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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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künftigen Weg beleuchtete. Er setzte mich in Erstaunen durch die Frage, ob ich mich erinnere, worin der dreifache Zweck des Ordens bestehe? »Erstens in der Bewahrung und Erkenntnis des Geheimnisses, zweitens in der Reinigung und Besserung unserer selbst zu unserer Erhebung, drittens in der Veredelung des Menschengeschlechts durch das Streben nach dieser Reinigung. Welches ist der wichtigste und erste Zweck von diesen dreien? Natürlich die eigene Besserung und Reinigung, nur nach diesem Ziel können wir immer streben, unabhängig von allen Umständen. Aber oft verfehlen wir dieses Ziel, irregeführt durch unsern Stolz, und beschäftigen uns mit der Besserung des Menschengeschlechts, während wir selbst noch in Sünde und Laster leben. Die Illuminaten haben nicht die reine Lehre, weil sie von Stolz erfüllt ist.« Ich stimmte ihm von Herzen bei. Über meine ehelichen Umstände sagte er: »Die erste Pflicht eines wahren Freimaurers besteht darin, wie ich Ihnen schon gesagt habe, sich selbst zu vervollkommnen. Wir denken oft, wenn wir alle Mühsale unseres Lebens von uns fernhalten, so werden wir dieses Ziel schneller erreichen. Aber im Gegenteil, nur inmitten der Aufregungen des Weltlebens können wir die drei wichtigsten Ziele erreichen: Erstens die Selbsterkenntnis, denn der Mensch kann sich nur durch Vergleichung kennenlernen, zweitens die Vervollkommnung, welche nur durch den Kampf erreicht wird, und drittens Aneignung der hauptsächlichsten Tugend – der Liebe zum Tod.« Dann erklärte mir der Edle ausführlich die Bedeutung des großen Quadrats des Weltgebäudes und wies darauf hin, daß die dreifache und siebenfache Zahl Grundlage von allem sind, und riet mir, mich nicht von der Gemeinschaft mit den Petersburger Brüdern zu trennen und sie von den Verführungen des Stolzes fernzuhalten. Außerdem riet er mir, für mich persönlich, vor allem mich selbst zu erforschen, und dazu gab er mir ein Heft, dasselbe, in das ich jetzt schreibe und in dem ich auch ferner alle meine Handlungen verzeichnen werde.
    Petersburg, den 23. November.
    Ich lebe wieder mit meiner Frau. Meine Schwiegermutter kam in Tränen zu mir und sagte, Helene sei gekommen und lasse mich anflehen, sie anzuhören. Sie sei unschuldig und unglücklich darüber, daß ich sie verlassen habe, und noch vieles andere. Ich wußte, wenn ich einwilligte, sie zu sehen, so werde ich nicht mehr die Kraft haben, die Erfüllung ihres Wunsches abzulehnen. In meinem Zweifel wußte ich nicht, an wen ich mich um Hilfe und Rat wenden könnte. Wenn der edle Joseph Alexejewitsch hier wäre, so hätte er mir geraten. Ich zog mich in die Einsamkeit zurück, las den Brief von Joseph Alexejewitsch, erinnerte mich an meine Gespräche mit ihm und gelangte zu dem Schluß, daß ich die Bittende nicht zurückweisen dürfe, und daß ich jedem die Hand zur Hilfe reichen müsse, um so mehr einem mit mir so eng verbundenen Menschen, und daß ich mein Kreuz tragen müsse. Aber meine Wiedervereinigung mit ihr soll nur ein geistiges Ziel haben. So war mein Entschluß, den ich Joseph Alexejewitsch mitteilte. Ich sagte meiner Frau, ich bitte sie, alles Vergangene zu vergessen und mir zu vergeben, worin ich mich gegen sie vergangen habe, und ich habe ihr nichts zu vergeben. Dies sagte ich mit freudigem Mut. Sie soll nicht wissen, wie peinlich es mir war, sie wiederzusehen. Ich habe mich in dem großen Hause, in den oberen Zimmern eingerichtet und empfinde ein beglückendes Gefühl der Selbsterneuerung.

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    Wie immer teilte sich auch damals die höchste Gesellschaft bei Hofe und auf den großen Bällen in mehrere Kreise mit besonderen Schattierungen. Der umfangreichste dieser Kreise war der französische, welcher für das Bündnis mit Napoleon wirkte – Graf Rumjanzow und Caulaincourt. Eines der angesehensten Mitglieder dieses Kreises war Helene, sobald sie sich mit ihrem Manne in Petersburg niedergelassen hatte. Die Herren der französischen Gesandtschaft und eine große Anzahl von Persönlichkeiten, welche für ihren Geist und ihre Liebenswürdigkeit bekannt waren, gehörten dieser Richtung an.
    Helene war in Erfurt zur Zeit des berühmten Kongresses und von da brachte sie jene Verbindungen mit allen napoleonischen Größen Europas mit. In Erfurt hatte sie glänzenden Erfolg, Napoleon selbst bemerkte sie im Theater, fragte, wer sie sei und bewunderte ihre Schönheit. Ihr Erfolg als schöne, elegante Dame setzte Peter nicht in Erstaunen, denn sie war mit den Jahren noch schöner als

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