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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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erworben haben dürfte. Die vom Kaiser besonders geschätzten Otker von Speyer und Lantward von Minden blieben alles in allem mehr als sieben Jahre im Süden. Insgesamt sind unter Otto I. nicht weniger als 28 deutsche Bischöfe in Italien nachweisbar, und fechten auch vermutlich nicht alle im Heer für den Herrn (welchen Herrn immer man sich da vorstellen mag), so doch gewiß die meisten.
    Die Prälaten handeln somit als Vertreter der königlichen Politik nach innen und außen. Sie haben Einfluß auf die Reichsverwaltung, den weltlichen und geistlichen Hofdienst, das Gerichtswesen, den Ausbau von Handel und Verkehr, sie bestimmen die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Territorien, die Fronarbeit. Und ihre administrative, ökonomische, militärische Tätigkeit dauert durch das ganze Mittelalter fort, wobei sie auch bei fast allen Königswahlen eine hervorragende Rolle spielen, die Mainzer Erzbischöfe mitunter geradezu als Königsmacher gelten. 9
    Natürlich lohnte sich die Staatshörigkeit des Klerus. Denn wie der König mit seiner Hilfe die Machtkonzentration, die Selbständigkeitsbestrebungen des hohen Adels, zumal der Herzöge, bekämpfte, so erhielt der Klerus mit der immer engeren Zuordnung zum Reich eine Fülle von Herrschafts- und Fiskalrechten, gewann er vor allem den Schutz des Königs gegen die Übergriffe der Aristokratie auf seine großen Güter. Außerdem erlaubte eine starke staatliche Zentralgewalt die Hinzugewinnung ausgedehnter Grundherrschaften durch die Unterwerfung benachbarter Heidenvölker.
    Bischöfe und Äbte, ja längst im Erlangen von Immunitäten (vom lat. munus, »Dienst, Amt, Gunst, Geschenk«) geübt, wurden so mit reichen Güterschenkungen, mit neuen Immunitätsprivilegien bedacht. Sie erhielten nun erweiterte Rechte, die sie dem Eingriff von Grafen und Herzögen entzogen. Ihnen wurde die volle Gerichtsbarkeit in sogenannten Causae maiores zuerkannt, die Bischofsstadt samt Einwohnern aus der Grafschaft eximiniert, die Kirchenvogtei der Grafschaft gleichgesetzt. Und oft kam zu diesen Immunitäts-, Bann-, Gerichtsbarkeitsprivilegien noch die Verleihung von Markt-, Münz-, Zollrechten dazu – ursprünglich dem König vorbehaltene Rechte. Als Otto beispielsweise 965 dem Erzbischof Adaldag von Bremen-Hamburg die Erlaubnis gab, in Bremen einen Markt zu errichten, übertrug er ihm Bann, Zoll und Münze mit sämtlichen daraus fließenden Einkünften, womit der Erzbischof Stadtherr Bremens wurde. Die Übertragung all solch königlicher oder gräflicher Regalien auf die Bischöfe aber »ging weit über das hinaus, was vorher in Deutschland üblich gewesen« (Bullough). Dagegen gibt es unter den Ottonen »Immunitätsprivilegien an weltliche Herren so gut wie keine mehr ...« (Schott/Romer). 10
    So sehr freilich die umfassende Heranziehung der Kirche zu den Reichsgeschäften das Königtum stabilisierte, die immer großzügigere Ausstattung von Bischofssitzen und Klöstern und deren stets wachsendes Prestige legten doch zugleich den Grund für die Untergrabung der Königsmacht durch die Kirchenreform des 11. Jahrhunderts. Aber der Monarch hatte nun einmal entschieden auf den Episkopat gesetzt, und zwar zum Nachteil der eigenen Verwandtschaft und hoher Adliger.

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    Ottos alleinige Machtübernahme im ostfränkisch-deutschen Reich bedeutete einerseits einen Bruch mit der karolingischen Praxis der Herrschaftsteilung bei der Thronfolge zugunsten des Einheitsgedankens, der Unteilbarkeit des Reiches. Andererseits suchte er in Anlehnung an die Karolinger-Tradition die Stellung des Königs gegenüber den Magnaten wieder zu stärken.
    So führte der Beginn seines Regiments alsbald zu Destabilisierungen, ersten Unruhen, ja heftigen Kämpfen im Landesinnern, teils durch königliche Verwandte, die sich übergangen, zu kurzgekommen, teils durch Fürsten, die gleichfalls ihre Rechte beschnitten sahen. Nahezu zwanzig Jahre lang wird nun der Regent, der Freundschaftspakte mit der Reichsaristokratie meidet, in Erbschaftsauseinandersetzungen verstrickt und zeitweilig beinah an den Rand des Ruins getrieben, wobei seine Gegner einen starken Rückhalt im Hochadel haben, der mächtig genug ist, noch beim Tod Ottos I. (973) wie Ottos II. (983) sich erneut zu erheben. Fast die Hälfte seiner Regierungszeit muß der erste der Ottonen auf die Klärung der Positionsverhältnisse im Staat verwenden, muß er Kämpfe mit fränkischen Christen,

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