Krieger der Stille
Erfahrung zu bringen?«
»Und ich wiederhole, es spielt keine Rolle, Eure Heiligkeit. Allein zählt, dass ich Euch diese Informationen zur Verfügung stelle. Es ist nun an Euch, davon Gebrauch zu machen. Zu Eurem Wohle, wie ich hoffe. Natürlich könnt Ihr diesen Rat auch ausschlagen, doch dann werdet Ihr bald ein toter Mann sein, und die Kirche des Kreuzes wird in Hände gegeben, die unfähig sind, Euer Erbe zu bewahren. Das müsst Ihr mir glauben.«
»Euch glauben?«, schimpfte der Muffi. »Euch zu glauben, ist nicht leicht, ja schier unmöglich, Sieur Harkot! Ihr weckt mich aus tiefem Schlaf, um mir eiskalt meine baldige Ermordung zu verkünden. Ich soll von meinen engsten Verbündeten aufs Schafott geschickt werden; dem einen habe ich geholfen, den Thron zu besteigen, und den anderen habe ich bei den Regierungsgeschäften fast bedingungslos unterstützt. Wir drei sind durch den Erfolg aufs Innigste verbunden … Und Eure Rede scheint mir eine Falle zu sein, vor der Ihr mich angeblich warnt. Wahrscheinlich seid Ihr der Abgesandte hoher Würdenträger, die hinter den Kulissen agieren, mächtige Höflinge,
wie der zu Ausschweifungen neigende verstorbene Tist d’Argolon oder eine Clique intriganter Kardinäle. Eine ganze Reihe dieser Herrschaften ist bestrebt, mich vom Thron des Pontifex maximus zu stoßen … Deshalb fordere ich Euch jetzt auf, Sieur Experte, mir die Wahrheit zu sagen und nicht Eure Wahrheit.«
Zwar kannte der Muffi diese Wahrheit schon, doch weil seine Gedankenleser schwiegen, brauchte er einen unwiderlegbaren Beweis für Harkots Behauptungen. Obwohl der mentale Terminator geglaubt hatte, nicht so weit gehen zu müssen, entschloss er sich, einen Teil seiner Geheimnisse preiszugeben, denn einen Weg zurück gab es nicht mehr.
»Da Ihr meinen Worten nur wenig Glauben schenkt, Eure Heiligkeit, gebe ich Euch ein kleines Beispiel meiner … meiner indiskreten Aktionen. Hinter jener Tür …« Er deutete auf die Wasserschiebetür, durch die der Muffi den Raum betreten hatte » … habt ihr vier Gedankenhüter und zwei Gedankenleser positioniert. Die einen sollen Eure Gedanken schützen, die anderen versuchen, die meinen zu lesen. Aber das kleine Mikrofon in Eurem rechten Ohr bleibt zu Eurem Erstaunen stumm. Und solltet Ihr überzeugt sein, dass Eure mentalen Schutzschilder in der Lage sind, jede … Indiskretion zu verhindern, täuscht Ihr Euch gewaltig. Mein Eindringen hat Euch vor wenigen Minuten darin unterbrochen, Euch den erotischen Spielen mit Kindern hinzugeben, denen vorher Drogen verabreicht wurden. Trotz Eures Ärgers über diese Unterbrechung hat Euch der Kardinal Frajius Molanaliphül überzeugt, mich zu empfangen, denn er fürchtete eine Falle, deren Urheber nur Ihr allein mit Hilfe Eurer versteckten Inquisitoren
aufzuspüren in der Lage wärt. Ihr wart also gegen Euren Willen gezwungen, diese Kinder vorzeitig den Medizinern des Palastes zu überlassen, damit die Ärze deren Organe entnehmen und für Verjüngungskuren benutzen können. Das alles erklärte Eure fortwährende Gereiztheit mir gegenüber. Doch seid ohne Sorge, Eure Heiligkeit, es ist nicht an mir, über Euch zu richten. Ich bin ein Scaythe, ein geschlechtsloses Wesen. Ich habe keinen Penis, und mir ist es vollkommen gleichgültig, wenn Ihr Euch der tyrannischen Herrschaft des Euren beugt. Ich habe auch kein Interesse daran, diesbezügliche Gerüchte in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Wie Ihr feststellen könnt, Eure Heiligkeit, habe ich meine Karten auf den Tisch gelegt. Seid Ihr jetzt überzeugt?«
Der Muffi war derart bestürzt, dass er eine ganze Weile unter Schock stand. Blankes Entsetzen ergriff ihn. Das Blut in seinen Adern, die bläulich unter seiner fleckigen Haut hervortraten, gefror. Unter Aufbietung aller seiner Kräfte gelang es ihm, etwas Ordnung in seinen desaströsen Gemütszustand zu bringen.
»Aber was … was … was bedeutet das?«, stammelte er, von Panikattacken ergriffen. Seine mentalen Schutzmechanismen, die er bisher für undurchdringbar gehalten hatte, hatten versagt. Er hatte sich bisher immer absolut sicher geglaubt und sah sich jetzt unerwartet einer neuen Situation gegenüber, auf die er nicht vorbereitet war. Seine Gedankenschützer konnten ihn vor dem mentalen Terminator, der in seinem Purpur vor ihm stand, nicht schützen. Seine Beschützer, diese mentalen Krücken, waren obsolet, und schlimmer noch, dass nun der Schleier über sein geheimes Laster gelüftet worden war,
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