Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Katholiken führen, von den Kriegen nach außen vorerst zu schweigen.
Selbst in Sachsen und Franken, den eigentlichen Kernlandschaften des ottonischen Imperiums, kam es zu Spannungen.
Als 936, nach Niederwerfung der Elbslawen, der König den Sachsen Hermann Billung zum Markgrafen über gewisse Grenzstriche an der unteren Elbe machte und 937 dem Grafen Gero die Markgrafenschaft an der mittleren Elbe und Saale zuwies, verließ Hermann Billungs älterer Bruder Wichmann, ein Schwager der Königin Mathilde, das Heer. Doch auch Ekkehard, Ottos Vetter, der bald darauf im Kampf gegen die Slawen fiel, sah sich ebenso zurückgesetzt wie Thankmar, Ottos Halbbruder (aus Heinrichs I. erster Ehe mit Hatheburg), der von vornherein auf das Erbe aus dem Privatnachlaß beschränkt worden war. Und Probleme gab es auch mit dem Frankenherzog Eberhard. Noch kurz zuvor führend an Ottos Königserhebung beteiligt, wurde er nun, nach Lehnsstreitigkeiten im fränkisch-sächsischen Grenzbereich – wobei »das Sengen und Brennen nirgends aufhörte« (Widukind) – und der Maßregelung eines sächsischen Vasallen von Otto, bestraft, nicht ohne daß dieser zuvor zwei Erzbischöfe und acht Bischöfe um Rat gefragt hätte. 11
Zum offenen Konflikt aber kam es mit Bayern.
Dort nämlich war der gefürchtete Herzog Arnulf »der Böse« (S. 364 f.) am 14. Juli 937 gestorben. Der mehrfache Ungarnbesieger hatte sich gegenüber dem Königtum eigenwillig verhalten und auch den Klerus seines Landes voll im Griff. Otto jedoch verlangte eine stärkere Anpassung und wollte weder Bayerns eigenmächtige Außenpolitik noch seine Kirchenhoheit samt dem damit verbundenen Privileg der Bischofseinsetzung mehr dulden, sondern das Land in ein »Amtsherzogtum« umwandeln. So lehnte Arnulfs ältester Sohn Eberhard (937–938) es ab, Otto zu huldigen, zumal er sich völlig zu Recht als Nachfolger seines Vaters im Herzogtum glaubte, hatte ihn dieser dazu doch 935 designiert.
Eberhard und seine Brüder trotzten einer stärkeren Eingliederung. Sie verweigerten den »comitatus« – ein schon den alten Römern geläufiger politischer Begriff mit freilich breitem Bedeutungsspektrum, den man hier u.a. als militärische Gefolgschaft deutet. Es kam, so Bischof Thietmar, »zu recht erheblichen Unstimmigkeiten unter unseren Landsleuten und Waffengefährten«. Der König suchte eine kriegerische Entscheidung und marschierte Anfang 938 nach Bayern, holte sich aber eine Schlappe. Darauf schlugen Graf Wichmann, der ältere Bruder Hermann Billungs (S. 450 ff.), und Ottos älterer Halbbruder Thankmar gemeinsam mit dem Frankenherzog Eberhard im Frühsommer 938 gegen Otto los. Sie nahmen dessen jüngeren Bruder Heinrich als Geisel fest, und während ihn Eberhard in freier Haft mit sich führte, eroberte Thankmar die Eresburg.
Der König zog nun zur Eresburg (bei Obermarsberg an der Diemel), wo die Aufständischen sich ergaben, die Tore öffneten und der eindringende Haufen Thankmar, »den kampfmüden jungen Mann in die St. Petruskirche« trieb (Thietmar); die Sachsen hatten hier einst die Irminsul verehrt, bis sie der »große« Karl zerstörte (IV 460). Doch obwohl Thankmar, ein »staatssymbolischer« Akt, seinen goldenen Halsring und seine Waffen auf den Altar niederlegte, ermordeten ihn – von Otto angeblich laut beweint – seine Verfolger von hinten durch einen Lanzenwurf. »Sie scheuten sich nicht«, schreibt Widukind, »mit Gewalt die Türen einzuschlagen, und drangen bewaffnet in das Heiligtum. Thankmar aber stand neben dem Altar und hatte die Waffen samt der goldenen Kette auf demselben niedergelegt ... Aber einer der Ritter, Maincia mit Namen, durchbohrte den Thankmar von hinten durch ein Fenster nahe beim Altar mit einer Lanze und tötete ihn so neben dem Altar.« Und dann raubte der Ritter noch das Gold darauf. – Das Asylrecht, das in der römischen Kaiserzeit zunächst den Tempeln vorbehalten war und selbst im merowingischen Franken eine große Rolle spielte, wurde damals praktisch kaum mehr beachtet.
Nach einem neuen Zug Ottos noch im selben Jahr gegen Bayern setzte er dessen Herzog Eberhard ab und verbannte ihn, worauf dieser aus der Geschichte verschwindet. An seine Stelle tritt, weniger frei, weniger machtvoll, der Bruder des verstorbenen Herzogs Arnulf, Berthold von Kärnten, ein Fürst von Ottos Gnaden; über die Nachfolge in Bayern sowie über die Besetzung der Bischofsstühle entschied jetzt der König. 12
Unzufrieden aber war auch Ottos jüngerer Bruder
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