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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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nach seinen Lebenserfahrungen wieder an die Möglichkeit geglaubt hätte, dem allgemeinen Wohl nützlich zu sein, und an die Möglichkeit von Glück und Liebe. Jetzt sprach die Vernunft in ihm ganz anders. Er begann sich auf dem Lande zu langweilen, seine bisherigen Beschäftigungen interessierten ihn nicht mehr und oft, wenn er allein in seinem Kabinett saß, stand er auf, trat zum Spiegel und betrachtete lange Zeit sein Gesicht. Dann wandte er sich ab und blickte das Bild der verstorbenen Lisa an.

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    Fürst Andree reiste im August nach Petersburg. Es war die Zeit des Ruhms des jungen Speransky, welcher mit Eifer Reformen einführte. In demselben August wurde der Kaiser mit der Equipage umgeworfen, am Bein beschädigt und blieb drei Wochen in Peterhof, wo er alltäglich und ausschließlich mit Speransky verkehrte. Zu dieser Zeit wurden außer minder wichtigen Reformen, wie Einführung von Beamtenexamen, die Einführung einer Konstitution vorbereitet, welche Gerichtsverwaltung und Finanzwesen Rußlands gänzlich neu gestalten sollte. Jetzt verwirklichten sich jene unklaren liberalen Ideen, mit welchen Kaiser Alexander den Thron bestiegen hatte und welche er mit Hilfe von Czartorischky, Nowosilzew, Kotschubey, Stroganow ins Leben rufen wollte, die er selbst im Scherz das Komitee der Gesellschaftsrettung nannte.
    Jetzt wurden diese alle durch Speransky im Zivilwesen und durch den Kriegsminister Arektschejew ersetzt. Andree erschien bald nach seiner Ankunft als Kammerherr bei Hofe. Der Kaiser sah ihn zweimal, würdigte ihn aber keines Wortes. Schon früher hatte Fürst Andree zu bemerken geglaubt, daß er dem Kaiser mißfalle und daß sein Gesicht und Wesen dem Kaiser unangenehm seien. Die Höflinge erklärten Fürst Andree dies dadurch, daß der Kaiser unzufrieden darüber sei, daß Bolkonsky seit 1805 nicht mehr diene.
    »Ich weiß selbst, wie ohnmächtig wir gegenüber unseren Sympathien und Antipathien sind«, dachte Fürst Andree. »Darum ist auch nicht daran zu denken, meine Abhandlung über das Heerwesen dem Kaiser selbst zu überreichen. Aber die Sache wird für sich selbst sprechen.« Er machte einem alten Feldmarschall, der mit seinem Vater befreundet war, Mitteilung darüber. Der Feldmarschall empfing ihn sehr freundlich und versprach, dem Kaiser darüber Meldung zu machen. Nach einigen Tagen wurde Fürst Andree angekündigt, er habe sich beim Kriegsminister, Grafen Araktschejew, zu melden. Dort erfuhr er, daß er zum Mitglied der Kommission für Bearbeitung der Gesetze über das Heerwesen ernannt worden sei und, was er nicht erwartet hatte, auch zum Abteilungsvorsteher der Kommission für Zusammenstellung der Gesetze. Auf die Bitte Speranskys übernahm er den ersten Teil der Zivilgesetze und mit Hilfe des Napoleonischen Gesetzbuches und des Kodex Justinians bearbeitete er die Abteilung Zivilrecht.

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    Zwei Jahre zuvor, im Jahre 1808, stand Peter bei seiner Rückkehr von seinen Gütern nach Petersburg an der Spitze der Petersburger Freimaurerei. Er veranstaltete Logenversammlungen, warb neue Mitglieder und bemühte sich für Vereinigung der verschiedenen Logen. Er gab reichliche Mittel zu Wohltätigkeitszwecken und ergänzte soviel als möglich die Einsammlung der Almosen, mit welchen die Mitglieder geizig und unpünktlich waren. Er unterhielt fast allein ein Krankenhaus, das der Orden in Petersburg errichtet hatte.
    Dabei aber führte er dasselbe vergnügungssüchtige Leben wie früher, liebte gut zu speisen und zu trinken und konnte sich von den Vergnügungen der Lebemänner, an denen er teilnahm, nicht fernhalten, obgleich er sie für sittenlos und erniedrigend ansah.
    In dem Taumel der Vergnügungen fühlte aber Peter nach Verlauf eines Jahres wohl, wie der Boden der Freimaurer, auf dem er stand, desto mehr unter seinen Füßen verschwand, je mehr er sich bemühte, darauf zu fußen. Als er der Freimaurerei beitrat, hatte er das Gefühl eines Menschen empfunden, welcher gläubig den Fuß auf die gleichmäßige Oberfläche eines Sumpfes setzt. Er war eingesunken. Um sich ganz von der Festigkeit des Bodens, auf dem er stand, zu überzeugen, setzte er auch den zweiten Fuß auf und sank noch tiefer ein.
    Alle Brüder, die er kannte, teilte er in vier Klassen ein. Zur ersten Klasse rechnete er die Brüder, welche ohne tätigen Anteil an den Arbeiten der Loge und an den menschlichen Angelegenheiten zu nehmen, sich ausschließlich mit den Geheimnissen der Lehre des Ordens beschäftigten, mit den Fragen von der

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