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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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– man ließ sogar einen geblendeten Priester auftreten. Ein Kanon enthält den Befehl des Königs, Kirchenbannverächter zu verhaften, wobei das Umbringen Widersetzlicher kein Wehrgeld kostete! Weiter wird völlige Unterwerfung unter das Papsttum gefordert, »wenn auch ein kaum erträgliches Joch vom heiligen Stuhl auferlegt werde«! Mehrere Kapitel gelten dem da immer Wichtigsten, Geld, Besitz, Zehnten (c. 13 und 14), auch den Kirchenräubern (c. 31). Nach Kapitel 7 ist geraubtes Kirchengut gleich dreifach zu ersetzen, und dies mit Berufung auf die pseudoisidorischen Fälschungen (die man auch zu weiteren Canones, wie 8 und 9, heranzieht – befiehlt aber andererseits, Vorzeiger gefälschter Papstbriefe in Gewahrsam zu nehmen). 7
    Selbstverständlich billigte der König die Beschlüsse. Ja, auf die rhetorische Frage, wie sehr er »die Kirche Christi zu verteidigen und ihr Amt zu erweitern und erhöhen geruhe«, ermutigte er erst einmal die »Hirten«, auch als »hellste Leuchten der Welt« apostrophiert, selber kräftig zuzupacken – »es sei zu rechter Zeit oder Unzeit, strafet, dräuet, ermahnet mit aller Geduld und Lehre, auf daß ihr in wachsamer Sorge und durch unablässige Mahnung die Schafe Christi in die Hürde des ewigen Lebens treiben möget«. Dann aber betonte er seine ganze Solidarität. »In mir habt ihr den entschlossensten Gegner aller, welche der Kirche Christi feind und eurem priesterlichen Amte widerspenstig sind.«
    Kein Wunder, daß sich die ehrwürdigen Konzilsväter von ihren Plätzen erheben und samt der umstehenden Klerisei drei- oder viermal in den Ruf ausbrechen: »Christus, erhöre uns, Heil Arnolf, dem großen König«. (Erinnert's nicht an Heil-Geschrei, das uns noch selbst im Ohre dröhnt ...?) Dazu Glockenläuten, das Tedeum, alles Gott zum Preis, »der seiner h. Kirche einen so frommen und milden Tröster und einen so wackeren Helfer zur Ehre seines Namens zu schenken geruht hat«. 8
    Besonders innig verehrte der Herrscher seinen Schutzpatron, unter ihm gar zum Patron des Reiches, zu einem Reichsheiligen aufgestiegen.

Der hl. Emmeram oder: »Gott loben ohne Zung, / Macht ja Verwunderung«

    Emmeram, ein reichlich mysteriöser Bischof und Märtyrer (schwer zu sagen, was er weniger war, falls er beides gewesen sein sollte) aus dem späteren 7. Jahrhundert, wurde in den Tagen des Bayernfürsten Theodo der Verführung der schwangeren Herzogstochter Uta beschuldigt und dann von deren Bruder Lantpert auf dem Weg nach Rom in Helfendorf (heute Kleinhelfendorf, Oberbayern) erschlagen. Die Legendentafeln der dortigen Marterkapelle haben den »Vorgang« in Bild und Vers verewigt:

    »O Grausamkeit der Pein und Qual,
    So Emeram erlitten,
    Sein Glider wurden all und all
    von Leib hinweck geschnitten,
    Die Händ und Füs, auch d'Finger z'gleich,
    wurd alles abgehauet,
    Erwirbt dadurch das Himmelreich,
    So er stätts angeschauet.« 9

    Wann dies war, wenn es denn war, ist völlig ungewiß und umstritten, wie fast alles an dieser Figur, ihre Herkunft, ihr Bischofsamt, besonders auch die Gründe, die zu der Ermordung führten; vielleicht, doch auch dies ganz unsicher, 685. Fiel der »Märtyrer« als Repräsentant fränkischer Macht in dem nach Selbständigkeit strebenden Bayern? Errang er die Palme des Martyriums als Verführer der schwangeren Herzogstochter? Oder hat er freiwillig die Schuld der Verführung auf sich genommen, wie dies die fromme Version seines ersten Hagiographen, des Bischofs Arbeo von Freising, in seiner »Vita Haimhrammi« unterstellt, aber »wohl nur nach der ausschmückenden romantischen Volkssage«, so selbst das katholische »Kirchen-Lexikon« von Wetzer/Welte, das überdies hinzufügt, »die mit seiner eigenen Erzählung im Widerspruche steht«.
    Bischof Arbeo verfaßte sein Opus erst 772 und offenbar aus recht egoistischen Gründen, nämlich, so 1931 das katholische »Lexikon für Theologie und Kirche« (das in seiner neuesten Ausgabe von 1995 überhaupt nicht mehr vom »Märtyrer« spricht), »vornehmlich im Interesse der Stätten der Emmeram-Verehrung in seiner Diözese«. Und Bischof Arbeo, aus dem Adelshaus der Huosi, das den Freisinger Bischofsstuhl mehrmals besetzen konnte, war ein sehr geschäftstüchtiger Prälat, der Besitz und Recht seines Bistums auszudehnen vermochte. Doch verbreiten fast alle populären katholischen Darstellungen einen eher mehr als weniger grauenhaften Kitsch, wie er Arbeos oberhirtlichen Ausschwitzungen auch angemessen ist. Da stirbt

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