Krieg der Wächter - Green, S: Krieg der Wächter - Daemons Are forever
zu sehr daran gewöhnt, Einzelkämpfer zu sein, das aber war ein Luxus, den ich mir in diesem Krieg nicht länger leisten konnte. Also strengte ich mich immer wieder an, rannte wie verrückt hierhin und dorthin, bis meine Lungen wehtaten und schwarze Punkte vor meinen Augen tanzten. Dann ließ ich lange goldene Klingen aus meinen Händen wachsen und warf mich selbst wieder in ein weiteres wildes und brutales Handgemenge.
Jeder Knochen tat mir schließlich weh, und mein Herz pochte so stark, dass ich schon glaubte, es würde jeden Moment meinen Brustkorb sprengen. Und das war nur eine Übung für den wirklichen Einsatz.
Offenbar hatte Giles etwas ganz Ähnliches wie eine lebende Rüstung in seiner fernen Zukunft gekannt, weil er lauter Ideen hatte, wie man unsere Rüstung selbst zur Waffe machen konnte. Während der kurzen Pausen zwischen seinen sorgfältig choreografierten Feldzügen, hielt er uns Vorträge darüber, wie begrenzt die Familie bisher immer gewesen sei, wenn es um die Rüstung ging. Sie brauchte nicht nur eine Verteidigung zu sein, eine zweite Haut, die uns schützte und unsere Kraft und Geschwindigkeit erhöhte. James's Trick mit den Klingen zeigte, dass die Rüstung zu etwas werden konnte, was auf unsere Gedanken und Bedürfnisse reagierte. Wenn sie ein Schwert schaffen konnte, warum keine Schlachtaxt? Wenn aus meinen Knöcheln Dornen wachsen konnten, warum nicht über meinen ganzen Körper hinweg? Die Rüstung hatte ihre einfache Form zunächst einmal nur, weil wir niemals auf den Gedanken gekommen waren, dass sie viel mehr konnte.
Wenn man schon ein Wunder besitzt - warum sollte man nicht versuchen, es zu verbessern?
Es brauchte einen Außenseiter wie Giles, uns die wahren Möglichkeiten der Rüstung erkennen zu lassen und zu begreifen, dass die Möglichkeiten nur von unserer fehlenden Vorstellungskraft begrenzt waren. Nachdem die Idee sich einmal festgesetzt hatte, gab es kein Halten mehr. Es brauchte eine Menge Konzentration, aber die seltsame Materie unserer Rüstung formte sich selbst unter der Kraft unserer verschiedenen Gedanken. Goldene Hände wuchsen zu den verschiedensten Waffen heran und glänzende Gesichter wurden zu grimmigen Gargoyles, heulenden Wölfen, Monstern und Engeln. Geschmeidige Körperformen bogen und änderten sich, wurden zu mystischen Gestalten und legendären Wesen. Ein paar ließen sich sogar goldene Flügel aus ihrem Rücken wachsen und flatterten wacklig in die Luft hinauf. Wir konnten unsere Formen noch nicht lange halten; noch nicht, es kostete zu viel Konzentration. Aber wer wusste schon, was nach einer längeren Übungszeit alles möglich sein würde?
Ich sah die grimmigen Gestalten und unmöglichen Transformationen immer wieder vor staunendem Publikum herstolzieren und ich wusste nicht genau, ob ich das gutheißen sollte. Gerade jetzt brauchten wir eine Armee, die über jede Waffe verfügte, die wir kriegen konnten. Aber was würde nach dem Krieg aus uns werden? Wenn keine goldenen Monster oder strahlenden Gladiatoren mehr gebraucht würden? Unter normalen Umständen brauchte die Familie nur eine begrenzte Anzahl besonders trainierter Frontagenten, um den Frieden aufrecht zu erhalten. So wie ich einer gewesen war. Würden diese goldenen Soldaten einfach so bereit sein, die neuen Möglichkeiten aufzugeben?
Und was würde passieren, wenn die Rüstung auf einmal begann, auch auf unbewusste Kommandos zu reagieren und nicht nur auf die bewussten? Würden wir dann alle zu instinktbeherrschten, räuberischen Monstern werden, die nur von ihren persönlichen Dämonen angetrieben wurden? Vielleicht würden wir sogar zu Gefangenen unserer Rüstungen werden, wenn sie auf tiefe unbewusste Bedürfnisse einging und unser bewusstes, zutiefst erschrockenes Flehen ignorierte?
Aber das waren Albträume für einen anderen Tag. Hier und jetzt bestand mein Job darin, dafür zu sorgen, dass die Welt überhaupt einen anderen Tag sah. Zuerst musste der Krieg gewonnen werden, dann konnten wir uns Gedanken um den Frieden machen. Also warf ich mich wieder in die Schlacht, in der eine Rüstung auf die nächste prallte, den ganzen heißen Tag lang. Und vor meinen Augen wurde die Drood-Familie zusehends zu etwas Neuem, etwas Entschlossenerem, Feinerem und auf das Ziel Konzentrierterem. Giles Todesjäger trieb die Familie an ihre Grenzen.
Und wir liebten es.
Während einer anderen kurzen Pause, saß ich erschöpft auf dem Rasen und trank ein wunderbar gekühltes Becks direkt aus der
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