Krieger der Stille
wissen, dass mir die Mechanismen der menschlichen Natur recht geläufig sind. Und solltet Ihr recht haben, so habe ich schon eine adäquate Antwort auf eine derartige Attacke parat …«
Barrofill XXIV. erhob sich und tippelte mit nervösen Schritten in dem Zimmer hin und her. Er hatte sehr viel Überzeugungskraft in seine Worte gelegt, aber Harkot wusste, dass der Muffi nie mit einer derartigen Möglichkeit gerechnet hatte. In seiner Hybris hatte er sich immer als unangreifbar betrachtet und geglaubt, dass nichts und niemand seiner Kontrolle entgehen könne und dass die herausragende Stellung und das Gewicht der Kirche innerhalb
des Staatsgefüges ihn vor jeder Palastintrige schütze. Trotzdem kämpfte er jetzt instinktiv und von einem ungeheuren Überlebenswillen beseelt mit einem ihm allmählich unheimlich werdenden Scaythen, dessen eigentliche Absichten er noch immer nicht durchschaute.
Doch das längere Schweigen nach seiner Rede war bereits ein Geständnis seiner Ohnmacht.
»Eure Heiligkeit«, sagte Harkot schließlich, »bedenkt, dass in der Vergangenheit geleistete Dienste nicht mehr zählen, wenn sie gegenwärtigen Interessen als kontraproduktiv erscheinen. Wenn eine Person zwei anderen Personen im Wege steht, verbünden sie sich normalerweise und beschließen, diese Person zu eliminieren, um sie durch eine gefügigere zu ersetzen. Die Kirche des Kreuzes stellt einen erheblichen Machtfaktor innerhalb des neuen Imperiums dar, über den man natürlich ohne Einschränkungen verfügen will …«
»In wessen Namen sollte ich Euch glauben, Sieur Harkot? Vielleicht wollt Ihr mir genau das antun, was Ihr von dem Konnetabel behauptet? Seid Ihr vielleicht geschickt worden, um mich auszuspionieren?«, fragte der Muffi, obwohl er intuitiv wusste, dass die Informationen des Scaythen stimmten. Da er von seinen Gedankenlesern keine Unterstützung mehr zu erwarten hatte, versuchte er selbst, das Terrain zu erforschen.
»Sollte das der Fall sein, Eure Heiligkeit, hätte ich Mittel und Wege gefunden, Euer Misstrauen zu zerstreuen. Also müsst Ihr mir glauben. Das alles ist nichts als die reine Wahrheit.«
»Gut. Betrachten wir Eure Hypothese also als wahr. Und weil Ihr glaubt, diese Wahrheit laut herausschreien zu müssen, verratet mir doch, welches persönliche Interesse
Ihr an diesen Vorgängen habt, Sieur Experte! Denn offensichtlich wollt Ihr doch einen Vorteil aus Eurem nächtlichen Besuch ziehen, nicht wahr? Oder seid Ihr etwa nur gekommen, mir eine stützende Hand zu reichen?«
Der Scaythe antwortete nicht sofort. Er überlegte und wählte seine Worte sorgfältig.
»Bei mehreren Gelegenheiten fiel mir bereits auf, dass der Konnetabel Pamynx nicht über die geistigen Fähigkeiten verfügt, das Imperium kompetent zu leiten. Noch existieren im Untergrund operierende Netzwerke, die, sollten wir sie nicht zerschlagen, in der Lage wären, die Basis dieses neuen Reiches zu zerstören, ehe wir Zeit hätten, es zu etablieren. Daraus müssen wir Konsequenzen ziehen und schnell handeln, um diesen Zustand in den Griff zu bekommen, sonst wird der Konnetabel uns alle ins Verderben führen. Ihr seid nicht der Erste auf dieser Liste, Eure Heiligkeit …«
»Auf welchem Weg habt Ihr diese Erkenntnisse gewonnen?«, fragte der Muffi skeptisch. »Verfügt Ihr etwa über ein Netzwerk?«, fügte er, mit plötzlich aufgebrachter Stimme, hinzu.
»Der Konnetabel hat manchmal äußerst fahrlässig gehandelt«, antwortete Harkot ruhig.
Diese plötzlichen Wutanfälle beeindruckten ihn keineswegs, umso weniger, weil er jede Reaktion des Kirchenmannes voraussah, während sein Gegner im Dunkeln tappte.
»Diese Nachlässigkeit versetzte mich in die Lage, Dinge aufzudecken, die ich niemals hätte erfahren dürfen … Jenen Plan zum Beispiel, Euch betreffend …«
»Und der Kaiser?«
»Der Kaiser? Er wartet nur auf eine Gelegenheit, sich Pamynx’
zu entledigen. Er lebt in ständiger Furcht vor dem mächtigen Konnetabel, vor einem Verrat. Es würde genügen, könnte jemand Dame Sibrit, die Witwe seines Bruders dazu zu bewegen, mit ihm das Bett zu teilen, dann würde der Kaiser ihn als Freund betrachten.«
Die Hände hinter seinem gekrümmten Rücken verschränkt, pflanzte sich der Muffi vor Harkot auf. Er erforschte mit seinem durchdringenden Blick die tiefschwarzen undurchsichtigen Augen seines Gesprächspartners.
»Ich frage Euch noch einmal, Sieur Harkot, welche widerwärtigen Indiskretionen habt Ihr begangen, um das alles in
Weitere Kostenlose Bücher