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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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kampflos, aber »mit großer Beute ohne Verluste wieder« ins traute Heim.
    Und dann trug Karl gleichsam selbst »die christlichen Fahnen nach Sachsen hinein« (Groszmann), wobei vor seinem »Auge der Krieg immer klarer zum Glaubenskrieg sich gestaltete«, wie Domkapitular Adolf Bertram 1899 erkennt. 13
    Karl selber befragte seinerzeit, besorgt um den weiteren Kriegsverlauf, mittels Kurier einen Experten, ob es ein Vorzeichen sei, daß der Mars seinen Lauf beschleunigt und schon das Sternbild des Krebses erreicht habe. Er eroberte die Sigiburg an der Ruhr und drang über die Weser, »viele Sachsen wurden dort erschlagen«, nach Ostfalen vor, um »nicht eher abzulassen, bis die Sachsen entweder als Besiegte sich der christlichen Religion unterworfen hätten oder gänzlich ausgerottet sein würden« – das Programm eines 33jährigen Krieges, der eben »mehr und mehr auch religiös motiviert« worden ist (Haendler). Ja, der zumindest in seiner Planung kirchengeschichtlich etwas ganz Neues, »ein direkter Missionskrieg, der nicht Vorbereitung eines Missionswerks, sondern selbst Missionsmittel ist« (H.-D. Kahl).
    Man stand gerade in jenem Jahrzehnt, in dem das Gebet eines Sakramentars (Meßbuch) die Franken geradezu das auserwählte Volk nennt. Wie überhaupt Karls Sachsenkriege zu seiner Zeit als Heidenkriege und schon deshalb natürlich als gerecht galten. »Erhebe dich, du von Gott gewählter Mann, und verteidige die Braut Gottes, deines Herrn«, rief einer seiner engsten Berater, der Angelsachse Alkuin, ihm zu. Und Mönch Widukind von Corvey schreibt später: »Und da er sah, wie sein edles Nachbarvolk, die Sachsen, im leeren Irrglauben befangen war, mühte er sich auf alle Weise, es auf den wahren Weg des Heils zu führen.«
    Auf alle Weise. Zum Jahr 775 verdeutlichen dies die Reichsannalen notorisch lapidar: »Nachdem er die Geiseln erhalten, reiche Beute an sich genommen und dreimal ein Blutbad unter den Sachsen angerichtet hatte, kehrte der genannte König Karl mit Gottes Hilfe (auxiliante Domino) heim nach Francien.«
    Die Beute, die Blutbäder und Gottes Hilfe – das kehrt immer wieder. Stets von neuem ist der liebe Gott auf der Seite der Stärkeren. 776: »Aber Gottes Kraft überwand gerechtermaßen die ihre ... und die ganze Masse von ihnen, die in ihrer Angst einer vom andern in die Flucht mitfortgerissen worden waren, töteten sich gegenseitig ... wurden von gegenseitigen Stößen getroffen und so von Gottes Strafe ereilt. Und wie viel Gottes Macht zum Heil der Christen wirksam war, vermag niemand zu sagen.« 778: »Dort wurde eine Schlacht begonnen und sehr gut zu Ende geführt: mit Gottes Hilfe blieben die Franken Sieger und eine Menge Sachsen wurden dort erschlagen ...« 779: »... mit Gottes Hilfe ...« etc. Und zwischen den regelmäßigen sommerlichen Massenmorden feiert dann regelmäßig im Winter, mal auf diesem Hofgut, mal in jener Stadt, »der genannte milde König Weihnachten ...«
    Man kämpfte gegen Heiden; das rechtfertigte alles. Klerikerscharen begleiteten die Schlächter. Mancherlei Wunder geschahen. Und nach jedem Feldzug schleppte man reichen Raub mit heim. An der Lippe kam es zu Massentaufen, meist wohl von Adeligen, »kamen die Sachsen mit Frau und Kind in endloser Zahl (innumerabilis multitudo) und ließen sich taufen und stellten Geiseln, soviel der genannte König von ihnen begehrte«.
    Und auf dem glänzenden Reichstag 777 zu Paderborn strömten sie wieder herbei und schworen feierlich ab »Donar und Wotan und Saxnot und allen den Unholden, die ihre Genossen sind«, und gelobten Glauben und Treue »Gott dem allmächtigen Vater, Christo Gottes Sohn und dem heiligen Geist«. Ja, dies wurde nun ein festes Prinzip: erst das Schlachtfeld, dann das Missionsfeld. Wobei es zur besonderen, von jetzt an stets praktizierten Missionsmethode des Frankenkönigs gehörte, erst taufen, dann unterweisen zu lassen. Eine Abfolge, an die sich die Kirche (die in ihrer ältesten Zeit das Gegenteil, die Erwachsenentaufe, die Taufe erst
nach
der Unterrichtung propagierte) aus übelstem Grund noch heute hält.

Mission nach »den militärischen Stoßlinien ...«

    Die Sachsen mußten nun nicht nur mit »ihrer ganzen Freiheit und ihrem Eigentum« für ihre Unterwerfung bürgen, sondern ihr geraubtes Gebiet wurde jetzt gleich in Anwesenheit zahlreicher Bischöfe, je nach Lage, an die Bistümer Köln, Mainz, Würzburg, Lüttich, Utrecht sowie die Klöster Fulda und Amorbach in Missionssprengel aufgeteilt und

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