Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
wo er zu suchen sei.« Und die Reichsannalen halten fest: »Dieser Verlust überlagerte wie eine Wolke im Herzen des Königs einen großen Teil der spanischen Erfolge.« Ranke aber notiert: »Man kann sagen, hier beginnen die Kreuzzüge.« 17
Karls spanisches Intermezzo war gescheitert; auch das, was er gewonnen, schon bald wieder verloren, und auch jeder jetzt dem Omaijaden preisgegeben, der mit dem Feind kollaboriert hatte, ob Christ oder Sarazene. Um so mehr suchte der König nun an den Sachsen sich schadlos zu halten.
Der Sachsenschlächter, »ein paar Nullen zuviel« und »die einfache Ruhe einer großen Seele ...«
Während Karl in Nordspanien Eroberungen macht und wieder verliert – die einzige Niederlage, die ein fränkisches Heer unter seiner eigenen Führung erleidet –, stürmt der aus dänischer Emigration zurückgekehrte westfälische Adlige Widukind (777, als er dem Paderborner Reichstag fernbleibt, erstmals genannt) mit seinen Sachsen im Süden bis Fulda, im Westen bis Koblenz und Deutz. Zwingburgen und Kirchen werden ruiniert. Weithin rauchende Dörfer, Vernichtung; offensichtlich weniger ein Beute- als ein Rachezug.
779 stößt Karl bis zur Weser, 780 bis zur Elbe vor. Wieder tauft man, nicht nur Ostsachsen, sondern sogar Wenden von jenseits der Elbe und »Nordleute«. Wieder gelobt man Treue und stellt Geiseln. Auf einem Reichstag in Lippspringe versucht der Herrscher die Verbreitung des Christentums in Sachsen »nachdrücklich zu fördern und damit die Entwicklung feudaler Verhältnisse zu beschleunigen« (Epperlein). Zwischen den besetzten Burgen verbreiteten die christlichen Priester die neue »Aufklärung« – »sie trugen Kreuze und sangen fromme Lieder. Schwer bewaffnete Soldaten in voller Rüstung waren ihre Begleiter, die mit ihren entschlossenen Mienen die Christianisierung beschleunigten« (de Bayac).
Weiter wird das geraubte Gebiet an Bischöfe und Äbte verteilt, werden Missionssprengel geschaffen, Kirchen gebaut und selbst kleinere Klöster wie Hersfeld, Amorbach, Neustadt am Main, von Karl zur Heidenbekehrung eingesetzt. Erst recht natürlich Fulda, dessen Abt Sturmi noch kurz vor seinem Tod auf der sächsischen Eresburg kirchlich und militärisch das Kommando hat. Im Nordwesten agitiert Bischof Alberich von Utrecht, der in Westfriesland die Reste des Heidentums zerschmetterte. In seinem Auftrag und von Karls Militärmacht gedeckt, vertilgten Alberichs Mönche die Götterbilder, die paganen Heiligtümer und raubten, was ihnen wertvoll war. Überließ der König doch einen Teil der Tempelschätze dem Bischof für kirchliche Zwecke. Auch der hl. Angelsachse Willehad, der ebenfalls früher schon, nicht sehr erfolgreich, die Friesen indoktriniert hatte, organisierte seit 780 auf Karls Befehl den nördlichen Teil des unterworfenen Sachsenlandes. Im mittleren Friesland wirkte, gleichfalls von Karl berufen, in ähnlicher Weise der hl. Liudger.
Als aber die Ostfriesen und offenbar auch große Bevölkerungsgruppen Mittelfrieslands gemeinsam mit den Sachsen sich erhoben, die Kirchen zerstörten und zu ihrem alten Glauben zurückkehrten, verließen die Christentumsprediger eilig das Land. Der Engländer Willehad, bald darauf zum sächsischen Missionsbischof und ersten Oberhirten Bremens ordiniert, floh nach Rom, dann nach Echternach, »2 Jahre lang zu Studium und Gebet« (»Lexikon für Theologie und Kirche«). Der hl. Liudger, später Bischof von Münster, flüchtete nach Rom und Monte Cassino. Ohne den Schutz der fränkischen Waffen konnten sich die Verkünder der Frohen Botschaft nicht halten. Kaum aber beherrschten die Okkupanten wieder das Feld, kehrten mit deren Schwertern auch die geistlichen Herren an die Propagandafront zurück. Willehad nahm seinen Sitz in Bremen, der hl. Liudger, auf Karls Befehl, östlich der Lauwers. Hier vernichtete er, gestützt auf die königliche Macht, die heidnischen Heiligtümer (fana), drang bis auf die Inseln vor und verwüstete, geschützt von fränkischen Soldaten, noch die Opferstätten des friesischen Gottes Fosete auf Helgoland.
Viele Geistliche sollen allerdings nur ungern zu den widerspenstigen Sachsen gegangen sein. Und als diese sich 782, zugleich mit den Wenden, unter Widukind erneut erhoben, traf ihre Wut besonders Klerus und Christentum, flammten weithin die Kirchen im Feuer und flohen die Priester. Ein fränkisches Heer wird am Süntel aufgerieben, alles »fast bis auf den letzten Mann niedergehauen«, berichten die Reichsannalen und
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