    »Das ist natürlich ein genialer Plan, Frau Dembrowski, das muss ich sagen«, bemerkte der Fahrdienstleiter Franz Hellweger, der seinen Platz im Führerstand drüben auf dem Bahnhof Eibsee gegen den im Krisenstab getauscht hatte. »Die Welt kann dann bezeugen, wie sehr wir uns bemühen, mit offenen und ehrlichen Argumenten den Terroristen entgegenzutreten. Da können die gar nicht anders, sie müssen mitmachen, wenn sie nicht unglaubwürdig werden wollen. Und es nimmt der ganzen Bewegung, der die angehören, den Wind aus den Segeln, wenn die Welt sieht, dass da eine junge Frau mit hartgesottenen Geiselnehmern verhandelt.«
    Kerstin Dembrowski sah den Mann im karierten Hemd und den Bergstiefeln lange an. Eine solche kommunikationstaktische Weitsicht hätte sie sich von den höheren Beamten der Polizeibehörden gewünscht. Doch statt dieser Spezialisten war es ein Zugspitzbahner, der ihre Taktik mit zwei Sätzen analysieren konnte. Sie würde sich seinen Namen merken. »Respekt, Herr Hellweger«, antwortete sie. Dann richtete sie sich wieder an die Mitarbeiter der Sicherheitsdienste: »Um acht Uhr legen wir los. Dann ist Deutschland halbwegs wach am Wochenende, und es bleibt noch eine Stunde bis zum Ablauf des ersten Ultimatums. Das werde ich versuchen hinauszuzögern.«
    »Das müssen Sie auch, nachdem die Amerikaner niemanden austauschen wollen«, entgegnete BKA -Mann Hans-Dieter Schnur.
    »Das muss ich auch, da haben Sie recht. Und ich hoffe, dass in Ihren Planungsstäben irgendjemand auf eine Idee kommt, wie man diesen Tunnel stürmen kann. Ein paar Stunden Aufschub werde ich Ihnen vielleicht verschaffen können, aber irgendwann werden die da oben Ernst machen und die erste Geisel erschießen. Ich werde sie nicht zum Aufgeben überreden können. Das wäre ein Wunder.«

Kapitel siebenundsechzig
    Kammhotel , 6  Uhr 45
    J ohn McFarland riss eine Dose Red Bull auf und nahm einen Schluck. Es war wohl die neunte Dose des pappig schmeckenden Koffein- und Glukoselieferanten, die er zu sich nahm. Eine anregende Wirkung des Gebräus verspürte er längst nicht mehr, aber er musste den Level aufrechterhalten, um nicht einzuschlafen. Er trank weiter, bis die Dose leer war. Dann knickte er die Aluminiumhülse mit Daumen und Zeigefinger ein und legte sie

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