Krieger der Stille
unter mentaler Verifikation gemacht wurden. Ihre Anzahl ist repräsentativ und vermittelt ein gutes Bild dieser beunruhigenden Tendenz, die sich hier abzeichnet. Sollte ich sie jedoch zu schwarz gemalt haben, möget Ihr mir dies verzeihen.
Der heilige Name des Kreuzes sei gesegnet, auf immerdar.
Euer untertäniger und ergebener Diener,
Kardinal Frajius Molanaliphül
Erste Zeugenaussage
Kho-Jong Mitgen, aus der Stadt Omitshu, auf dem Planeten Ja-Hokyo der Welten des Ostens. Alter: 222 Standardjahre, dreifacher Witwer, kinderlos.
Ich bade jeden Morgen in dem Gebirgsbach, der neben meinem Haus den Hang hinun terfließt. Das eiskalte Wasser tut der Haut eines alten Mannes, wie ich einer bin, gut. Am Morgen das Tages Boshi zog ich gerade meinen Soriji aus und wollte ins Wasser steigen, da sah ich plötzlich am anderen Ufer des Bachs einen Mann und eine Frau. Da sie beide so nackt wie neugeborene Kinder waren, hielt ich sie zuerst für Reisende, die durch die mangelhafte Programmierung eines alten Apparats irrtümlich in diese abgelegene Gegend geschickt worden waren, in der sich sonst niemand außer mir, ein bescheidener Greis, aufhält. Neugierig geworden, habe ich mich hinter einem Felsen versteckt, damit ich sie besser beobachten konnte. Beide, der Mann und die Frau, waren sehr schön. Von einer Schönheit, die ungewöhnlich für unser Land ist und die ich als übernatürlich bezeichnen würde. Ja, das ist es, übernatürlich! Weil ich wusste, dass ich von diesen Fremden absolut nichts zu fürchten hatte, bin ich hinter meinem Felsen hervorgetreten und habe mich ihnen in der Absicht gezeigt, ihnen meine Dienste anzubieten. Es war meine Pflicht, auf diese Weise den guten Ruf unseres Volkes als ein gastfreundliches zu ehren. Doch als mich die beiden sahen, wurden sie von Furcht ergriffen. Aber statt die Flucht zu ergreifen, eine normale Reaktion aller ängstlichen Wesen, setzten sie sich ins Moos am Ufer des Bachbetts, nahmen sich bei den Händen und verschwanden zu meinem großen Erstaunen so schnell wie sie erschienen waren. Mit dem Unterschied – und ich kann trotz meines hohen Alters noch sehr gut sehen –, dass sie, wie ich feststellte, über keine dieser Reisemaschinen verfügten! Und da habe ich mir gedacht, dass ich ein auserwählter Zeuge des ephemären Erscheinens zweier Gottheiten unserer alten ja-hokyoistischen Legenden war, da diese alten Glaubensvorstellungen noch immer tief in mir verankert sind, wofür ich um Verzeihung bitte.
Zweite Zeugenaussage
Gutraüde Mler, aus dem Dorf Mölhn, in der Nähe der Stadt Münach gelegen, auf dem Planeten Alemane des Neorop-Systems. Alter: 106 Standardjahre, verheiratet, Mutter von sieben Kindern, von denen zwei wegen Blasphemie zum Tod durch langsames Verbrennen am Feuerkreuz verurteilt wurden.
Ich habe sie auf einer Straße in unserem Dorf gesehen. Alle beide. Ein junger Mann und eine junge Frau. Sie waren beide nackt. Sie haben gelacht. Ich war schockiert. Ich wollte unseren Missionar holen. Er war nicht da, es war im Tempel. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte Angst. Mein Mann war mit den Kindern auf dem Feld. Da habe ich das Kreuz-Gebet gesagt. Sie kamen näher, und ich habe geschrien. Ich bin weggelaufen. Sie haben gerufen: »Wir wollen Ihnen nichts tun, wir bitten Sie nur um ein paar Informationen!« Das waren vielleicht Dämonen, die mir gerade meine Seele gestohlen hatten. Denn nur Dämone spazieren nackt durch die Gegend. Sie haben noch einmal gerufen: »Gute Frau, kommen Sie zurück!« Der Mann rannte hinter mir her. Ich hatte große Angst. Fast hatte er mich eingeholt, aber die Frau hat gesagt: »Lass sie in Ruhe, sie ist in Panik. Wir sollten verschwinden.« Dann haben sie sich mitten auf die Straße gesetzt. Sie haben sich bei den Händen genommen. Sie sind verschwunden. Einfach so! Verschwunden. Bin ich verrückt? Monseigneur, wird man mir vergeben? (Weinen)
Dritte Zeugenaussage
Halu Otely, aus der Stadt Phille, in der Provinz Jaunille auf dem Planeten Orange gelegen. Alter: 15 Standardjahre. Zweiter Sohn von Galil Otely und Miliane Braïqually. Arbeitet in der Teppichfabrik seines Vaters.
Papa und alle Angestellten waren bereits gegangen, weil ich an dem Abend die Reinigungsarbeiten überwachen musste. Gerade, als ich den Staubsaugerroboter wieder an seinen Platz stellte, hörte ich Geräusche aus der Lagerhalle. Ich bin leise dorthin gegangen und habe etwas Seltsames beobachtet:
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