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Kriegsgebiete

Kriegsgebiete

Titel: Kriegsgebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Spranger
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Option.
    »Märtyrer
sind zwar Vollidioten, aber wenigstens fühlen sie sich gut, wenn
sie ins Gras beißen«, sagte Timo. Er beschleunigte den
Eagle, um seine Aussage zu unterstreichen. Alle Insassen konnten den
Turbo in ihren Eingeweiden spüren.
    »Märtyrer
müssen keine Angst haben.«
    Daniel
hatte das Gefühl, darauf etwas antworten zu müssen. Als
Hauptfeldwebel. Er wollte seinem Führungsanspruch gerecht
werden. Die Moral aufrechterhalten. Ohne zu lügen.
    »Angst
ist ein die Sinne schärfender Schutzmechanismus, der in
Gefahrensituationen ein angemessenes Verhalten einleitet«,
sagte Daniel. »Das ist Evolution. Ohne unsere Angst wären
vielleicht Hyänen die Krone der Schöpfung.«
    »Du
hast was gegen Hyänen, oder?«, fragte Timo.
    Pöhlmann
beugte sich vom Rücksitz nach vorn und sagte: »Ich hab
gelesen, dass bei den Hyänen die Weibchen dominant und die
Männchen untergeordnet sind.«
    »Und?«,
fragte Kunz.
    »Nichts
und. Ich hab’s irgendwo gelesen.«
    »Glaubst
du, Hyänen haben keine Angst?«
    »Keine
Ahnung. Es sind Tiere.«
    »Wir
sind doch auch so was wie Tiere.«
    »Klar.
Du bist Bayern-Fan.«
    Auf
der Rückbank entstand eine kleine Rangelei.
    »Aufhören!«,
befahl Daniel. »Sonst patrouilliert ihr morgen bei vierzig Grad
im Schatten mit euren Fan-Schals.«
    Nach
einer weiteren Kurve war die kleine Fahrzeugkolonne im Talgrund
angekommen. Der Weg führte schnurgerade zu dem kleinen Dorf, in
dem sie zwei Stunden vorher Doktor Dietrich, den Feldarzt, abgesetzt
hatten. Gemessen an europäischen Verhältnissen erschien die
Bezeichnung Dorf für ein paar zusammengewürfelte
Lehmhütten an einem Bach vielleicht etwas hochgegriffen, aber in
der Umgebungskarte waren die ärmlichen Behausungen als
mittelgroße Ansiedlung eingezeichnet. Daniel konzentrierte sich
auf den Bordcomputer, um seine Aufmerksamkeit nicht absacken zu
lassen. Er wusste, dass Wachsamkeit die beste Lebensversicherung
eines jeden Soldaten war, aber sie ließ zu leicht nach. Man
musste sie gelegentlich nachladen.
    Auf
dem Rücksitz stritten sich die beiden Greenhorns darüber,
wer der nächste deutsche Fußballmeister werden würde.
In Afghanistan hatte Daniel irgendwann aufgegeben, sich für
Fußball zu interessieren. Die Taliban hatten das mit
Entwicklungshilfe-Geldern gebaute Stadion in Kabul dazu missbraucht,
um ihr Barbarentum zu zelebrieren. Das Fußballtor als Galgen.
Erschießungen direkt auf dem Elfmeterpunkt. Öffentliche
Amputationen im Mittelkreis.
    »Können
wir nicht Musik hören?«, fragte Kunz.
    »Nein«,
antwortete Timo.
    »Die
Amis hören in ihren Fahrzeugen dauernd Musik.«
    »Die
schießen dann auch Kameramänner tot, weil sie glauben, die
Kameras seien Raketenwerfer. Musik schadet der Konzentration. Vor
allem die Diskussionen darüber, was als Nächstes gehört
wird. Bei mir gibt’s keine Musik.«
    Daniel
nahm sein Fernglas und suchte das Areal ab. Nichts Verdächtiges.
Als Nächstes konzentrierte er sich auf das Haus des afghanischen
Arztes. Das Haus lag friedlich am Ortseingang des kleinen Dorfes. Er
war trotzdem unzufrieden.
    »Kannst
du irgendwo ein Nirvana-T-Shirt sehen?«
    »Meinst
du damit das buddhistische Glaubenskonzept oder die Band?«,
fragte Timo.
    »Die
Band. Das Plattencover mit dem Baby im Schwimmbad. Aufgebügelt
auf ein schwarzes T-Shirt.«
    »Ich
glaube nicht, dass das viele Afghanen tragen.«
    »Ich
habe mit dem Doc verabredet, dass er es raushängen soll, wenn
alles okay ist.«
    »Also
’ne Privatabsprache. Und ich dachte schon, Band-T-Shirts wären
Bestandteil einer optimierten ISAF-Vorgehensweise.«
    Timo
beugte sich nach vorne über das Lenkrad.
    »Ich
seh’ kein schwarzes Shirt. So eine Straße gilt in der
Heimat als unwegsames Gelände, da kann ich mich nicht auch noch
um Textilien kümmern.«
    »Hast
du gerade Heimat gesagt?«
    »Ja.
Stört dich das?«
    »Nein.
Ich hab noch nie Heimat gesagt. Das ist alles.«
    Daniel
drehte sich zur Rückbank um.
    »Seht
ihr irgendwo ein schwarzes Nirvana-Shirt? Ich meine die Band.«
    Kunz
und Pöhlmann streckten die Hälse.
    Während
die armseligen Lehmhütten immer näher kamen, versuchte
Daniel, mit dem Funkgerät Kontakt zu Bundeswehrarzt Doktor
Dietrich aufzunehmen. Nur Rauschen.
    »Keine
Reaktion«, sagte Daniel.
    »Manchmal
blockiert der Störsender der Eagle unsere eigenen Funkgeräte«,
antwortete Timo. »Eins von beiden sollte mal ausgetauscht
werden.«
    Daniel
drehte sich um.
    »Und?«
    »Ich
seh’ kein Nirvana-Shirt. Nicht mal ein

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