Krieg der Drachen - Roman
unzähligen Edelleuten gesehen hatte. Man brauchte
nur mit ihrer Angst vor Intrigen zu spielen und ihnen vorzuschlagen, an einer teilzunehmen, und schon hatte man sie am Haken. Danach kannten sie keinen Zweifel mehr an dem, was man ihnen sagte, und da sie vor allem anderen dazugehören wollten, taten sie alles, ganz gleich, wie empörend die Aufgabe, die man ihnen stellte.
Rivendells gesamte Expedition hatte Ventnor eingefädelt. Er hatte nur Freunden gegenüber scheinbar nebenher zu bemerken brauchen, dass er du Malphias’ Festung mit zwei Regimentern Infanterie und einem Regiment Reiterei erobern könnte, und Rivendell hatte gar keine andere Wahl mehr gehabt, als zu erklären, er sei dazu mit noch weniger Truppen in der Lage. Zu beeinflussen, welche Einheiten ihn begleiteten, war sogar noch einfacher gewesen. Rivendells Schicksal war besiegelt gewesen, noch bevor er die erste Meeresluft schnupperte.
Richard Ventnor, Herzog Todeskamm, kehrte in seine Wohnung zurück und lächelte, als Katherine ihm öffnete. »Und wie lief es, liebste Nichte?«
»Exakt so, wie du es vorhergesagt hast, liebster Onkel.«
»Du bist ein wahres Wunder.« Er küsste sie voll auf die Lippen. »Fast wünschte ich mir, Owen überlebt, damit er dich noch einmal sehen kann.«
»Ich auch.« Sie legte ihm die Arme um den Hals. »Schließlich liebt der Trottel mich noch immer und glaubt ganz bestimmt, unser Kind wäre von ihm.«
SECHSUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
26. Juni 1764
Hutmacherburg
Lindental, Mystria
S eht Ihr, Nathaniel? Was hab ich Euch gesagt?«
»Ich seh’ es, Seth.« Nathaniel war sich nicht ganz sicher, was er sah, aber in Ordnung war es nicht. Das war nicht das Hutmacherburg, das er beim letzten Besuch gesehen hatte. »Zwei Wochen sind sie schon hier, sagt Ihr?«
»Zweieinhalb eher.« Seth schaute ihn mit flehenden Augen an. »Ich lieb’ meine Frau, aber wenn ihre Familie noch ein’ Tag länger bei mir logiert, dann murks ich sie ab, alle miteinander.«
»Lauft nach Hause und sagt Tor, er soll zurück in seine Taverne komm’.« Der Waldläufer stand in der Mitte der Brücke über den Tillie und winkte Caleb zu sich. »Lieftenant, schätze, der Zweite, Fünfte und Sechste Trupp müssen vorrücken und die Brücke hier halten.«
Der junge Frost, der dunkle Ringe unter den Augen hatte, nickte. »Drei Reihen, liegend, kniend und stehend?«
»Tief halten. Lasst Rufus keinen Ärger machen.«
»Nein, Sire.«
»Friedensreich, Loberecht, ihr bringt den Ersten und Vierten zu mir.« Nathaniel wartete, bis beide Trupps eingetroffen waren. »Ganz locker, aber haltet die Waffen bereit.«
Die Bein-Brüder teilten die beiden Trupps in drei Grüppchen auf, mit Drangsal als Leiter der dritten. Dann schlenderten sie nach Hutmacherburg hinein, die schlammige Nordstraße entlang. Zweihundert Schritt weiter lag das Gasthaus.
Nathaniel hatte Hutmacherburg nie sonderlich gemocht, aber wenigstens hatte er auf den Straßen immer etwas gefunden, was sich anzuschauen lohnte. Diesmal nicht. Manche Bewohner waren in ihre Sommerhütten umgezogen, um die Felder zu bestellen, also war es nicht weiter ungewöhnlich, dass die Hälfte der Häuser leerstand. Dass allerdings alle Schornsteine rauchten, überraschte ihn.
Ebenso wie die drei erschossenen Hunde und die Tatsache, dass sie nicht einen einzigen Zivilisten auf der Straße sahen. Zwischen den Häusern sorgte ab und zu ein Windstoß dafür, dass ein zum Trocknen aufgehängter Rotrock blitzte. Selbst der Hafen war verlassen, und das Viehgehege beherbergte eine einzige abgemagerte alte Kuh.
Nathaniel ging in die Stadt und geradewegs zur Taverne. Mit einem kurzen Handsignal schickte er Loberecht und den Vierten Trupp hinter das Haus, während Friedensreich die Bücherwürmer dicht heranbrachte. Er zog die Tür auf und trat ein, kam aber nur einen Schritt weit.
Ein junger Blondschopf in der Uniform der 31. Reitergarde verstellte ihm den Weg. »Dieses Hauptquartier ist für Euresgleichen gesperrt.« Hinter ihm saßen anderthalb Trupp Soldaten trinkend und Karten spielend an den Tischen. Aus dem Obergeschoss hörte er Gelächter, Kichern und quietschende Betten.
»Schätze, ich red’ besser mit Eurem befehlshabenden Offizier. «
»Schätze«, erwiderte der Norillier in einer gedehnten Parodie eines mystrianischen Akzents, »Ihr verpisst Euch besser.«
Nathaniel schmunzelte, dann trieb er dem Mann das rechte Knie zwischen die Beine. Der Kavallerist klappte zusammen, die Hände auf
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