Krieg der Wächter - Green, S: Krieg der Wächter - Daemons Are forever
auf einmal lösten. Die beiden Monster schrien mit schrillen, hoffnungslosen Stimmen auf, als uraltes Katgut wie durch Feuerwerk in ihrer Haut aufplatzte und die Narben aufgehen ließ wie Reißverschlüsse. Sie fielen auseinander, Stück für Stück, und ihre Einzelteile platschten auf den Boden. Erst langsam, dann immer schneller. Hände fielen von Armen, Arme von Ellbogen und dann von den Schultern. Beine brachen zusammen. Torsi fielen zu Boden, brachen auf und verteilten längst abgestorbene und konservierte Organe auf dem Fußboden. Die Köpfe waren zuletzt dran. Ihre Gesichtszüge glitten einer nach dem anderen herunter, bis schließlich die Schädel aufplatzten und das vertrocknete, graue Hirn herausfiel.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings schon andere Probleme. Der Elbenlord kam auf mich zu und lächelte sein widerliches, überlegenes Lächeln. Er wedelte mit seinem langen, schimmernden Dolch vor meiner Nase herum und ich wusste, was das war; was das sein musste. Die Klinge war aus seltsamer Materie, wahrscheinlich aus den Schmiederesten der Silberpfeile gemacht, die mich nach dem Autobahn-Hinterhalt beinahe umgebracht hatten. Aber konnte eine Klinge aus seltsamer Materie durch eine Rüstung aus demselben Material schneiden? Ich entschied mich dafür, es nicht drauf ankommen zu lassen. Ich konzentrierte mich und die Rüstung um mich herum erweiterte sich an meinen Händen zu zwei tödlichen langen Klingen. Wie es mein Onkel James mir beigebracht hatte, als er versucht hatte, mich zu töten.
Der Elbenlord und ich umkreisten einander langsam, nahmen uns Zeit und hielten nach Schwächen in Stil und Haltung Ausschau, nach Zögerlichkeiten und Eröffnungen. Endlich schossen wir vor und zurück, stachen nacheinander mit glänzenden Klingen; hin und wieder weg in einem Moment. Die Rüstung machte mich übernatürlich stark und schnell, aber er war ein Elb, also waren wir ebenbürtig. Und während ich mein familiäres Training hatte, hatte er jahrhundertelange Erfahrung, also traf er zuerst. Sein Dolch kam aus dem Nichts, durchbrach elegant meine Verteidigung und rammte sich mir in die Rippen. Unwillkürlich schrie ich auf, aber als die Klinge meine Rüstung traf, nahm diese den Dolch einfach in sich auf. Der Elbenlord stand auf einmal nur mit einem Heft in der Hand da.
Ich rannte ihn um. Wenn Sie eine Chance bei einem Elb haben, dann nutzen Sie die, Sie kriegen vielleicht keine zweite. Meine Hand schlug gegen seine Brust und meine erweiterte Klinge schnitt sein Herz entzwei. Er packte meinen Arm mit beiden Händen, als würde ihn das aufhalten. Ich drehte die Klinge und er fiel hin und starb.
Ich ließ die Klingen wieder zu Händen schrumpfen, bog probeweise die Finger und sah mich nach Molly um. Sie starrte angewidert auf das Hungrige Herz, das sich über die aufgelösten Frankenstein-Kreaturen und ihr vergammeltes Fleisch hergemacht hatte. Er sah auf und lächelte entschuldigend.
»Das schmeckt wie Staub, aber Fleisch ist Fleisch und in der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen. Wenn ihr wirklich Mr. Stich finden müsst, und ich kann mir nicht denken, warum ihr das müsstet, dann solltet ihr es mal auf dem Woolwich-Friedhof versuchen.«
»Was sollte er denn dort tun?«
»Fragt ihn selbst«, erwiderte das Hungrige Herz. »Ich würde mich das nicht trauen.«
Merlins Spiegel transportierte uns umgehend zu einem trüben, verwilderten und verlassenen Friedhof im Woolwich Arsenal, tief im Herzen des East Ends, am anderen Ufer der Themse. Der Friedhof bestand hauptsächlich aus viktorianischen Gräbern, mit überdimensionalen Grüften, Mausoleen und noblen Gräbern. Dieses ganze Zeitalter war vom Tod und seinen Allegorien fasziniert gewesen und der gesamte Friedhof war förmlich übersät mit Statuen von weinenden Engeln, klagenden Putten und genug morbiden Statuen und Gravierungen, um selbst einen Totengräber ›Mein Gott, besorgt euch ein Leben, verdammt!‹ ausrufen zu lassen. Die Zeit hatte die Engelsgesichter verwittern lassen, was den Statuen einen bitteren, surrealistischen Ausdruck verliehen hatte. Die Putten sahen allerdings immer noch wie tote Babys aus. Eigentlich erinnerten sie mich sogar an eine Zeichentrickserie, die ich als Kind immer gesehen hatte: Casper, das tote Baby.
Molly und ich folgten dem einzigen Kiesweg und gingen immer tiefer in den weitläufigen Friedhof hinein. Der Ort sah verlassen aus. Das Gras hatte man wachsen lassen und es gab überall Unkraut, selbst auf dem
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